So wenige freie Wohnungen es in Berlin gibt, so viele Mythen spannen sich um den Immobilienmarkt der Hauptstadt. Berichte von astronomischen Mieten geistern durch die sozialen Medien, ebenso verlässlich wie immer mal wieder Bilder von langen Schlangen bei Wohnungsbesichtigungen in den gefragten Innenstadtbezirken aufploppen.

Doch wie steht es wirklich um die Mieter in der Stadt, wo gibt es noch günstigen Wohnraum – und wie kann man ihn am besten ergattern? Oder sollte man gerade besser kaufen als mieten? All das haben wir Dirk Wohltorf gefragt, der als Immobilienmakler im Berliner Nordwesten nicht nur jahrelange praktische Erfahrungen hat, sondern als Präsident des Immobilienverbands Deutschland (IVD) auch einen größeren Überblick über die Branche besitzt.

Herr Wohltorf, wie sah die letzte Mietwohnung aus, die Sie als Makler vermittelt haben?

Ich habe vor zwei Wochen die Wohnung einer älteren Dame in Frohnau im Nordwesten der Stadt vermietet. Das Haus ist aus den frühen 1990er-Jahren, ein Fertighaus in gutem Zustand, energetisch recht ordentlich, 90 Quadratmeter, rund 800 Euro kalt, warm ungefähr 1100 Euro, in schöner grüner Lage. Das ist für viele Berliner erschwinglich.

Haben Sie die Wohnung über ein Immobilienportal angeboten?

Nein, das mache ich nicht. Hätte ich eine Wohnung dieser Art, auch wenn sie etwas außerhalb liegt, über ein Portal angeboten, hätte ich über Nacht viele hundert Anfragen erhalten. Wie soll ich da einen professionellen Job machen? Ich habe die Wohnung im Fenster meines Maklerbüros in Frohnau ausgestellt und in unserem eigenen Immobilienortsportal angeboten. So hatten wir innerhalb einer Woche fünf oder sechs Anfragen, die wir gut bearbeiten konnten.

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Wer darf sich nun über die neue Wohnung freuen?

Ein junges Pärchen mit einem kleinen Kind, das eine Zeit lang in Asien gelebt hat. Eine klassische Mittelklassefamilie.

Die nun in eine klassische Mietwohnung zieht. Welche Art von Objekt haben Sie zuletzt verkauft?

Zufälligerweise eine Eigentumswohnung, die nur eine Straße von der Mietwohnung entfernt ist, über die wir gerade gesprochen haben. Ähnliche Größe, Baujahr Ende der 90er. Massiv gebaut. Die Wohnung habe ich an eine alleinstehende Dame verkauft, der ihr Haus nach dem Tod ihres Mannes zu groß war. Nun hat sie sich eine Wohnung in Frohnau gekauft, rund 100 Quadratmeter für 5000 Euro den Quadratmeter, großer Balkon und kleiner Garten inklusive.

Wie geht so etwas vonstatten? Hatten Sie die Wohnung inseriert?

Nein, in diesem Fall habe ich sie ganz herkömmlich gemakelt, das heißt, ich kannte das Angebot zum Kauf der Wohnung und habe aus meinem Portfolio eine Handvoll Kunden angerufen, ob Interesse besteht. Das ist, was ein Immobilienmakler macht.

Wenn man nun Ihre beiden Beispiele nimmt, hat man nicht das Gefühl, dass es in Berlin besonders schwierig ist, eine Wohnung zu mieten oder gar zu kaufen.

Nehmen Sie das junge Paar, das aus Asien zurückgekommen ist: Das stand einfach zur richtigen Zeit vor meinem Büro und hat das Angebot im Schaufenster gesehen. Viele Leute schauen morgens auf ihr Handy und scrollen sich durch die neuen Angebote bei Immoscout, in der Hoffnung, so endlich ihre Traumwohnung zu finden. Unter Umständen finden sie sie sogar. Das Problem ist nur, dass sich da zeitgleich noch viele tausend andere Menschen durch das Angebot scrollen. Kurz: Die gelistete Wohnung, die ich dort finde, sehen sich zur selben Zeit 500 andere Menschen an. Das verringert meine Chance natürlich enorm.

Was also raten Sie?

Gehen Sie es aktiv an. Suchen Sie ein Maklerbüro auf, sagen Sie, was Ihnen vorschwebt, und lassen Sie Ihre Nummer da, dann kann der Makler Sie kontaktieren, wenn etwas Passendes reinkommt. Noch interessanter für Mieter sind die Hausverwaltungen, denn die wissen zuerst, wenn in ihren Objekten etwas frei wird. Googeln Sie einfach Ihren favorisierten Stadtteil und „Hausverwaltung“, die sind ja alle im Netz, und schreiben denen eine nette Mail mit ihren Vorstellungen und Konditionen. Das erhöht die Chance, etwas zu finden, ganz sicher.

Das klingt, als ob der Wohnungsmarkt eigentlich ganz entspannt ist.

Nein, sicherlich nicht. Aber als Interessent muss ich eben mehr tun als den Suchassistenten eines Immobilienportals zu bemühen. Verstehen Sie mich richtig: Der Berliner Immobilienmarkt ist angespannt, aber Fotos, die endlose Schlangen bei Wohnungsbesichtigungen zeigen, sind nicht die Regel, sondern immer noch die Ausnahme.

Ist die Wohnungsnot auch der Tatsache geschuldet, dass die Menschen so fixiert sind auf bestimmte innerstädtische Stadtteile?

Natürlich, die Leute wollen in der Innenstadt leben, am liebsten in einem top sanierten Altbau. Wer möchte das nicht? Und am besten noch für unter zehn Euro den Quadratmeter. Das ist auch ein Stück weit ein naiver Wunschtraum, denn es gibt in Berlin keinen Leerstand mehr. In der Innenstadt ohnehin nicht, aber auch weniger trendige Bezirke sind dicht. Es gibt keinen Berliner Ortsteil mehr, in dem man auf Mieter wartet. Trotzdem gilt natürlich, dass man leichter eine Wohnung in einem Hellersdorfer Plattenbau bekommt als in einem stuckverzierten Altbau am Charlottenburger Savignyplatz.

Wann begann diese Entwicklung, dass es keinen Leerstand mehr gibt?

Zu Beginn des Jahrtausends gab es in Berlin noch circa 100.000 leerstehende Wohnungen. Für manche Wohnungen brauchten wir Monate, bis wir sie vermieten konnten. Unter Wowereit und Sarrazin wurden damals rund 80.000 Sozialwohnungen an den amerikanischen Finanzkonzern Cerberus verkauft, Berlin hat diese Wohnungen de facto aus der Hand gegeben. Zugegebenermaßen herrschte in dieser Zeit auch keine Wohnungsnot, aber danach wurde nichts Bedeutendes mehr gebaut, es kamen jedoch über eine halbe Million Menschen dazu seit dieser Zeit. Die Folge ist, dass die Stadt aus allen Nähten platzt.

Was ist die Lösung?

Die einzige Chance, die Berlin hat, ist bauen, bauen, bauen! Es braucht generell mehr Anbauten, Dachaufstockungen und Umwandlungen. Auch Hunderte von noch bestehenden Baulücken in der Innenstadt müssten geschlossen und bebaut werden. Und für Neubau bieten der Rand des Tempelhofer Feldes und das große Gelände rund um den Flughafen Tegel sowie weitere Konversionsflächen immer noch genügend Raum. Aber die strengen energetischen Vorgaben, eine maximale Mietregulierung, enorme Zinsen und enorme Baukosten schrecken potenzielle Bauherren natürlich ab.

Im Norden von Pankow entstehen noch einige Neubauprojekte. Sind die eine Lösung?

Jede Wohnung ist eine Lösung. Wenn eine gut situierte Familie in eine neue Dachwohnung umzieht, macht sie dafür eine andere, günstigere, Wohnung frei. Dieser sogenannte Sicherungseffekt ist hier nachweisbar und nicht zu unterschätzen.

Warum bekommt Berlin das Wohnungsproblem nicht in den Griff?

Die Vorstellungen der politischen Parteien liegen zu weit auseinander. Die einen wollen den Markt entscheiden lassen, die anderen wollen vergesellschaften und enteignen. Da prallen Welten aufeinander. Hinzu kommen politische Vorgaben, die nicht in die Zeit passen. Allein das Gebäudeenergiegesetz, was das an Kosten mit sich bringt! Kein Wunder, dass niemand mehr investieren will, wenn Eigentümer wegen der Kappungsgrenzen nicht mal mehr eine Umlage machen können für Heizungstausch, Fassaden- oder Dacherneuerung. Die Politik und Herr Habeck verpflichten sie, eine neue Heizung einzubauen, aber die Mieten dürfen nicht um mehr als 50 Cent pro Quadratmeter Wohnfläche ansteigen. Das kann doch nicht funktionieren, bei den hohen Kosten, die eine energetische Sanierung mit sich bringt.

Hat der Berliner Markt noch andere Eigenheiten, die es schwierig machen?

Ja, in einigen Bereichen. Zum einen haben wir das Problem, dass viele Menschen in Wohnungen mit alten Mietverträgen quasi kleben bleiben, Menschen, die sich eigentlich auch etwas Teureres, Schöneres leisten könnten. Sie glauben gar nicht, wie viele Leute, die überdurchschnittlich verdienen, in billigen Wohnungen leben und da nicht rausgehen. Und das geht nicht. Auch nicht jede Sozialwohnung ist mit Bedürftigen belegt. Früher mussten Mieter mit Wohnberechtigungsschein, deren Einkommen über die WBS-Kriterien gestiegen waren, eine Fehlbelegungsabgabe zahlen. Das wurde abgeschafft. Warum? Das sollte man doch mal überdenken angesichts der angespannten Lage auf dem Wohnungsmarkt. Wenn ich eine Mietwohnung habe und 500 Interessenten, dann läuft etwas schief.

Also doch die Deutsche Wohnen enteignen?

Wir brauchen 100.000 Wohnungen in der Stadt, und die müssen wir bauen, das ist der einzige Schlüssel für die Lösung des Problems. Diese Wohnungen werden nicht gebaut, wenn Berlin eine Gesellschaft enteignet. Und ganz sicher werden dann auch Privatinvestoren nachhaltig einen Bogen um unsere Stadt machen und ihr Geld woanders investieren. Das dürfen wir nicht riskieren.

Gerade hat eine Untersuchung des Internetportals Immoscout24 gezeigt: Wer zwischen 1000 und 1200 Euro Miete in Berlin zahlt, sollte besser gleich kaufen – vorausgesetzt, man hat genug Eigenkapital. Was raten Sie Wohnungssuchenden derzeit: kaufen oder mieten?

Die Zeit zum Kaufen war in den letzten fünf Jahren nie so gut wie jetzt, weil die Preise für Immobilien runtergegangen sind. Laut den Zahlen des Gutachterausschusses für Grundstückswerte in Berlin liegen wir zehn bis 20 Prozent unter den Höchstpreisen von Ende 2021, Anfang 2022. Dazu kommt: Man hat im Kaufbereich mittlerweile auch wieder etwas Auswahl. Vor gut zwei Jahren noch war der Markt derart leer gefegt, dass ich als Makler kaum Objekte reinbekommen habe. Jetzt können Sie wieder zu mir ins Büro kommen, und ich kann Ihnen wieder einige Eigentumswohnungen und Einfamilienhäuser zeigen. Da die Zinsen gestiegen sind, sollte man natürlich ausreichend Eigenkapital mitbringen, um die monatliche Gesamtbelastung auch nachhaltig bedienen zu können. Die Kunden, die viel Eigenkapital haben, haben am Markt daher auch gerade wieder gute Chancen und Gelegenheiten.

Was muss ich denn mitbringen für eine 100-Quadratmeter-Wohnung in Kreuzberg, wenn es sie denn gibt?

Das hängt von sehr vielen Faktoren ab. Zum Beispiel davon, ob Sie in einen Neubau oder Altbau wollen, wie die Wohnung energetisch aufgestellt ist, was eine eventuelle Sanierung kostet. Was das Eigenkapital angeht, sind 20 bis 25 Prozent des Kaufpreises eigentlich die Untergrenze.

In einer guten Kreuzberger Lage hieße das für eine Wohnung dieser Größe, dass man 150.000 Euro in der Tasche haben muss.

Wahrscheinlich. Es gibt aber auch Lagen in Spandau, in Britz, Rudow oder Buckow, wo andere Preise bezahlt werden – allerdings häufig auch in Häusern aus den 1960er- bis 80er-Jahren mit einer schlechteren Energiebilanz.

Gerade für junge Menschen zwischen 30 und 40 sollte es dennoch ein Ziel sein, ins Eigentum zu kommen. Um im Alter unabhängig zu sein, keine Angst vor Eigenbedarfskündigung und Mieterhöhung haben zu müssen. Statistisch gesehen und über Jahrzehnte hinweg betrachtet ist es nach wie vor die beste und sicherste Altersvorsorge, in den eigenen vier Wänden zu wohnen.

Woran liegt es eigentlich, dass es überhaupt wieder Kaufobjekte gibt in Berlin?

Viele Eigentümer haben gewartet, weil die Preise so lange gestiegen sind. Jetzt fallen sie – und viele verkaufen nun eben doch noch schnell. Die Demografie merken wir am Immobilienmarkt auch. Man sieht wieder viel mehr Kaufobjekte als noch vor zwei Jahren.

Was meinen Sie: Bekommen wir in Berlin, wo die Durchschnittsmiete derzeit 19 Euro pro Quadratmeter beträgt, irgendwann Londoner Verhältnisse mit 33 Euro pro Quadratmeter?

Die Durchschnittsmiete in Berlin beträgt keine 19 Euro, sondern ist nach wie vor einstellig. Berlin ist und bleibt eine der günstigen Mieterstädte im europäischen Vergleich. Zwar geht die Mietentwicklung in Berlin steil nach oben, aber wir haben ein sehr starkes Mietrecht, welches die Mieter schützt. In London gibt es kein soziales Mietrecht, in Paris auch nicht. Da kündigen Sie dem Mieter praktisch, wenn der ein Jahr drin ist und keine Marktmiete mehr zahlt. Dann kommt nächste Woche der nächste Mieter, der fünf Euro mehr den Quadratmeter zahlt. Davon sind wir hier wirklich meilenweit entfernt. Und das ist auch gut so.

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Dennoch liest man immer wieder, dass jemand wegen Eigenbedarfs gekündigt wird oder private Investoren die Mieten nach Sanierung verdoppeln. Das soll Mieterschutz sein?

Finden Sie Eigenbedarf unfair? Wenn Sie eine Wohnung kaufen und sind kein Kapitalanleger, sondern Sie gehen einige Jahre ins Ausland und wollen die Wohnung dann irgendwann selbst bewohnen, wenn Sie zurück sind. Das ist doch in Ordnung, oder nicht? Es wird ja geprüft, ob die Person wirklich einen Eigenbedarf hat. Jeder Mieter kann sich dazu beim Mieterverein beraten lassen. Und man muss bei Mietstreitigkeiten auch mal die Kirche im Dorf lassen: 98 Prozent der Mietverhältnisse laufen über die gesamte Mietdauer ohne rechtliche Auseinandersetzungen ab, ohne dass Anwälte eingeschaltet werden müssen. Der Vermieter wird vom Mieter sehr oft als der Böse, der Gierige gesehen, auch umgekehrt gibt es immer mal wieder Vorbehalte. Das ist schade, dass es da nicht mehr gegenseitiges Vertrauen gibt.

Das Vertrauen zerstören vielleicht auch Berichte über Wuchermieten. Manchmal posten Wohnungssuchende bei Social Media Anzeigen, in denen eine 42-Quadratmeter-Wohnung für 2000 Euro angeboten wird.

Ich will gar nicht sagen, dass es keine schwarzen Schafe und keinen Wucher gibt. Aber das sind Einzelfälle, über die dann natürlich groß berichtet wird. Generell gelten überall in Berlin der Mietspiegel und die Mietpreisbremse. Ohne Wenn und Aber. In einem laufenden Mietverhältnis darf der Vermieter die Miete immer nur bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete erhöhen, auch Mieterhöhungen nach einer Modernisierung sind stark eingeschränkt. Wer eine an die Inflation gekoppelte Indexmiete zahlt, bei dem ist jahrelang gar nichts erhöht worden. Zuletzt hatten wir eine hohe Inflation, aber das ist ja auch schon wieder vorbei. Und: Auch bei der Vereinbarung der Indexmiete gilt die Mietpreisbremse, nach der die Miete bei Vertragsschluss nicht mehr als zehn Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen darf.

Wie erkenne ich eine Wuchermiete und kann ich mich überhaupt dagegen wehren?

Jeder Mieter kann sich sehr transparent zu seiner Miethöhe informieren. Wenn Sie zum Beispiel am Kaiserdamm in einen 1930er-Jahre-Bau einziehen und für 100 Quadratmeter 1000 Euro Nettokaltmiete zahlen, dann gehen Sie auf die Internetseite der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und machen eine Mietspiegelabfrage für die genaue Adresse. Dann sehen Sie, in welchem Bereich Sie liegen, und wenn die vereinbarte Miete die ortsübliche Vergleichsmiete um mehr als 20 Prozent übersteigt, dann liegt der Tatbestand der Mietpreisüberhöhung vor. Hinzukommen muss aber auch, dass der Vermieter das geringe Angebot ausnutzt. Das ist eine Ordnungswidrigkeit, die bestraft werden kann. Auch elf Prozent drüber müssen Sie nicht akzeptieren.

Aber im Zweifelsfall verliere ich dann meine Wohnung oder bekomme sie gar nicht erst, wenn ich mich wehre.

Sie können das auch noch anfechten, wenn Sie den Mietvertrag schon unterschrieben haben. Es gibt im Übrigen auch sehr viele Vermieter, die die Miete seit Jahren nicht oder kaum erhöht haben – zum Beispiel, weil sie ihre Mieter lange kennen und schätzen. Ich kenne einige solcher Fälle, das sind keine Ausnahmen. Und wenn wir immer von großen Gesellschaften reden – die meisten Wohnungen in Berlin werden von kleinen, privaten Eigentümern vermietet. Nicht von ausländischen Finanzinvestoren. Und auch die sind an Recht und Gesetz, den Mietspiegel und die Mietpreisbremse gebunden. Man hat auch in der Wohnraumdebatte das Gefühl, alles arbeitet gegeneinander in dieser Stadt. Das muss sich ändern.

QOSHE - Berliner Makler: „Innenstadt, Altbau, günstige Miete – das ist ein naiver Wunschtraum“ - Anne Vorbringer
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Berliner Makler: „Innenstadt, Altbau, günstige Miete – das ist ein naiver Wunschtraum“

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Haben Sie die Wohnung über ein Immobilienportal angeboten?

Nein, das mache ich nicht. Hätte ich eine Wohnung dieser Art, auch wenn sie etwas außerhalb liegt, über ein Portal angeboten, hätte ich über Nacht viele hundert Anfragen erhalten. Wie soll ich da einen professionellen Job machen? Ich habe die Wohnung im Fenster meines Maklerbüros in Frohnau ausgestellt und in unserem eigenen Immobilienortsportal angeboten. So hatten wir innerhalb einer Woche fünf oder sechs Anfragen, die wir gut bearbeiten konnten.

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Die nun in eine klassische Mietwohnung zieht. Welche Art von Objekt haben Sie zuletzt verkauft?

Zufälligerweise eine Eigentumswohnung, die nur eine Straße von der Mietwohnung entfernt ist, über die wir gerade gesprochen haben. Ähnliche Größe, Baujahr Ende der 90er. Massiv gebaut. Die Wohnung habe ich an eine alleinstehende Dame verkauft, der ihr Haus nach dem Tod ihres Mannes zu groß war. Nun hat sie sich eine Wohnung in Frohnau gekauft, rund 100 Quadratmeter für 5000 Euro den Quadratmeter, großer Balkon und kleiner Garten inklusive.

Wie geht so etwas vonstatten? Hatten Sie die Wohnung inseriert?

Nein, in diesem Fall habe ich sie ganz herkömmlich gemakelt, das heißt, ich kannte das Angebot zum Kauf der Wohnung und habe aus meinem Portfolio eine Handvoll Kunden angerufen, ob Interesse besteht. Das ist, was ein Immobilienmakler macht.

Wenn man nun Ihre beiden Beispiele nimmt, hat man nicht das Gefühl, dass es in Berlin besonders schwierig ist, eine Wohnung zu mieten oder gar zu kaufen.

Nehmen Sie das junge Paar, das aus Asien zurückgekommen ist: Das stand einfach zur richtigen Zeit vor meinem Büro und hat das Angebot im Schaufenster gesehen. Viele Leute schauen morgens auf ihr Handy und scrollen sich durch die neuen Angebote bei Immoscout, in der Hoffnung, so endlich ihre Traumwohnung zu finden. Unter Umständen finden sie sie sogar. Das Problem ist nur, dass sich da zeitgleich noch viele tausend andere Menschen durch das Angebot scrollen. Kurz: Die gelistete Wohnung, die ich dort finde, sehen sich zur selben Zeit 500 andere Menschen an. Das verringert meine Chance natürlich enorm.

Was also raten Sie?

Gehen Sie es aktiv an. Suchen Sie ein Maklerbüro auf, sagen Sie, was Ihnen vorschwebt, und lassen Sie Ihre Nummer da, dann kann der Makler Sie kontaktieren, wenn etwas Passendes reinkommt. Noch interessanter für Mieter sind die Hausverwaltungen, denn die wissen zuerst, wenn in ihren Objekten........

© Berliner Zeitung


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