Der zwangsmäßige Umstieg auf nicht-russisches Gas als Folge der Sanktionen gegen Russlands Angriffskriegs auf die Ukraine kostet Deutschland viel Geld. Durch höhere Gebühren bei Exporten innerhalb Europas sollen die Verluste wieder reingeholt werden. Aus Sicht der EU-Kommission verstößt das gegen die Binnenmarktregeln. Sie droht nun mit einer Klage, wie die Nachrichtenagentur Reuters am Mittwoch berichtete.

Um die Ausgaben in Milliardenhöhe für Alternativen zum russischen Gas wieder reinzuholen, hat Deutschland eine sogenannte „Neutralitätsabgabe“ auf Gasverkäufe an seine Nachbarländer eingeführt. Die von Deutschland im Oktober 2022 eingeführte Gebühr habe sich nach Angaben von Reuters seitdem mehr als verdreifacht. Nach Ansicht einiger Regierungen verstoße das gegen die Binnenmarktregeln der Union, die jegliche Zölle auf den Handel zwischen den Mitgliedsstaaten verbietet. Daher überlegt die EU-Kommission nun die Eröffnung eines sogenannten Vertragsverletzungsverfahrens gegen die Bundesrepublik.

Bericht: Ohne russisches Gas ist Deutschland keine industrielle Supermacht mehr

12.02.2024

Den von Reuters nicht näher benannten Quellen zufolge könnte die Klage bereits in den kommenden Tagen eingereicht werden. Gegenüber der Nachrichtenagentur äußerte sich ein Sprecher der Kommission bedeckt zu den Berichten und sagte, dass man in dieser Angelegenheit mit den deutschen Behörden in Kontakt bleibe und nicht über die mögliche Eröffnung eines Vertragsverletzungsverfahrens spekuliere. Falls es tatsächlich zur Klage kommen sollte, beginnt das Vertragsverletzungsverfahren der EU mit einer Mitteilung, in welcher um Informationen gebeten wird, gefolgt von einer Aufforderung zur Einhaltung des EU-Rechts. Das anschließende Verfahren könnte sich monatelang hinziehen.

Das Bundeswirtschaftsministerium äußerte sich auf Anfrage von Reuters wenig verständnisvoll angesichts der drohenden Klage. Die Abgabe sei diskriminierungsfrei und andere Länder hätten davon profitiert, dass Deutschland seine riesigen Gasspeicher schnell auffülle. „Diese Maßnahme hat einen entscheidenden Beitrag zur europäischen Versorgungssicherheit und Preisstabilität geleistet“, sagte ein Sprecher des Ministeriums gegenüber der Nachrichtenagentur.

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Vor allem Tschechien, Österreich, die Slowakei und Ungarn machen laut des Berichts Druck auf die Kommission, gegen die deutsche Abgabe vorzugehen. Die EU-Energieregulierungsbehörde ACER erklärte, dass solche Gebühren in einigen EU-Ländern zu höheren Gaspreisen führten und nicht auf den grenzüberschreitenden Handel erhoben werden dürften, heißt es im Bericht.

Durch die erhöhten Preise befürchtet die EU-Kommission außerdem, dass dadurch die betroffenen Länder wieder auf russisches Gas zurückgreifen könnten. Das Wirtschaftsministerium revidiert diese Befürchtung gegenüber Reuters: „Der Handel zwischen den Mitgliedsstaaten wird durch die Abgabe nicht eingeschränkt, daher gibt es keinen Grund, auf russisches Gas umzusteigen.“ Es bleibt abzuwarten, ob und wann die Klage der EU offiziell eingereicht wird.

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Erhöhte Gaspreise: EU-Kommission droht mit Klage gegen Deutschland

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21.04.2024

Der zwangsmäßige Umstieg auf nicht-russisches Gas als Folge der Sanktionen gegen Russlands Angriffskriegs auf die Ukraine kostet Deutschland viel Geld. Durch höhere Gebühren bei Exporten innerhalb Europas sollen die Verluste wieder reingeholt werden. Aus Sicht der EU-Kommission verstößt das gegen die Binnenmarktregeln. Sie droht nun mit einer Klage, wie die Nachrichtenagentur Reuters am Mittwoch berichtete.

Um die Ausgaben in Milliardenhöhe für Alternativen zum russischen Gas wieder reinzuholen, hat Deutschland eine sogenannte „Neutralitätsabgabe“ auf Gasverkäufe an seine Nachbarländer eingeführt. Die von Deutschland im Oktober 2022 eingeführte Gebühr habe sich nach Angaben von Reuters seitdem mehr als verdreifacht. Nach Ansicht einiger........

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