Berlin hat rund 3,8 Millionen Einwohner, und jeder hat seinen eigenen Blick auf die Stadt. Was macht Berlin aus, wieso lebt man hier – und tut man es überhaupt gern?

In unserer Rubrik „Fragebogen Berlin“ fragen wir bekannte Hauptstädterinnen und Hauptstädter nach ihren Lieblingsorten und nach Plätzen, die sie eher meiden. Sie verraten, wo sie gern essen, einkaufen oder spazieren gehen. Aber auch, was sie an Berlin nervt und was man hier auf keinen Fall tun sollte.

Diesmal hat uns der Schauspieler Boris Aljinović geantwortet, langjähriger Berliner „Tatort“-Kommissar und neben seiner Bühnen- und Filmarbeit auch eine bekannte Stimme in zahlreichen Hörspielen und Büchervertonungen.

Theatergänger kennen Aljinović vor allem aus dem Charlottenburger Renaissance-Theater, wo er als Mitglied des Ensembles einst eine legendäre Verkörperung von Adolf Hitler in dem Stück „Noch ist Polen nicht verloren“ gab. 2019 wirkte er neben Klaus Maria Brandauer bei den Nibelungenfestspielen in Worms mit.

Demnächst steht für den 56-Jährigen, der in Wilmersdorf wohnt, wieder eine Premiere an: Am 17. März wird im Theater am Potsdamer Platz das beliebte Brettspiel „Cluedo“ zum Leben erweckt. In einer stürmischen Nacht kommt in einer Villa eine skurrile Abendgesellschaft zusammen, und es stellt sich heraus: Sie alle werden vom Gastgeber erpresst. Mit der ersten Leiche gehen die Verdächtigungen los, eine paranoide Runde macht sich auf die Suche nach einem Schuldigen. Auch die Zuschauer können miträtseln. Wer Freude an Slapstick und Detektivspiel hat, kommt hier definitiv auf seine Kosten.

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09.03.2024

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08.03.2024

1. Herr Aljinović, seit wann sind Sie schon in der Stadt?

Ich bin in Berlin-Charlottenburg zur Welt gekommen. Ich habe oft und lange zum Beispiel in Hamburg gearbeitet oder bin gerne gereist, habe aber meinen Wohnsitz in Berlin nie aufgegeben. Ich bin Berliner.

2. Welcher ist Ihr Lieblingsort in Berlin?

Der Savignyplatz. Dort war mein Gymnasium, das Renaissance-Theater, an dem ich gut 25 Jahre sehr viel gespielt habe, und ich liebe die Cafés, Restaurants, die Nähe zur Uni, die Bücherläden und den Mix zwischen Kultur und Alltag.

3. Wo zieht es Sie hin, wenn Sie entspannen wollen?

Noch vor einiger Zeit hätte ich gesagt: Mein Segelboot und der Atlantik, wo ich viele Seeabenteuer erlebte und meinen Ort der Entspannung wähnte. Mittlerweile merke ich aber, dass Zufriedenheit in guten Beziehungen zu Menschen mich deutlich besser entspannt. Entspannung ist für mich also nicht wirklich ortsabhängig.

4. Welche Ecken der Stadt meiden Sie?

Unbewusst meide ich Orte, die für Touristen interessant sind. Ich nutze aber gerne die Angebote der Stadt, ich lebe ja in ihr, und auch Orte, die vielleicht nicht „schön“ sind, haben für mich oft ihre eigene Schönheit. Kommt ein bisschen darauf an, wie ich drauf bin.

5. Ihr ultimativer Gastro-Geheimtipp?

Ich verrate Ihnen nicht, wo ich gerne essen gehe. Es ist in der Nachbarschaft, und dort sind vor allem Anwohner. Es ist dort voll, lecker und vor allem gar nicht offensichtlich besonders und damit gemütlich. Gastronomie für jeden Geldbeutel gibt es viel in der ganzen Stadt, da kenne ich auch nur, was vielleicht mal ein Geheimtipp war. Ich stehe nebenbei sehr auf koreanische Küche.

6. Ihr ultimativer Shopping-Geheimtipp?

Im Akazienkiez in Schöneberg gibt es super Second-Hand-Läden wie das Gewandhaus, wo auch die Kostümbildner gerne einkaufen, oder wer eben für schöne Designerklamotten nicht unbedingt den Markenpreis zahlen möchte. Ist aber schon lange kein Geheimtipp mehr, glaube ich.

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7. Der beste Stadtteil Berlins ist …

Natürlich der, in dem ich lebe und vor allem aufwuchs: Charlottenburg-Wilmersdorf. Ich finde den Vergleich mit anderen Stadtteilen Berlins aber schwierig. Berlin bietet mir als Berliner täglich weite Reisen in andere „beste“ Teile der Stadt an.

8. Das nervt mich am meisten an der Stadt:

Träge Busverbindungen, Dreck auf den Straßen, kein gutes Internet in der U-Bahn, die Fahrradwege voll Schnee im Winter, Myriaden unnützer und viel zu großer Autos, stumpfsinnige Shopping-Malls … das nervt mich. Ich finde, es steht dem Berliner wunderbar, wegen allem und nichts genervt zu sein!

9. Was muss sich dringend ändern, damit Berlin lebenswert bleibt?

Berlin bleibt für mich lebenswert! Ich sehe eine Historie, die schrecklichste Krisen verursachte, erlebte, überstand, mit einem Bewusstsein wie sonst kaum in der Welt. Es bleibt für mich eine Stadt der Freiheit. Was ich kritisch finde, ist, dass zu viel gut gemeintes Begutachten Entschlossenheit lähmen kann und dass der Lebensraum zu teuer wird – besonders für die nächste Generation.

10. Ihr Tipp an Unentschlossene: Nach Berlin ziehen oder es lieber bleiben lassen?

Mein Tipp an Unentschlossene wäre: Dann lassen Sie es lieber bleiben. Wenn Sie aber unbedingt hier herwollen, dann wäre mein Tipp: Nehmen Sie bitte gerne all ihre Entschlossenheit mit.

11. Cooler als Berlin ist nur noch …

… eine Stadt, die ich mir gar nicht ausdenken kann. Ich bin hier groß geworden, habe als Schüler in der Disko neben David Bowie gestanden, nach dem Mauerfall meinen Beruf hier gelernt, ihn sehr genossen. Ich bin von Spandau nach Island gesegelt, fühle mich frei und zu Hause und gleichzeitig der Welt angeschlossen. Cooler als Berlin? Wozu?

QOSHE - Boris Aljinović über Berlin: „Ich meide Orte, die für Touristen interessant sind“ - Anne Vorbringer
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Boris Aljinović über Berlin: „Ich meide Orte, die für Touristen interessant sind“

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11.03.2024

Berlin hat rund 3,8 Millionen Einwohner, und jeder hat seinen eigenen Blick auf die Stadt. Was macht Berlin aus, wieso lebt man hier – und tut man es überhaupt gern?

In unserer Rubrik „Fragebogen Berlin“ fragen wir bekannte Hauptstädterinnen und Hauptstädter nach ihren Lieblingsorten und nach Plätzen, die sie eher meiden. Sie verraten, wo sie gern essen, einkaufen oder spazieren gehen. Aber auch, was sie an Berlin nervt und was man hier auf keinen Fall tun sollte.

Diesmal hat uns der Schauspieler Boris Aljinović geantwortet, langjähriger Berliner „Tatort“-Kommissar und neben seiner Bühnen- und Filmarbeit auch eine bekannte Stimme in zahlreichen Hörspielen und Büchervertonungen.

Theatergänger kennen Aljinović vor allem aus dem Charlottenburger Renaissance-Theater, wo er als Mitglied des Ensembles einst eine legendäre Verkörperung von Adolf Hitler in dem Stück „Noch ist Polen nicht verloren“ gab. 2019 wirkte er neben Klaus Maria Brandauer bei den Nibelungenfestspielen in Worms mit.

Demnächst steht für den 56-Jährigen, der in Wilmersdorf wohnt, wieder eine Premiere an: Am 17. März wird im Theater am Potsdamer Platz das beliebte Brettspiel „Cluedo“ zum Leben erweckt. In einer stürmischen Nacht kommt in einer Villa eine skurrile Abendgesellschaft zusammen, und es stellt sich heraus: Sie alle werden vom Gastgeber erpresst. Mit der ersten Leiche gehen die Verdächtigungen los, eine paranoide Runde........

© Berliner Zeitung


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