Es ähnelt einem Fluch der guten Tat. Der geht dieser Tage rund um den 1. FC Union Berlin so: Auf dem Ankündigungsplakat für das Sonntagsspiel (15.30 Uhr) im Stadion An der Alten Försterei gegen Darmstadt 98 bläst David Datro Fofana zum Angriff. Es sollte, so die Überlegung, eine zusätzliche Motivation für den Torschützen zum 2:0 gegen Köln, dem letzten Spiel der Köpenicker vor der Winterpause, sein.

Damit der Ivorer auch in der ähnlich wichtigen Heimpartie gegen Darmstadt mit seiner Torgefahr glänzen kann und seinem ersten Treffer in der Bundesliga nach Möglichkeit den zweiten, dritten, vierten, fünften … folgen lässt. Nur hat die neueste Entwicklung all diese Überlegungen vom Platz gefegt: Seit dem 11. Januar trägt Fofana nicht mehr das Union-Trikot. Ein vorzeitiges Ende der Ausleihe macht es möglich.

Zugleich zeigt es das Dilemma, in dem manch Trainer, in diesem Fall Nenad Bjelica, steckt. Ganz abgesehen davon, dass der sich in München zu einer Tätlichkeit gegen Leroy Sané hat hinreißen lassen und nun die Frage akut ist, ob einer, der eine Vorbildfunktion hat und sich derart danebenbenimmt, als Coach eine Zukunft hat bei einem Verein, der mit Urs Fischer diesbezüglich jahrelang in einer Komfortzone zu Hause war. Gäbe es auch für Trainer eine Wintertransferperiode, müssten Präsident Dirk Zingler und Manager Oliver Ruhnert ernsthaft darüber nachdenken.

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Auch Trainer sind nur ausgeliehen, so zumindest das Gefühl. Eines jedenfalls ist klar beim Draufgänger, der seit sieben Pflichtspielen an der Seitenlinie der Eisernen steht und der ein knallhartes Regime predigt: Hieße der Präsident Bjelica und würde alle mit gleicher Elle messen, müsste er den Trainer Bjelica entlassen. Auch weil der sein Team im Kellerduell gegen Darmstadt im Stich lässt. Das ist eine Katastrophe! Oder auf Kroatisch: To je katastrofa!

Auch hier drängt sich ein Vergleich zu Bjelicas Vorgänger auf. Auch Fischer hat bei einem Spiel gefehlt, es war ein Heimspiel gegen die Bayern. Nur hatte der Schweizer, dessen feine Manieren sowieso und in einem Moment wie diesem erst recht fehlen, seinen Schwiegervater zu Grabe getragen. Das Spiel wurde 0:2 verloren. Passiert Ähnliches erneut, dann gute Nacht! Zumal Bjelica auch in den folgenden beiden Partien bei RB Leipzig und in Mainz nicht dabei sein darf. Die 25.000 Euro Geldstrafe sind bei Millionengehältern, die Trainer in der Bundesliga üblicherweise erhalten, zwar auch schmerzhaft, trotzdem noch das geringste Übel.

Zurück zu Fofana. Ein Geschmäckle bleibt auf jeden Fall, da der Angreifer vom FC Chelsea, seinem Stammverein, nicht zu einem Top-Klub weiterverliehen wurde, sondern zum FC Burnley, in der Premier League Tabellenvorletzter. Ob das was wird?

Wer sich bei all dem auskennt, weiß, dass es nicht allein dem 1. FC Union so geht. Gerade in der Wintertransferperiode schlägt das Hin und Her regelrechte Kapriolen. Kalvin Phillips, ihn kennen hierzulande, obwohl englischer Nationalspieler, nur Insider, 28 Jahre alt und im Mittelfeld am stärksten, kam im Sommer 2022 von Leeds United zu Manchester City. Dort fand er trotz aller Bemühungen von Coach Pep Guardiola nicht zu sich. Nun ist West Ham United dran. Dabei hatten die Citizens bei der Verpflichtung von Phillips nicht gezuckt und 50 Millionen Euro Ablöse springen lassen.

Fast noch eine Nummer größer hat es gerade Jordan Henderson erlebt. Für den Engländer, zwölf Spielzeiten beim FC Liverpool und all die Jahre Kapitän, hat der saudische Verein Al-Ettifaq 15 Millionen Euro berappt und den Nationalspieler nicht nur damit geködert, dass er mit Steven Gerrard auf einen ehemaligen Mitspieler als Trainer trifft, sondern mit einem Jahresgehalt von umgerechnet 42 Millionen Euro. Trotzdem ist Henderson nach nur 17 Spielen zurück in Europa und seit ein paar Tagen bei Ajax Amsterdam.

Ähnlich, wenn auch deutlich kleiner, erlebt es der Tscheche David Jurasek. Vor sechs Monaten für 14 Millionen Euro von Slavia Prag zu Benfica Lissabon gewechselt, taucht er nun in der Bundesliga bei der TSG Hoffenheim auf. Ein Leihgeschäft, was sonst.

Mit Leihspielern kennen sich auch die Eisernen aus. In beide Richtungen. Joel Pohjanpalo war so einer. Mit dem ersten Hattrick für den 1. FC Union in der Bundesliga bei einem 3:1 gegen Bremen hat sich der Finne ein Denkmal gesetzt. Ebenso Taiwo Awoniyi, erst ausgeliehen, ein Jahr später fest verpflichtet, wiederum eine Saison später zu Nottingham Forest verkauft. Mit 20 Toren bleibt der Nigerianer vorerst bester Bundesligatorschütze der Köpenicker.

Andersherum, dass die Berliner einen Spieler verleihen, ist ebenso Tagesgeschäft. Jamie Leweling, der für den VfB Stuttgart wirbelt, gehört dazu, aber auch, was die Rot-Weißen gegen Darmstadt hart treffen könnte: Tim Skarke. Mit sechs Toren ist er bester Schütze des Tabellenletzten und damit um zwei Treffer besser als mit Kevin Behrens und Robin Gosens die besten Union-Knipser.

Zwei Szenarien sind denkbar. Das erste: Skarke tut seinem eigentlichen Verein mit einem weiteren Treffer weh. In einem Interview mit der Fußball-Woche hat er verraten, dass er keine Rücksicht zu nehmen gedenkt: „Wir sehen jedes Spiel in der Rückrunde als Endspiel an und müssen nur auf uns schauen.“ Das zweite: Behrens, der sein bislang letztes Saisontor in Darmstadt (!) erzielte, beendet nach 23 Pflichtspielen ohne Treffer seine Ladehemmung. Dazu würde man dann platterweise sagen, dass nur der Fußball solche Geschichten schreibt.

Fofana, der für die Eisernen das letzte Tor des vorigen Jahres erzielt hat, kann, soviel steht fest, nach dem 0:0 in Freiburg und dem 0:1 in München das erste für das neue Jahr nicht beisteuern. Wertvoll ist das Plakat mit dem Nicht-mehr-Union-Spieler trotzdem. Sammler werden es als Rarität zu schätzen wissen.

QOSHE - Dieses Plakat hat Sammlerwert: Warum Union mit dem falschen Spieler wirbt - Andreas Baingo
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Dieses Plakat hat Sammlerwert: Warum Union mit dem falschen Spieler wirbt

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28.01.2024

Es ähnelt einem Fluch der guten Tat. Der geht dieser Tage rund um den 1. FC Union Berlin so: Auf dem Ankündigungsplakat für das Sonntagsspiel (15.30 Uhr) im Stadion An der Alten Försterei gegen Darmstadt 98 bläst David Datro Fofana zum Angriff. Es sollte, so die Überlegung, eine zusätzliche Motivation für den Torschützen zum 2:0 gegen Köln, dem letzten Spiel der Köpenicker vor der Winterpause, sein.

Damit der Ivorer auch in der ähnlich wichtigen Heimpartie gegen Darmstadt mit seiner Torgefahr glänzen kann und seinem ersten Treffer in der Bundesliga nach Möglichkeit den zweiten, dritten, vierten, fünften … folgen lässt. Nur hat die neueste Entwicklung all diese Überlegungen vom Platz gefegt: Seit dem 11. Januar trägt Fofana nicht mehr das Union-Trikot. Ein vorzeitiges Ende der Ausleihe macht es möglich.

Zugleich zeigt es das Dilemma, in dem manch Trainer, in diesem Fall Nenad Bjelica, steckt. Ganz abgesehen davon, dass der sich in München zu einer Tätlichkeit gegen Leroy Sané hat hinreißen lassen und nun die Frage akut ist, ob einer, der eine Vorbildfunktion hat und sich derart danebenbenimmt, als Coach eine Zukunft hat bei einem Verein, der mit Urs Fischer diesbezüglich jahrelang in einer Komfortzone zu Hause war. Gäbe es auch für Trainer eine Wintertransferperiode, müssten Präsident Dirk Zingler und Manager Oliver Ruhnert ernsthaft darüber........

© Berliner Zeitung


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