Es gibt Spieler, deren Wichtigkeit erst dann richtig auffällt, wenn sie fehlen. Selbst denen sticht das dann ins Auge, die sonst nicht einmal so genau hinsehen, sondern nur ihren Spaß am Spiel haben wollen. In den vorigen Spielzeiten war das bei Rani Khedira so und bei Robin Knoche. Zu Beginn der Ära des 1. FC Union Berlin in der Bundesliga war es Sebastian Andersson. Später schlüpften Sheraldo Becker und Taiwo Awoniyi in die Rolle des Unverzichtbaren. Oft gehörte Max Kruse in diese Kategorie. So etwas nennt man Unterschiedsspieler.

In dieser Saison muss man einen solchen suchen. Frederik Rönnow wäre ein solcher, weil der Schlussmann grandioses leistet, und zwar am laufenden Band. Selbst bei Niederlagen wie dem jüngsten 0:2 gegen Borussia Dortmund ist er der mit Abstand beste Spieler seines Teams. Sein einziges Handicap ist, dass seine Dominanz auf ein Stück Spielfeld mit der Tiefe von 16,5 Metern und der Breite von 40,32 Metern begrenzt bleibt. Mit einer weißen Weste kann er die Grundlage für ein erfolgreiches Spiel zementieren. Für den i-Punkt jedoch, der den Dreier bringt, müssen andere sorgen.

Genau das ist der Knackpunkt des aktuellen Teams. In ihm stehen zahlreiche Nationalspieler aus vieler Herren Länder, keiner von ihnen aber setzt sich den Hut auf und meint: Vertraut mir, ich kriege das irgendwie gebacken. Christopher Trimmel wäre einer von solchem Schlag, nur ist der Kapitän derzeit eher Teil- denn Vollzeitkraft.

Da ist aber auch Robin Gosens. Vor gut sieben Monaten erst kam er als zwar gestandener deutscher Nationalspieler, nur kannte er, weil er erstklassig zuvor nur in den Niederlanden und in Italien gespielt hatte, weder die Bundesliga noch den 1. FC Union Berlin. Trotzdem gelangen ihm einige Tore. Manchmal aber auch leistete er sich den einen oder anderen Bock, wirkte zappelig bis irrwischartig, immer ein wenig gehetzt, weil auf seiner linken Flanke unentwegt unterwegs, vorwärts wie rückwärts. Ab und an hätte man ihm von draußen zurufen mögen: Junge, schnauf mal durch, sonst spielen deine Lungenbläschen Jo-Jo.

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04.03.2024

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04.03.2024

Gosens, so scheint es, geht gern aufs Ganze. Sechs Tore hat der Mann, auf den es Bundestrainer Julian Nagelsmann abgesehen hat, erzielt. Dazu trägt er die Rückennummer 6, das passt. Ein sexy Gosens sozusagen. Aber: Mit diesem halben Dutzend Treffern führt der Dauerrenner die teaminterne Torschützenliste an. Platzt nicht irgendwo ganz schnell ein Knoten, dann hat der 29-Jährige gute Aussichten, das auch am Saisonende zu sein. Erst gesehen beim 0:2 gegen Dortmund, als Gosens die Sperre für fünf Gelbe Karten abbrummte und die Eisernen nach sechs Spielen zu Hause wieder ohne Tor blieben.

Dabei treiben den 20-maligen Nationalspieler nicht vorrangig die Tore an, die er selbst erzielt. In seinem Fokus stehen zwei andere Dinge, die völlig verschieden voneinander sind, sich auf komplexe Weise jedoch aneinanderklammern: Klassenerhalt mit dem 1. FC Union Berlin, dann Teilnahme an der Europameisterschaft.

Es wäre für die Eisernen das erste Mal, dass einer von ihnen mit der Spielberechtigung für den DFB an einem derart bedeutenden Turnier teilnimmt. Max Kruse und Cedric Teuchert, die 2021 bei Olympia in Tokio waren, bekämen deutlich prominentere Gesellschaft.

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In seiner ganzen Art ist Gosens wichtig. Als Antreiber; als Vollender; als einer, der überall ist; als jemand, der einen Patzer regelrecht wegatmet; als Charakter. Auch deswegen haben sie ihm in Köpenick einen Vertrag bis 2028 gegeben. Ob er den erfüllt, steht wie immer auf einem anderen Blatt. Das hängt, man mag es unmoralisch finden, an einem möglichen anderen Angebot und die Eisernen, das haben sie bei Julian Ryerson gemerkt und Marvin Friedrich, bei Max Kruse und Kevin Behrens, haben es nicht in der eigenen Hand.

Erst einmal aber haben sie ihn, ihren Robin Everardus Gosens. Schon am Freitagabend in Stuttgart könnte er nach abgebrummter Sperre wieder wichtig werden.

QOSHE - 1. FC Union Berlin: Die Eisernen haben einen, der immer aufs Ganze geht - Andreas Baingo
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1. FC Union Berlin: Die Eisernen haben einen, der immer aufs Ganze geht

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06.03.2024

Es gibt Spieler, deren Wichtigkeit erst dann richtig auffällt, wenn sie fehlen. Selbst denen sticht das dann ins Auge, die sonst nicht einmal so genau hinsehen, sondern nur ihren Spaß am Spiel haben wollen. In den vorigen Spielzeiten war das bei Rani Khedira so und bei Robin Knoche. Zu Beginn der Ära des 1. FC Union Berlin in der Bundesliga war es Sebastian Andersson. Später schlüpften Sheraldo Becker und Taiwo Awoniyi in die Rolle des Unverzichtbaren. Oft gehörte Max Kruse in diese Kategorie. So etwas nennt man Unterschiedsspieler.

In dieser Saison muss man einen solchen suchen. Frederik Rönnow wäre ein solcher, weil der Schlussmann grandioses leistet, und zwar am laufenden Band. Selbst bei Niederlagen wie dem jüngsten 0:2 gegen Borussia Dortmund ist er der mit Abstand beste Spieler seines Teams. Sein einziges Handicap ist, dass seine Dominanz auf ein Stück Spielfeld mit der Tiefe von 16,5 Metern und der Breite von 40,32 Metern begrenzt bleibt. Mit einer weißen Weste kann er die Grundlage für ein........

© Berliner Zeitung


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