Die Organisation Reporter ohne Grenzen verzeichnet in Deutschland eine pressefeindlichere Stimmung. Dazu veröffentlichte die Organisation im Bericht „Nahaufnahme Deutschland“ neue Zahlen für das Jahr 2023.

Demzufolge konnte Reporter ohne Grenzen insgesamt 41 Übergriffe auf Medienschaffende verifizieren. Das waren zwar weniger als in den beiden Pandemiejahren 2022 und 2021, als „die Zahl der Übergriffe auf Berichterstattende in die Höhe“ geschnellt seien, aber mehr als im letzten Jahr vor der Covid-19-Pandemie: 2019 waren es lediglich 13. Im Jahr 2022 waren es 103; 2021 gab es 80 Angriffe. Und die Tendenz ist weiterhin hoch. Allein für den Januar 2024 geht Reporter ohne Grenzen neun Hinweisen nach. Allein in fünf Fällen wurden Presseverteilzentren und Druckereien unter anderem mit Traktoren zugestellt, um die Auslieferung von Zeitungen zu verhindern.

Am häufigsten waren im Jahr 2023 laut Reporter ohne Grenzen Tritte und Faustschläge oder Schläge mit Gegenständen wie Fackeln oder Trommel-Schlegeln. Als Angriff gewertet wurden diese, sofern sie Körper oder Ausrüstung von Journalistinnen und Journalisten tatsächlich getroffen haben. Medienschaffenden wurde auch Ausrüstung entrissen, sie wurden zu Boden gerissen, mit Sand und Steinen beworfen oder in einem Fall mit Fäkalien beschmiert, wie es weiter hieß.

Die meisten der 41 für das Jahr 2023 verifizierten Angriffe ereigneten sich demzufolge in Sachsen (zwölf), gefolgt von Bayern (sechs). In Berlin wurden fünf Attacken verzeichnet. Bei einer Pro-Palästina-Demonstration am Brandenburger Tor beispielsweise griffen Unbekannte am 17. Oktober einen Video-Reporter des RBB-Magazins „Kontraste“ an. Mehrmals versuchten sie, ihm die Kamera zu entreißen und beschädigten diese.

In der Statistik folgen Nordrhein-Westfalen mit fünf Attacken, Niedersachsen (vier), Hamburg (zwei), Hessen (zwei), Rheinland-Pfalz (eine), Thüringen (eine) und Schleswig-Holstein mit einer Attacke. Zwei Hacker-Angriffe können nicht geografisch zugeordnet werden.

Der gefährlichste Ort für Medienschaffende waren auch 2023 politische Versammlungen wie Partei-Veranstaltungen, Demonstrationen oder Protestaktionen. Hier wurden 32 von insgesamt 41 Fällen gezählt. „Besonders pressefeindlich ging es erneut bei der Berichterstattung im Umfeld von verschwörungsideologischen oder rechtsextremen Versammlungen zu: Hier fand 2023 mit 18 von 41 verifizierten Fällen ein Großteil der Angriffe statt“, teilte Reporter ohne Grenzen mit.

Michael Rediske, Mitgründer der deutschen Sektion von Reporter ohne Grenzen, sagte: „Im vergangenen Jahr wurden Reporter wieder verprügelt, ihre Ausrüstung wurde zerstört und ihnen wurde im Internet massiv gedroht. 2024 startete unter anderem mit der brutalen Körperverletzung eines Journalisten am Rande einer Demonstration in Leipzig.“

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„Zudem beobachten wir eine gefährliche neue Art der Aggression: Landwirte haben kürzlich mit Trecker-Blockaden und Misthaufen die Auslieferung von Zeitungen in mehreren Bundesländern verhindert“, so Rediske. „Das zeigt, dass die Freiheit, unabhängig zu berichten, hierzulande nicht nur durch Übergriffe gegen einzelne Medienschaffende bedroht ist. Unzufriedenheit mit einer angeblich zu geringen Berichterstattung über Bauernproteste reicht offenbar aus, um bei Angriffen gegen die Pressefreiheit die Hemmschwelle weiter zu senken.“

QOSHE - Berlin: So viele Attacken gab es 2023 auf Journalisten - Christian Gehrke
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Berlin: So viele Attacken gab es 2023 auf Journalisten

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09.04.2024

Die Organisation Reporter ohne Grenzen verzeichnet in Deutschland eine pressefeindlichere Stimmung. Dazu veröffentlichte die Organisation im Bericht „Nahaufnahme Deutschland“ neue Zahlen für das Jahr 2023.

Demzufolge konnte Reporter ohne Grenzen insgesamt 41 Übergriffe auf Medienschaffende verifizieren. Das waren zwar weniger als in den beiden Pandemiejahren 2022 und 2021, als „die Zahl der Übergriffe auf Berichterstattende in die Höhe“ geschnellt seien, aber mehr als im letzten Jahr vor der Covid-19-Pandemie: 2019 waren es lediglich 13. Im Jahr 2022 waren es 103; 2021 gab es 80 Angriffe. Und die Tendenz ist weiterhin hoch. Allein für den Januar 2024 geht Reporter ohne Grenzen neun Hinweisen nach. Allein in fünf Fällen wurden Presseverteilzentren und Druckereien unter anderem mit Traktoren zugestellt, um die Auslieferung von........

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