Grünheide wird am Wochenende einen größeren Polizeieinsatz erleben: Das liegt zum einen an dem Brand an einem Strommast, der die Versorgung der Tesla-Gigafactory wohl bis nächste Woche lahmlegen könnte. Der US-Elektroautobauer rechnet mit einem wirtschaftlichen Schaden im „hohen neunstelligen Bereich“, teilte Tesla-Vertreter André Thierig mit. Es sei unklar, wann die Produktion wieder aufgenommen werde. Pro Tag könne das Unternehmen nun mehr als 1000 Fahrzeuge nicht produzieren.

Die Sicherheitsbehörden gehen ganz klar von einem Brandanschlag aus. Nicht nur deshalb sind die Ermittler vor Ort, die Polizei bereitet sich auch auf eine Demonstration am Sonntag vor. Die Demo steht unter dem Motto „Tesla – Nein Danke“. Sie soll am Sonntag um 14 Uhr am Bahnhof Fangschleuse beginnen und zum Rathaus Grünheide führen. Die Veranstalter sagten der Berliner Zeitung, dass sie mit bis zu 500 Teilnehmern rechnen. Das wäre die bislang größte Demo der Tesla-Kritiker.

Nicht nur der örtliche Protestverein Natur und Landschaft ruft dazu auf sowie andere Naturschutzgruppen wie Nabu, Grüne Liga, Wassertafel, Robin Wood oder Naturfreunde, auch radikalere Gruppen wie Extinctions Rebellion oder die Interventionistische Linke, die sich selbst als linksradikal bezeichnet. Mitglieder der Gruppe sind zum Beispiel im März 2023 zur Tesla-Filiale in Berlin-Mitte gestürmt. Das Motto lautete: „Kein Liter Wasser mehr für Tesla“. Die Vermummten klebten Plakate an die Fenster und Türen. Sie breiteten auch ein Transparent aus, auf dem geschrieben stand: „CARpitalismus abwracken“. Eine Sprecherin sagte der Berliner Zeitung: „Berlin braucht keine Luxuskarren, sondern kostenlosen ÖPNV.“ Bei der Aktion wurde nichts zerstört.

Nach dem aktuellen Brandanschlag bei Grünheide ist noch immer unklar, wer die Täter sind, es gibt mehr als eine Gruppe, die die Tat für sich beansprucht. Trotz fehlender Ermittlungsergebnisse werden aber Verbindungen hergestellt zwischen dem Anschlag und dem friedlichen Protest von Baumbesetzern vor Ort. Der richtet sich gegen die Pläne von Tesla, die Gigafactory zu erweitern, aber zwei Drittel der Bevölkerung haben dies abgelehnt. Die Gemeindevertretung muss sich aber nicht an das Votum halten. Viele Kritiker fürchten, dass die Politik wieder Tesla freundlich entscheidet. Deshalb die Baumbesetzung: Dort harren bis zu 80 Leute in einem Dutzend Baumhäusern aus. Sie protestieren gegen die von Tesla geplante Abholzung des Waldes für das Tesla-Werk.

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In Bezug auf den Anschlag sagte der SPD-Fraktionschef Daniel Keller: „Es wird aufs Schärfste verurteilt, dass sich hier an Kritischer Infrastruktur zu schaffen gemacht wurde.“ Er sieht durchaus eine gewisse Parallele zwischen dem Anschlag und den Baumbesetzungen. Es gebe das Recht zu demonstrieren, aber die Baumbesetzung finde nicht im öffentlichen Raum statt, sondern in einem Wald des Landesforstes. „Das entspricht nicht der Rechtsstaatlichkeit.“

Die Grünen, die zusammen mit der SPD und der CDU in der Landesregierung sind, protestieren dagegen, dass solche Verbindungen hergestellt werden. Am Mittwoch sagte auch Brandenburgs Linke-Fraktionschef Sebastian Walter: „Der Brandanschlag auf die Kritische Infrastruktur ist durch nichts zu rechtfertigen.“ Er sagte aber auch: „Der berechtigte Protest gegen die eklatanten Regelverstöße von Tesla darf nicht in Mithaftung genommen und mundtot gemacht werden.“

An den Baumbesetzungen beteiligt sich auch die Umweltgruppe Robin Wood, die sich als gewaltfreie Aktionsgemeinschaft bezeichnet. Die teilte mit: „Wir stellen klar, dass uns zu den Gründen des Stromausfalls keinerlei Informationen vorliegen. Jeglichen Zusammenhang mit Aktivitäten von Robin Wood weisen wir entschieden zurück.“

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Die Protestgruppen vor Ort ärgern sich, dass der Anschlag von einigen Parteien nun genutzt werde, um den Protest zu diskreditieren. Heidemarie Schroeder von der Wassertafel Berlin-Brandenburg sagte: „Der Brandanschlag auf einen Hochspannungsmast war wohl das Letzte, was wir gebrauchen konnten.“ Die Wassertafel lehne Gewalt zur Durchsetzung auch legitimer Forderungen grundsätzlich ab. Seit Jahren fordern die Kritiker mehr Transparenz im „unsäglichen Tesla-Genehmigungsverfahren“ sowie mehr demokratische Mitbestimmungsrechte für die Bevölkerung. Doch die Situation sei verfahren. „Ihr mit Gewalt zu begegnen, ist jedoch das Falscheste, was gemacht werden kann.“ Das gefährde die Erfolge der Bürgerinitiativen.

Die Tesla-Gegner beklagen auch, dass es vor Ort offenbar keine ernst zu nehmenden Notfallpläne gibt. Thomas Löb, Chef der Brandenburger Ökologisch-Demokratischen Partei (ÖDP), zeigte sich verwundert, dass nach dem Anschlag auf ein Trafohaus und einen Strommast gleich die gesamte Fabrik stillgelegt wurde. „Wir haben es mit dem reichsten Menschen der Welt zu tun, und dann gibt es keine Notfalllogistik?“ Jedes Krankenhaus, jedes Wasserwerk hätte die Dieselgeneratoren angeworfen, die für solche Notfälle bereitstehen.

Derzeit arbeiten dort 12.000 Mitarbeiter. Löb erinnert an die Zeiten, als es 5000 Leute waren. „Damals gab es auch nur Leute, die dort temporär rumsaßen als Feuerwachen, um dann Alarm zu schlagen, wenn irgendwo Rauch entsteht.“

„Das Dramatische ist: Die Bevölkerung ringsum Grünheide weiß nicht, wie sie sich im Ernstfall verhalten soll“, sagt er. Bei anderen Großkonzernen wie BASF, Autofabriken oder Chemiekonzernen gebe es Alarmpläne. „Da weiß auch der Bürgermeister der nächsten Stadt, was zu tun ist, wenn ein Brand ausbricht.“

QOSHE - Nach Anschlag auf Tesla-Fabrik: Bislang größte Demonstration für Sonntag geplant - Jens Blankennagel
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Nach Anschlag auf Tesla-Fabrik: Bislang größte Demonstration für Sonntag geplant

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07.03.2024

Grünheide wird am Wochenende einen größeren Polizeieinsatz erleben: Das liegt zum einen an dem Brand an einem Strommast, der die Versorgung der Tesla-Gigafactory wohl bis nächste Woche lahmlegen könnte. Der US-Elektroautobauer rechnet mit einem wirtschaftlichen Schaden im „hohen neunstelligen Bereich“, teilte Tesla-Vertreter André Thierig mit. Es sei unklar, wann die Produktion wieder aufgenommen werde. Pro Tag könne das Unternehmen nun mehr als 1000 Fahrzeuge nicht produzieren.

Die Sicherheitsbehörden gehen ganz klar von einem Brandanschlag aus. Nicht nur deshalb sind die Ermittler vor Ort, die Polizei bereitet sich auch auf eine Demonstration am Sonntag vor. Die Demo steht unter dem Motto „Tesla – Nein Danke“. Sie soll am Sonntag um 14 Uhr am Bahnhof Fangschleuse beginnen und zum Rathaus Grünheide führen. Die Veranstalter sagten der Berliner Zeitung, dass sie mit bis zu 500 Teilnehmern rechnen. Das wäre die bislang größte Demo der Tesla-Kritiker.

Nicht nur der örtliche Protestverein Natur und Landschaft ruft dazu auf sowie andere Naturschutzgruppen wie Nabu, Grüne Liga, Wassertafel, Robin Wood oder Naturfreunde, auch radikalere Gruppen wie Extinctions Rebellion oder die Interventionistische Linke, die sich selbst als linksradikal bezeichnet. Mitglieder der Gruppe sind zum Beispiel im März 2023 zur Tesla-Filiale in Berlin-Mitte gestürmt. Das Motto lautete: „Kein Liter Wasser mehr für........

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