Die Wirtschaftskrise in Deutschland wirkt sich zunehmend auf den Arbeitsmarkt aus. Laut einer neuen Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), die der Nachrichtenagentur Reuters vorliegt, dürfte die Arbeitslosigkeit im Durchschnitt dieses Jahres auf knapp 2,8 Millionen steigen, den höchsten Stand seit 2015. Das IW selbst hat die Studie noch nicht veröffentlicht.

Die neuen Zahlen werden publik gemacht, nachdem Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Mittwoch die Wachstumsprognose nach oben korrigierte. Ist die Krise schon vorbei? „Im vergangenen Jahr war der Arbeitsmarkt trotz Rezession recht stabil“, sagte der IW-Arbeitsmarktexperte Holger Schäfer zu den Ergebnissen der Studie gegenüber Reuters. Im vergangenen Jahr waren laut dem Statistischen Bundesamt noch 2,6 Millionen Menschen in Deutschland ohne Job, die Arbeitslosenquote lag bei 6,2 Prozent.

„Doch in diesem Jahr spüren wir die Folgen der Wirtschaftskrise stärker.“ Insbesondere am Arbeitsmarkt wird sich dieser Umstand bemerkbar machen. „Die Beschäftigungspläne der Unternehmen lassen für den weiteren Jahresverlauf kein Wachstum erwarten“, heißt es in der Analyse.

Auch Frühindikatoren geben wenig Anlass zu Optimismus. So fiel die Zahl der neu gemeldeten offenen Stellen im März auf den niedrigsten Stand der letzten fünf Jahre. Selbst bei einem günstigen wirtschaftlichen Verlauf ist für dieses Jahr bestenfalls mit einem geringen Anstieg der Erwerbstätigkeit zu rechnen. Schäfer befürchtet jedoch keine baldige Besserung der Lage. „Da geburtenstarke Jahrgänge das Rentenalter erreichen, besteht Ersatzbedarf, und die Fachkräftelücke schließt sich kaum.“

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Eine nachlassende Nachfrage nach Arbeitskräften und anhaltender Fachkräftemangel schließen sich daher nicht aus. „Die Zurückhaltung der Betriebe bei Neueinstellungen verschlechtert die Chancen von Arbeitsuchenden, eine passende Stelle zu finden“, äußerte sich IW-Experte Schäfer besorgt. Infolgedessen wird die Arbeitslosigkeit weiter steigen. „Im vierten Quartal ist zu erwarten, dass sogar der Stand aus der Krise in der Corona-Pandemie im Jahr 2020 übertroffen wird.“

Im vergangenen Jahr zeigte sich der Arbeitsmarkt trotz der schrumpfenden Wirtschaft von 0,3 Prozent in Deutschland noch recht stabil. Die Zahl der Erwerbstätigen stieg trotz des Abschwungs um 0,7 Prozent. Das IW erklärt den Anstieg der Beschäftigung damit, dass Unternehmen dazu neigen, ihre Arbeitskräfte zu behalten, auch wenn sie nicht ausreichend Arbeit für sie haben. Grund dafür sei die Sorge vor einem künftigen Fachkräftemangel aufgrund des demografischen Wandels.

Unternehmen können dies jedoch aus der Sicht Schäfers nur für eine gewisse Zeit tun. „Mit zunehmender Schwächephase wird es immer wahrscheinlicher, dass die Personalbestände angepasst werden müssen, da dauerhafte Produktivitätsrückgänge die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen beeinträchtigen.“

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Neue Studie: So viele Arbeitslose in Deutschland wie seit 2015 nicht mehr

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26.04.2024

Die Wirtschaftskrise in Deutschland wirkt sich zunehmend auf den Arbeitsmarkt aus. Laut einer neuen Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), die der Nachrichtenagentur Reuters vorliegt, dürfte die Arbeitslosigkeit im Durchschnitt dieses Jahres auf knapp 2,8 Millionen steigen, den höchsten Stand seit 2015. Das IW selbst hat die Studie noch nicht veröffentlicht.

Die neuen Zahlen werden publik gemacht, nachdem Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) am Mittwoch die Wachstumsprognose nach oben korrigierte. Ist die Krise schon vorbei? „Im vergangenen Jahr war der Arbeitsmarkt trotz Rezession recht stabil“, sagte der IW-Arbeitsmarktexperte Holger Schäfer zu den Ergebnissen der Studie gegenüber Reuters. Im vergangenen Jahr waren laut dem Statistischen Bundesamt........

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