Sind Sie auch drauf reingefallen? Gerade macht auf Social Media ein ziemlich spektakuläres Foto die Runde, das angeblich eine schottische Bahnstrecke zeigt. Ein Zug schlängelt sich darauf an steil abfallenden Klippen entlang.

Dazu schreiben diverse Accounts den gleichen Text: Die staatliche schottische Eisenbahngesellschaft Scotrail habe die Wiedereröffnung der Strecke von Kirkcaldy nach Dundee angekündigt, die durch die Bergregion von Fifeshire führe.

Etliche User staunten nicht schlecht, manche bekamen schon vom Hinsehen Schwindelattacken. Monika Herrmann, die frühere Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, hinterließ bei X ein vor Angst schreiendes Emoji.

Doch nicht alle ließen sich vom auch auf Instagram verbreiteten Foto ins Bockshorn jagen. „Ahh ja, die tropische Alpenregion von Fifeshire. Da war ich vorgestern mit meinem Privathubschrauber“, witzelten User. Oder: „Wer kennt sie nicht, die 3000 Meter hohen Berge in Schottland?“ Einige Nutzer ließen spezielle Erkennungssoftware über das Bild laufen, die ermittelte, das Bild enthalte höchstwahrscheinlich KI-generierte oder Deepfake-Inhalte.

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Scotrail hat die Wiedereröffnung der Nothern-Line angekündigt, die bisher nur in den Sommermonaten befahren wurde. Die Strecke von Kirkcaldy nach Dundee führt durch die Bergregion von Fifeshire. pic.twitter.com/KIGMlzK2fc

16.04.2024

15.04.2024

•gestern

Dabei braucht es für die Darstellung besonders gefährlicher, spektakulärer Bahnstrecken gar keine Künstliche Intelligenz. Wie unser Ranking zeigt, bietet die Realität genug echte architektonische Atemlosigkeiten auf Schienen. Brücken, Tunnel, tiefe Täler, wilde Schluchten – für Eisenbahnfans weltweit hat das Streckennetz so einiges an Nervenkitzel zu bieten.

Dass der Instagram-Account des Glacier Express 134.000 Follower hat, ist kein Wunder. Die Fotos der Strecke sind wirklich spektakulär – und nichts für Höhenängstliche, die an Abschnitten wie dem Landwasserviadukt lieber die Augen schließen sollten. Die 65 Meter hohe und 142 Meter lange Eisenbahnbrücke im Netz der Rhätischen Bahn gilt als Wahrzeichen der Bahngesellschaft. Rund 22.000 Züge überqueren pro Jahr das Viadukt, das zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört und in einem schönen Schwung über das wilde Landwassertal hinweg direkt in einen Tunnel der senkrecht abfallenden Felswand führt.

Gebaut wurde die imposante Steinbogenbrücke ab 1901, die Ingenieure standen damals vor der Herausforderung, die Hauptpfeiler ohne Gerüst aufzumauern – eine architektonische und technische Meisterleistung. 2009 wurde das Viadukt saniert. Zwar hat man die Fugen des Mauerwerks durch Injektionen verstärkt, stellte jedoch fest, dass es auch nach mehr als 100 Jahren Betriebszeit noch in tadellosem Zustand sei.

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Das Landwasserviadukt befindet sich auf halbem Weg zwischen Chur und St. Moritz, aber die Strecke des Glacier Express hat noch mehr zu bieten: 291 Brücken, 91 Tunnel und die Fahrt über den 2033 Meter hohen Oberalppass nahe der Quelle des Rheins. Weiter rheinabwärts wird die Rheinschlucht durchquert – auch nicht gerade unspektakulär.

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Nariz del Diablo (deutsch: Teufelsnase) heißt der 100 Meter hohe, markante Felsvorsprung über der Schlucht des Rio Chanchán in Ecuador. An eben diesem Felsen befindet sich das markanteste Teilstück der Zugverbindung von Riobamba nach Sibambe im Hochland der Anden.

Um den Felsen und die Höhenunterschiede zu überwinden, wurden die Gleise in der steilen Wand der Teufelsnase in engen Kurven um den Bergvorsprung herumgelegt – auf Gleisen, die teilweise parallel übereinander liegen und mit Spitzkehren im Zickzack bewältigt werden müssen. Schließlich geht es in nur 30 Minuten von 2300 auf 1800 Höhenmeter hinunter. Ein einzigartiges Panorama für alle, die an dieser Stelle nicht schon eine Panikattacke bekommen haben.

Die Zugfahrt auf den Dächern der Wagen war jahrzehntelang eine Touristenattraktion – bis zu einem tödlichen Unfall im Jahr 2007, als ein herabhängendes Kabel zwei japanischen Besuchern zum Verhängnis wurde. Seither sind die Dachfahrten verboten. Im Jahr 2020 wurde die Strecke wegen einer Finanzkrise stillgelegt, laut mehrerer Touranbieter ist aber die Wiederaufnahme des Zugbetriebes für 2024 geplant.

Schon der Ablauf der Zugfahrt von Thonburi bis nach Samut Songkhram im Südwesten von Thailands Hauptstadt Bangkok ist spektakulär. Den Fluss mitten auf der Strecke nämlich müssen Reisende mit der Fähre überqueren, bevor es mit der Maeklong-Bahn wieder auf Schienen weitergeht.

Doch das Highlight wartet in Samut Songkhram, wo auf der Bahntrasse und drumherum reges Treiben herrscht. Der sogenannte Talat Rom Hoop-Markt (deutsch etwa: Schirm-zurück-Markt) heißt so, weil die Marktstände bei jedem herannahenden Zug weggeklappt und nach der Durchfahrt in Windeseile wieder aufgebaut werden.

Hier wird Fisch verkauft, Gemüse, Obst, Nudelsuppen und Currys. Der Zug gleitet nur wenige Zentimeter an der Auslage vorbei, wenn die ohrenbetäubend laute Hupe einen nahenden Zug ankündigt, springen die Standbesitzer auf. Sie kennen die Choreographie, die längst zum Touristenspektakel geworden ist. Manchmal wird der Maeklong Railway Market als gefährlichster Markt Thailands bezeichnet, es gibt Videos von angefahrenen Touristen, Berichte von Beinahe-Unfällen. Doch die Attraktion schlägt das Risiko. Das kennt man auch von einer anderen Strecke, der berühmten Train Street in Hanoi, die aus Sicherheitsgründen für Touristen immer mal wieder gesperrt wurde.

Ein „Zug zu den Wolken“ ist der Tren a las Nubes wortwörtlich genommen: Im Nordwesten von Argentinien gelegen gehört die Strecke, die sich auf 217  Kilometern durch die Anden schlängelt, zu den spektakulärsten der Welt. Höhepunkt der Tagesreise ist das Viadukt La Polvorilla in 4220 Metern Höhe.

Im Touristenzug fährt für alle Fälle immer eine medizinische Betreuung mit. Ob als Gegenmittel gegen die große Höhe die Nutzung einer Sauerstoffmaske oder das Kauen von Coca-Blättern die bessere Wahl ist, muss jeder Reisende für sich selbst entscheiden.

In keiner Doku über die gefährlichsten Bahnstrecken der Welt fehlt der Rameswaram Express, der auf rund 600 Kilometern die tropische Landschaft des südindischen Bundesstaates Tamil Nadu durchquert.

Zwölf Stunden benötigt der Zug, um die Küstenstadt Chennai im Osten Indiens mit der Pilgerstadt Rameswaram im äußersten Süden zu verbinden. Passagiere sehen auf der Reise Vogelschutzgebiete, Reisfelder, den heiligen Fluss Kaveri und die spektakuläre Pamban-Brücke, die lange Indiens einzige Meeresbrücke war und die nur etwa fünf Meter über dem Wasser auf 143 Betonpfeilern liegt.

Obwohl sie unter dem feuchten Klima litt und im Jahr 1964 von einem verheerenden Zyklon beschädigt wurde, handelt es sich im Wesentlichen noch um die originale Brücke. Bei der Sturmflut kippte damals auch ein Personenzug auf dem Weg von Pamban nach Dhanushkodi um, alle Passagiere an Bord starben. Zwei Eisenbahnangestellte, die auf der Pamban-Brücke patrouillierten, überlebten, weil sie sich zwölf Stunden lang am Brückenrahmen festhielten. Heute fahren bei der Reise auch solche Erinnerungen mit. In Reiseblogs sind Eindrücke wie dieser zu lesen: „Da der Zug langsam und behutsam über die Seebrücke fährt, ist es ein aufregendes und gruseliges Erlebnis zugleich.“

QOSHE - Anschnallen, bitte! Das sind die krassesten Bahnstrecken der Welt - Anne Vorbringer
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Anschnallen, bitte! Das sind die krassesten Bahnstrecken der Welt

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18.04.2024

Sind Sie auch drauf reingefallen? Gerade macht auf Social Media ein ziemlich spektakuläres Foto die Runde, das angeblich eine schottische Bahnstrecke zeigt. Ein Zug schlängelt sich darauf an steil abfallenden Klippen entlang.

Dazu schreiben diverse Accounts den gleichen Text: Die staatliche schottische Eisenbahngesellschaft Scotrail habe die Wiedereröffnung der Strecke von Kirkcaldy nach Dundee angekündigt, die durch die Bergregion von Fifeshire führe.

Etliche User staunten nicht schlecht, manche bekamen schon vom Hinsehen Schwindelattacken. Monika Herrmann, die frühere Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, hinterließ bei X ein vor Angst schreiendes Emoji.

Doch nicht alle ließen sich vom auch auf Instagram verbreiteten Foto ins Bockshorn jagen. „Ahh ja, die tropische Alpenregion von Fifeshire. Da war ich vorgestern mit meinem Privathubschrauber“, witzelten User. Oder: „Wer kennt sie nicht, die 3000 Meter hohen Berge in Schottland?“ Einige Nutzer ließen spezielle Erkennungssoftware über das Bild laufen, die ermittelte, das Bild enthalte höchstwahrscheinlich KI-generierte oder Deepfake-Inhalte.

😳🫣
Scotrail hat die Wiedereröffnung der Nothern-Line angekündigt, die bisher nur in den Sommermonaten befahren wurde. Die Strecke von Kirkcaldy nach Dundee führt durch die Bergregion von Fifeshire. pic.twitter.com/KIGMlzK2fc

16.04.2024

15.04.2024

•gestern

Dabei braucht es für die Darstellung besonders gefährlicher, spektakulärer Bahnstrecken gar keine Künstliche Intelligenz. Wie unser Ranking zeigt, bietet die Realität genug echte architektonische Atemlosigkeiten auf Schienen. Brücken, Tunnel, tiefe Täler, wilde Schluchten – für Eisenbahnfans weltweit hat das Streckennetz so einiges an Nervenkitzel zu bieten.

Dass der Instagram-Account des Glacier Express 134.000 Follower hat, ist kein........

© Berliner Zeitung


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