Der Bundesrat hat die teilweise Legalisierung von Cannabis gebilligt. Das entsprechende Gesetz kann somit wie geplant am 1. April in Kraft treten. Vom 1. Juli an soll außerdem gemeinschaftlicher Anbau möglich sein.

Die Abstimmung begleiteten zum Teil erhebliche Bedenken. Nach Ansicht der Kritiker lässt die Initiative der Ampelkoalition, vorangetrieben vom Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Justizminister Marco Buschmann (FDP), wichtige Fragen offen. Dass sich Lauterbach zu Kompromissen bereit erklärte, um das Vorhaben wie geplant umsetzen zu können, ändert nichts an grundsätzlichen Schwachpunkten.

Dabei sind es weniger Einwände wie jener, den Berlins Justizsenatorin Felor Badenberg äußerte. Nämlich, dass eine Legalisierung die Strafverfolgungsbehörden vor unverhältnismäßige, ja sogar unlösbare Aufgaben stelle. Abzuwarten bleibt zudem, ob ein Ende des Cannabis-Verbots für Erwachsene tatsächlich dazu führt, dass der Schwarzmarkt zurückgedrängt, vielleicht sogar aus Sicht der Konsumenten völlig überflüssig wird. Und damit die damit verbundene Kriminalität, was sehr begrüßenswert wäre. Ebenso nachvollziehbar ist das Ansinnen, sauberes Cannabis in Umlauf zu bringen, dessen Inhaltsstoffe für Kiffer klar erkennbar sind.

Legalisierung von Cannabis: Bundesrat macht Weg für Gesetz frei

•vor 1 Std.

Wie eine Corona-Impfung das Leben einer jungen Frau zerstörte

06.03.2024

Experten für organisierte Kriminalität erwarten indes, dass mafiöse Banden und Dealer bestrebt sein werden, ihr lukratives Geschäft weiterzuführen und über die Preisgestaltung die bisherige Kundschaft zu halten. Deshalb, so die Prognose, wird auch die Qualität der illegal verkauften Produkte steigen.

•vor 7 Std.

19.03.2024

19.03.2024

•gestern

20.03.2024

Die größten Bedenken betreffen eine Personengruppe, die das Gesetz ausdrücklich ausschließt: Kinder und Jugendliche. Das mag paradox klingen, doch das Beispiel Alkohol zeigt: Ist eine Droge für Erwachsene frei verfügbar, erhalten auch Heranwachsende dazu einen leichteren Zugang. Alkohol und Cannabis wiederum stehen nicht selten am Anfang einer Suchtkarriere. Die beschränkt sich längst nicht mehr auf eine Substanz. Experten der Suchthilfe in Berlin zum Beispiel beklagen einen zunehmenden Mischkonsum unter Jugendlichen: geschluckt und inhaliert wird ein bunter Mix aus verschiedenen Substanzen parallel. Außerdem werden die Konsumenten immer jünger.

Die deutsche Hauptstadt ist die Bundeshauptstadt der jungen Kiffer, in der Heranwachsende wesentlich häufiger mit Cannabis in Berührung kommen als Gleichaltrige im Rest der Republik. Zu diesem Ergebnis kam eine Studie vor nicht allzu langer Zeit. Demnach konsumiert etwa die Hälfte der hiesigen jungen Kiffer auf einem gesundheitlich riskanten Niveau und könnte sogar bereits an einer Konsumstörung leiden.

Schizophrenie: Warum Cannabis bei jungen Menschen das Risiko stark erhöht

24.05.2023

Studien belegen auch, dass Cannabis für ein Gehirn in der Reifung extrem schädlich sein kann, als in einem Alter von bis zu 25 Jahren. So gehen Suchtmediziner aufgrund verfügbarer Daten davon aus, dass etwa ein Drittel der von Schizophrenie betroffenen Menschen hierzulande in jungen Jahren regelmäßig Cannabis konsumierte. Wer im Alter zwischen zehn und zwölf Jahren zu kiffen beginnt, erhöht demnach sein Risiko für schizophrene Episoden um ein Zehnfaches. Dieses Einstiegsalter ist durchaus nicht ungewöhnlich.

Und noch etwas lässt die Freigabe insbesondere für Berlin problematisch erscheinen: Einer Umfrage im Auftrag der Zentrale für Suchtprävention Berlin zufolge wissen Kinder und Jugendlichen in der Metropole wenig über Cannabis und die damit verbundenen Risiken. Aufklärung ist dringend geboten. Sie ist auch ohne die Freigabe von Cannabis essenziell, mit der Teillegalisierung wird sie es nun erst recht sein.

Bunte Flyer und Plakatkampagnen bringen nichts, verschlingen sinnlos viel Geld. Nachhaltige Suchtprävention erfordert einen direkten Kontakt zu den Heranwachsenden: in Schulen, in Vereinen, in ihrer Lebensrealität. Stattdessen aber wird an aufsuchender Suchtberatung gespart. Sie scheint ein Kostenfaktor zu sein, auf den die Politik in Zeiten knapper öffentlicher Finanzen offenbar gut verzichten kann. Das steht im krassen Widerspruch zur Idee, die der Cannabis-Freigabe mutmaßlich zugrunde liegt.

Wirksame Aufklärung ist eine unverzichtbare Investition in die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen, somit in die Zukunft aller. Was beim Thema Sexualität inzwischen Standard ist, sollte beim Thema Drogen nicht minder selbstverständlich sein. Genug Geld dürfte die Legalisierung der Staatskasse jedenfalls einbringen.

QOSHE - Cannabis-Freigabe: Ohne Aufklärung von Heranwachsenden wird sie zum Desaster - Christian Schwager
menu_open
Columnists Actual . Favourites . Archive
We use cookies to provide some features and experiences in QOSHE

More information  .  Close
Aa Aa Aa
- A +

Cannabis-Freigabe: Ohne Aufklärung von Heranwachsenden wird sie zum Desaster

25 2
22.03.2024

Der Bundesrat hat die teilweise Legalisierung von Cannabis gebilligt. Das entsprechende Gesetz kann somit wie geplant am 1. April in Kraft treten. Vom 1. Juli an soll außerdem gemeinschaftlicher Anbau möglich sein.

Die Abstimmung begleiteten zum Teil erhebliche Bedenken. Nach Ansicht der Kritiker lässt die Initiative der Ampelkoalition, vorangetrieben vom Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Justizminister Marco Buschmann (FDP), wichtige Fragen offen. Dass sich Lauterbach zu Kompromissen bereit erklärte, um das Vorhaben wie geplant umsetzen zu können, ändert nichts an grundsätzlichen Schwachpunkten.

Dabei sind es weniger Einwände wie jener, den Berlins Justizsenatorin Felor Badenberg äußerte. Nämlich, dass eine Legalisierung die Strafverfolgungsbehörden vor unverhältnismäßige, ja sogar unlösbare Aufgaben stelle. Abzuwarten bleibt zudem, ob ein Ende des Cannabis-Verbots für Erwachsene tatsächlich dazu führt, dass der Schwarzmarkt zurückgedrängt, vielleicht sogar aus Sicht der Konsumenten völlig überflüssig wird. Und damit die damit verbundene Kriminalität, was sehr begrüßenswert wäre. Ebenso nachvollziehbar ist das Ansinnen, sauberes........

© Berliner Zeitung


Get it on Google Play