Am Donnerstag war es endlich so weit: Die heiß ersehnte Umstyling-Folge von „Germany’s Next Topmodel“ flimmerte über den Bildschirm, Heidi Klum und ihr Stylisten-Team griffen zu Schere, Glätteisen, Haarverlängerungen und tief in den Topf mit der Blondierungscreme.

Das ist immer sehr witzig, denn die meisten Kandidatinnen fürchten sich vor Kurzhaarschnitten oder davor, am Ende einen rosa oder türkis gefärbten Schopf zu haben. Alles schon passiert bei Heidi Klums Modelsause.

In diesem Jahr sind ja erstmals auch männliche Kandidaten dabei, was divers sein und natürlich Quote bringen soll. Es macht die Sendung unterhaltsamer, keine Frage, aber diverser macht es sie nun gerade nicht. Denn was passiert seit nunmehr sechs Folgen? Die Frauen der Staffel geraten systematisch ins Abseits, sie werden zu Zaungästen einer von den Male Models dominierten Veranstaltung.

Das liegt auch an Heidi Klum, der moderierenden Chefin des Formats, die sich ob der schönen Männerbodys gar nicht mehr einkriegt. Es defiliert ja aber auch ständig irgendjemand mit freiem Oberkörper an der 50-jährigen Vierfachmama vorbei.

Die gegenüber ihren Kandidatinnen sonst so oft gesehene Strenge lässt Klum bei den Männern einfach fallen. Diese machen sie offenbar ganz wuschig. Als Kandidat Yusupha, 25, aus Bremen, über den Catwalk läuft, kommentiert Klum: „Mmmmm, I love. Ich weiß gar nicht, wo ich hingucken soll!“

•heute

19.03.2024

•vor 2 Std.

20.03.2024

19.03.2024

Nächste Staffel bitte ohne Männer damit man sich nicht alle 5 Minuten Heidis 50-jährige Horniness geben muss #gntm pic.twitter.com/ViqRd0g5yw

Auch in Marvin, 22, aus Bielefeld ist die Model-Chefin ganz verliebt. Schließlich bringt er royales Flair mit zu GNTM, sein Vater ist König von Suma-Ahenkro, einer Stadt in Ghana. Bei Klum wird Marvin in einem roten Mantel der Berliner Designerin Marina Hoermanseder über den Laufsteg geschickt und wundert sich: „Ich dachte, es kommt noch was anderes dazu. Da war einfach nur dieser Mantel und eine Unterhose.“ Klum aber kann sich gar nicht zurückhalten und spickt unter seinen Umhang: „Darf ich mal gucken? Ist nicht so viel drunter …“

So schlüpfrig geht es munter weiter, auch in der Umstyling-Folge lässt die rheinische Frohnatur keinen Zweifel, welche ihrer Kandidaten sie besonders „hot“ findet. Der Zuschauer fragt sich indes: Machen eigentlich auch Frauen mit?

Ja, tun sie. Aber auch in besagter Umstyling-Folge geraten sie zu Statisten, die allenfalls kommentieren und belächeln dürfen, dass sich die männlichen Kandidaten im Friseurstuhl anstellen – ein Privileg, das in vorherigen Staffeln den Frauen vorbehalten war.

Diesmal aber hat sich die Kamera in die Zwillinge Julian und Luka aus Frankfurt verliebt. Das ganze Storytelling widmet sich der Frage, ob die beiden am Ende noch gleich aussehen. „Wenn die Frisur von meinem Bruder anders aussieht als meine, dann wäre das schon sehr komisch und gewöhnungsbedürftig“, findet Julian. Luka beteuert: „Es ist schon wichtig, die gleiche Frisur zu haben.“

Am Ende legt Heidi Klum noch selbst Hand an auf dem frisch erblondeten Kopf. Bei Twitter schießen derweil die Kommentare ins Kraut: „Die Männer haben meiner Meinung nach viel zu viel Sendezeit, ihr nervt mich alle bisschen.“ Und: „Kenne keine Frau dort, weil die Männer ständig im Fokus stehen.“

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Und dann führt auch noch ein Polizeieinsatz zu einer völlig absurden Wendung. Ein Produktionsmitarbeiter entert das Set, die Polizei sei da gewesen: Das viele Licht im Auditorium von Santa Cruz stelle eine Gefahr für den Luftraum über Teneriffa dar. Da läuft gerade die abschließende Modenschau, die Auswahl der Männer ist gerade in aller Ausführlichkeit und getrennt in Kleingruppen über die Bühne gegangen.

Für die Frauen bleibt nur die Entscheidung im Eiltempo, alle müssen zeitgleich heraneilen, eine fliegt raus, tschüs. Aber hey, das ist natürlich höhere Gewalt, wenn die grellen Scheinwerfer die Piloten stören. Da muss man den Dreh eben abbrechen, bestimmt wird in der nächsten Folge alles anders.

Oder doch nicht? Die Süddeutsche immerhin fragt schon, ob ausgerechnet die Männer das Format retten könnten. Dabei macht Heidi Klum, die sich seit 2006 unermüdlich alle Jahre wieder durch die ProSieben-Primetime kreischt, gar nicht den Eindruck, als müsse sie gerettet werden. Die Marktanteile in der werberelevanten Zielgruppe von 14 bis 49 Jahre sind immer noch recht ordentlich.

Die Männerstaffel hat für den gewünschten Push an Aufmerksamkeit gesorgt; das zeigen die TV-Quoten des Staffelauftakts, die deutlich höher ausfielen als zuletzt. Sie habe den Wunsch nach männlichen Models schon lange gehabt, sagte Klum zu Beginn der Staffel. Diesen Wunsch kann sie sich natürlich erfüllen.

Nur wirkt es etwas unglaubwürdig, dass man sich in den letzten Jahren riesengroß „Diversity“ auf die Fahne schrieb und nun wieder ganz klassische Narrative bedient werden. Gestandene Frauen himmeln freie Männeroberkörper an. Aha. Wenn man das möchte, könnte man den Männern auch einfach eine eigene Sendung widmen. Fairer gegenüber den Kandidatinnen wäre das in jedem Fall.

QOSHE - GNTM mit Männermodels: Für Frauen hat Heidi Klum leider keine Zeit mehr - Anne Vorbringer
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GNTM mit Männermodels: Für Frauen hat Heidi Klum leider keine Zeit mehr

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22.03.2024

Am Donnerstag war es endlich so weit: Die heiß ersehnte Umstyling-Folge von „Germany’s Next Topmodel“ flimmerte über den Bildschirm, Heidi Klum und ihr Stylisten-Team griffen zu Schere, Glätteisen, Haarverlängerungen und tief in den Topf mit der Blondierungscreme.

Das ist immer sehr witzig, denn die meisten Kandidatinnen fürchten sich vor Kurzhaarschnitten oder davor, am Ende einen rosa oder türkis gefärbten Schopf zu haben. Alles schon passiert bei Heidi Klums Modelsause.

In diesem Jahr sind ja erstmals auch männliche Kandidaten dabei, was divers sein und natürlich Quote bringen soll. Es macht die Sendung unterhaltsamer, keine Frage, aber diverser macht es sie nun gerade nicht. Denn was passiert seit nunmehr sechs Folgen? Die Frauen der Staffel geraten systematisch ins Abseits, sie werden zu Zaungästen einer von den Male Models dominierten Veranstaltung.

Das liegt auch an Heidi Klum, der moderierenden Chefin des Formats, die sich ob der schönen Männerbodys gar nicht mehr einkriegt. Es defiliert ja aber auch ständig irgendjemand mit freiem Oberkörper an der 50-jährigen Vierfachmama vorbei.

Die gegenüber ihren Kandidatinnen sonst so oft gesehene Strenge lässt Klum bei den Männern einfach fallen. Diese machen sie offenbar ganz wuschig. Als Kandidat Yusupha, 25, aus Bremen, über den........

© Berliner Zeitung


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