Reisende soll man nicht aufhalten. Aber ebenso sollte man sie liebevoll zurückempfangen, wenn sie sich entschließen, doch wieder heimzukehren. Und die Chancen stehen gut, dass Serhat Işik und Benjamin Huseby tatsächlich überaus freudig willkommen geheißen werden auf der kommenden Berlin Fashion Week: Im Juli werden die beiden Designer mit ihrem Label GmbH erstmals Teil der hiesigen Modewoche sein.

2016 hatten sie ihre Modemarke in Berlin gegründet, noch immer führen sie das Unternehmen von Kreuzberg aus. Doch ihre Mode in der Stadt präsentieren, in der sie entsteht? Das wollten Işik und Huseby bisher nicht. Stattdessen richteten sie ihre Modenschauen lieber auf den ganz großen Bühnen aus, auf der Pariser Modewoche nämlich.

Damit reihte sich GmbH in eine lange Liste an deutschen Labels ein, die ihrer Hauptstadt, zumindest was die performative Inszenierung angeht, abtrünnig wurden: Ob große Marken wie das Unternehmen Hugo Boss, das sich nach mehrjähriger Präsenz auf der Berlin Fashion Week um 2010 herum entschieden hatte, seine Kollektionen fortan in New York präsentieren zu wollen, über kleinere Berliner Brands wie Nobi Talai oder Kaviar Gauche, die sich zumindest zeitweise in Paris zeigten, bis zu international gefeierten Labels wie die beiden Berliner Firmen Ottolinger oder eben GmbH, die ihre Mode hier noch nie vorstellten.

•gestern

•vor 5 Std.

08.05.2024

Dominiert wurden die hiesigen Modewochen der vergangenen zehn Jahre also auch von einer Diskussion um die Abwanderung deutscher Labels – selbst aus dem Roten Rathaus hieß es zwischenzeitlich, man wolle „dafür kämpfen, dass Hugo Boss zurückkommt.“ Das ist zwar bis heute nicht passiert. Dafür kommt nun GmbH mit einer eigenen Show – und auch das ist ein schönes Zeichen.

Sicherlich wird auch die finanzielle Unterstützung durch die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe für die beiden Designer Serhat Işik und Benjamin Huseby ein entscheidendes Argument gewesen sein: Der Senat fungiert seit wenigen Jahren als Hauptsponsor der Berliner Modewoche, bezuschusst pro Saison die Schauen von rund 20 Marken mit je 25.000 Euro; ausgewählt werden diese Labels von einer Fachjury, einberufen durch den Fashion Council Germany, einem Berliner Lobbyverein für die deutsche Modebranche.

Doch womöglich haben Işik und Huseby auch die äußerst erfreulichen Entwicklungen, die die Berlin Fashion Week in den vergangenen Saisons durchgemacht hat, letztlich von einer Teilnahme überzeugt: Seit der Fashion Council und die Senatsverwaltung die Modewoche im Schulterschluss gemeinsam wuppen, hat sich die lange Zeit als plump und provinziell verschriene Veranstaltung ordentlich gemausert.

Fantasien, man könne mit den Modewochen in Mailand oder Paris mithalten, werden endlich nicht mehr formuliert – stattdessen fokussiert man sich auf das, was Berlin tatsächlich leisten kann: Eine kleine, feine Modewoche, die Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey nicht nur als „ein Schaufenster für neue Trends“, sondern auch als „ein wichtiges Branchenereignis, das die Werte von Freiheit und Toleranz verkörpert wie kaum ein anderes“, beschreibt.

In einer Pressemitteilung will Giffey vor allem die ukrainischen Labels hervorheben, die seit Kriegsbeginn in ihrem Land ihre Kollektionen in Berlin zeigen. Dementsprechend werden auch in dieser Saison zwei Marken aus der Ukraine mit Fördergeldern des Senats bedacht; sie heißen DZHUS und PLNGNS. Des Weiteren hat sich die Jury für die Labels Avenir, Balletshofer, Clara Colette Miramon, Haderlump, Horror Vavui, Kitschy Couture, Lueder, Marke, Milk of Lime, Namilia, Odeeh, Rianna + Nina, Richert Beil, SF1OG, Sia Arnika – und eben GmbH entschieden.

Darüber hinaus unterstützt die Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe fünf Akteurinnen und Akteure, darunter die Berliner Labels Lou de Bètoly oder die afrikanisch geprägte Marke Emeka Suits, die mit einem Event die Sichtbarkeit Schwarzer Designerinnen und Designer in der Mode fördern will, bei der Realisierung kleinerer Veranstaltungen mit je 5000 Euro; denselben Betrag gibt außerdem noch die Berliner Sparkasse für ein weiteres Event hinzu.

Christiane Arp, die ehemalige Chefredakteurin der deutschen Vogue und jetzige Vorstandsvorsitzende des Fashion Councils, beobachtet laut Pressemitteilung, „dass die Qualität der Bewerbungen stetig ansteigt.“ Man begreife die eigene Rolle nicht nur in der Förderung, sondern auch in der Herausforderung junger Talente, sich stetig weiterzuentwickeln. „Die steigende Aufmerksamkeit für die Berlin Fashion Week, sowohl national als auch international, bestätigt unseren Kurs.“

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Tatsächlich nämlich ist es nicht nur die Marke GmbH, die auf der hiesigen Modewoche nun plötzlich doch präsent sein wird. Zudem schreiben viele deutsche sowie internationale Tageszeitungen und Modemedien, die sich in den vergangenen Jahren allein auf Berichterstattungen aus Paris, Mailand, London und New York fokussiert hatten, seit wenigen Saisons auch wieder über die Berlin Fashion Week. Geht doch!

Die Berlin Fashion Week wird vom 1. bis 4. Juli an unterschiedlichen Locations der Stadt ausgerichtet.

QOSHE - Sensation für die Berliner Branche: GmbH präsentiert sich im Juli auf der Fashion Week - Manuel Almeida Vergara
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Sensation für die Berliner Branche: GmbH präsentiert sich im Juli auf der Fashion Week

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10.05.2024

Reisende soll man nicht aufhalten. Aber ebenso sollte man sie liebevoll zurückempfangen, wenn sie sich entschließen, doch wieder heimzukehren. Und die Chancen stehen gut, dass Serhat Işik und Benjamin Huseby tatsächlich überaus freudig willkommen geheißen werden auf der kommenden Berlin Fashion Week: Im Juli werden die beiden Designer mit ihrem Label GmbH erstmals Teil der hiesigen Modewoche sein.

2016 hatten sie ihre Modemarke in Berlin gegründet, noch immer führen sie das Unternehmen von Kreuzberg aus. Doch ihre Mode in der Stadt präsentieren, in der sie entsteht? Das wollten Işik und Huseby bisher nicht. Stattdessen richteten sie ihre Modenschauen lieber auf den ganz großen Bühnen aus, auf der Pariser Modewoche nämlich.

Damit reihte sich GmbH in eine lange Liste an deutschen Labels ein, die ihrer Hauptstadt, zumindest was die performative Inszenierung angeht, abtrünnig wurden: Ob große Marken wie das Unternehmen Hugo Boss, das sich nach mehrjähriger Präsenz auf der Berlin Fashion Week um 2010 herum entschieden hatte, seine Kollektionen fortan in New York präsentieren zu wollen, über kleinere Berliner Brands wie Nobi Talai oder Kaviar Gauche, die sich zumindest zeitweise in Paris zeigten, bis zu international gefeierten Labels wie die beiden Berliner Firmen Ottolinger oder eben GmbH, die ihre Mode hier........

© Berliner Zeitung


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