Eine alte Bekannte aus der Corona-Zeit grüßt einen wieder täglich in der U-Bahn oder beim Einkaufen im Supermarkt: die FFP2-Maske. Viele Berliner schützen sich oder andere gerade freiwillig vor einer Ansteckung mit einem Atemwegsinfekt. Ein Zwang zur Mund- und Nasenbedeckung herrscht nach dem Ende der Pandemie fast nirgends in der Hauptstadt. Nur das Sana-Klinikum in Lichtenberg führte die Maskenpflicht im Dezember wieder ein. Das Krankenhaus begründete die Regel mit einem starken Anstieg der Corona-Fälle in Berlin. Die Berliner Charité und die Vivantes-Kliniken belassen es bei der Bitte an die Besucher, möglichst einen Mund- und Nasenschutz beim Krankenbesuch zu tragen.

Gefühlt plagt sich die halbe Hauptstadt nun schon seit Wochen mit Husten, Fieber und Halsschmerzen. Das Berliner Robert-Koch-Institut (RKI) legt regelmäßig Zahlen für die ganze Republik vor. Das RKI vermeldete vor den Festtagen fast neun Millionen an Atemwegsinfekten Erkrankte. Damit lag fast jeder zehnte Deutsche mit einer Infektion darnieder. Die jüngsten Daten machen dagegen Hoffnung. Die Welle hat sich bereits in der 52. Kalenderwoche des vergangenen Jahres abgeflacht. Das RKI verzeichnete 7300 Erkrankte pro 100.000 Einwohner. In der 51. Kalenderwoche lag die Zahl noch bei 8800.

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Das RKI begründete den Rückgang mit den eingeschränkten Kontakten während der Festtage. Geschäfte waren geschlossen, viele Betriebe auch. Die Menschen feierten zu Hause mit ihren Familien unter dem Weihnachtsbaum. Schlechte Zeiten für leicht übertragbare Erkältungsviren. Ein anderer Erreger legt im Januar allerdings erst so richtig los. Das RKI sprach kurz nach Jahresanfang vom Beginn der eigentlichen Grippewelle in Deutschland. Das Influenzavirus gesellt sich nun zu den Erregern von Corona, Erkältungen und dem Atemwegsinfekt RSV.

Erste Kliniken in Süddeutschland melden wegen der Influenza bereits eine angespannte Lage. Das auf Kinder spezialisierte Olga-Hospital in Stuttgart wies auf einen Höchststand an Patienten in der Notaufnahme hin. Das Kinderkrankenhaus ruft Stuttgarter Eltern zur Wachsamkeit auf. Spanien wird vom Zusammenspiel der Viren derzeit besonders gebeutelt. In spanischen Kliniken gilt wegen der vielen Corona- und Grippefälle nach den Silvesterfeiern eine Maskenpflicht.

Berlin könnte ein steiles Aufbäumen der Krankheitswelle durch die Influenza also noch bevorstehen. Sie verursacht deutlich schwerere Erkrankungen als ein Erkältungsvirus. Symptome wie hohes Fieber setzen dabei schlagartig ein.

Die Einrichtungen der kritischen Infrastruktur in Berlin können im Vergleich zum angespannten Dezember im Januar etwas entspannter arbeiten. Der Krankenstand lag bei der BVG im Dezember bis zu acht Prozent über den üblichen Werten für die Jahreszeit. Das Management des Verkehrsunternehmens entschuldigte sich bei den Fahrgästen für Verspätungen, Ausfälle und volle Bahnen, verstärkt noch durch den neuen Streik der Eisenbahner. Die Personalausfälle aufgrund von Erkrankungen seien in den vergangenen Tagen spürbar gesunken, erklärt ein Sprecher. Allerdings ist die Personaldecke bei der BVG ohnehin löcherig. Mehr als 300 Stellen sind offen. Die BVG verkürzte die Taktung von Bussen auf 44 Linien im Winter, weil Busfahrer fehlen.

Die Krankheitswelle trifft nicht nur bei der BVG auf einen durch den Fachkräftemangel wunden Punkt. Kliniken und öffentliche Verwaltung suchen ebenfalls händeringend Personal. Große Kliniken der Vivantes-Gruppe oder die Charité verfügen über bessere Ressourcen an Mitarbeitenden als kleine Krankenhäuser, um die Lücken durch Corona oder Grippe zu stopfen. So erhalten Mitarbeitende bei den Vivantes-Kliniken einen Zuschlag, wenn sie bei Krankheitsfällen einspringen. In der Pflege oder bei den OP-Diensten seien sogenannte Pools gebildet worden, erklärt die Sprecherin. „Das heißt, dass Mitarbeitende aus einem Pool zur Verfügung stehen, um etwa erkrankte Kolleginnen und Kollegen zu vertreten“, erläutert die Vivantes-Sprecherin.

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Einige Berliner Bezirksämter bereiten sich derzeit auf die Wiederholung der Bundestagswahl in bestimmten Berliner Wahlbezirken am 11. Februar vor. Die Aufgabe ist neben den übrigen Pflichten der Verwaltung zu stemmen. Das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg teilt etwa mit, dass die Vorbereitung der Wahl derzeit höchste Priorität genieße. „Bei überdurchschnittlichen Krankheitsausfällen müsste hier zuerst personell ergänzt werden“, sagt ein Sprecher. Die Anwohner müssten sich außerdem auf verringerte Terminangebote in den Bürgerämtern gefasst machen, fügt er hinzu.

Besonders schwer trifft die Krankheitswelle die unter Erziehermangel leidenden Kitas in der Hauptstadt. Katrin Zwilling ist beim Evangelischen Kitaverband Mitte-West für Personal zuständig. Sie berichtet von einem Drehtüreffekt mit Folgen. Mitarbeitende gingen vor der vollständigen Genesung wieder arbeiten und infizierten die Gesunden. Dieser Zyklus wiederhole sich in den Kitas bereits seit September. „Früher hatten wir wegen Atemwegserkrankungen im Winter für einige Wochen eine angespannte Zeit. Jetzt geht es schon seit Monaten so“, sagt sie. Die Kitaleitungen wiesen ihre Erzieher darauf hin, sich im Krankheitsfall auszukurieren. „Aber vieles liegt auch in der Eigenverantwortung“, sagt Zwilling.

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Dass Erzieher im Winter besonders anfällig für Atemwegsinfekte sind, bedinge die Arbeit mit Kindern. Seit der Pandemie seien die Erkrankungen aber gravierender, berichtet Zwilling. „Statt der früheren drei Tage mit Erkältung sind nun viele zwei Wochen am Stück heftig krank“, sagt sie. Über die Ursachen könne sie nur spekulieren.

Auch unter Medizinern ist umstritten, warum die Krankheitswellen in den beiden Wintern nach der Corona-Pandemie überdurchschnittlich verliefen. Experten vermuten Nachholeffekte aufgrund des fehlenden Kontakts mit Erregern. Außerdem kursiere nun mit Corona neben der Grippe und dem grippalen Infekt eben eine weitere Viruserkrankung.

Katrin Zwilling schätzt die Belastung der Erzieher durch die lange Krankheitswelle als sehr hoch ein. Die Kitas stünden auch unter dem Druck der Eltern, wenn einzelne Kitagruppen schließen müssten oder gleich eine Kita für vier Tage, wie es im Dezember aufgrund des Ausfalls des Personals nötig war. Gesunde Erzieher müssten das Fehlen von Kollegen ständig kompensieren. Das lauge aus, sagt Zwilling. „Irgendwann kapituliert dann das Immunsystem“, sagt sie.

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Die Personalerin fürchtet, dass die intensiven Krankheitswellen zu einem weiteren Aderlass an Personal führen könnten. „Wir erleben ohnehin einen hohen Abgang an Fachkräften. Jetzt kommt noch über Monate eine Extrembelastung hinzu“, warnt Zwilling.

Der Personalausfall bei den Kitas trifft auch die Wirtschaft. Eltern müssen sich freinehmen, wenn Kitagruppen oder ganze Kindertagesstätten schließen und keine Alternativen vorhanden sind. Das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) legt nun Zahlen über die Kosten der Welle an Atemwegserkrankungen für die Volkswirtschaft vor. Die krankheitsbedingten Ausfälle könnten sich zu einem Verlust von 36 Milliarden Euro summieren. Die Höhe des Schadens hänge jetzt davon ab, wie stark die Grippe in den kommenden Wochen zuschlägt.

QOSHE - Krankheitswelle: Die Kitas sind am Anschlag - Cedric Rehman
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Krankheitswelle: Die Kitas sind am Anschlag

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15.01.2024

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