Robert Habecks überraschende Reise nach Kiew in dieser Woche hatte vor allem einen Zweck: Der Bundeswirtschaftsminister will die Aufrüstung der Ukraine vorantreiben. Die Idee zu der Reise wurde, so ist im politischen Berlin zu hören, bei einem Rüstungsgipfel in Habecks Ministerium im März geboren. Habeck soll, so berichtet das US-Magazin Politico, die „Geduld mit dem Tempo der Hilfszusagen und Lieferungen“ verloren haben. Die Rüstungsfirmen hätten den Minister wegen seiner Entschlossenheit gelobt – und wurden offenbar gleich mit einer Teilnahme an der Reise belohnt. Laut Politico nahmen teil: Rheinmetall, Diehl (Luftabwehr), die FAE-Group (Minenräumfahrzeuge) und Quantum Systems (Aufklärungsdrohnen). Außerdem seien zwei Energie-Unternehmen mitgekommen, sie sollen „die dezentrale Stromerzeugung durch erneuerbare Energien für die Ukraine sichern“. Den Unternehmen wurde „absolutes Stillschweigen auferlegt“. Eine typische Antwort erhielt Politico auf Anfrage von Rheinmetall, wo man die Reise „nicht dementieren, aber auch nicht bestätigen“ wollte. Etwas auskunftsfreudiger war man bei Diehl Defence, das die Flugabwehrsysteme Iris-T-SLM herstellt und dessen Chef Helmut Rauch der Tagesschau sagte: „Unser langfristiges Ziel ist natürlich, dass vor Ort in der Ukraine die Systeme selber gewartet werden können, repariert werden können und ähnliches.“ Bisher habe Diehl drei Systeme an die Ukraine geliefert. Mithilfe des Systems werde „Kiew geschützt“, so die Tagesschau. Ein viertes System werde sein Unternehmen in den kommenden Wochen liefern, sagte Rauch bei einem Treffen Habecks mit Vizepremier und Wirtschaftsministerin Julia Swyrydenko und Wirtschaftsvertretern. Weitere sollten noch in diesem Jahr folgen.

Die offizielle Pressemitteilung des Bundeswirtschaftsministeriums zu der Reise ist vage. Die Rede ist lediglich davon, dass „Habeck auch von einer Wirtschaftsdelegation begleitet“ werde. Bei den Gesprächen sollte „es neben den jüngsten Angriffen Russlands auf die Energieinfrastruktur des Landes, konkrete Nothilfe und den Aufbau resilienter Strukturen insbesondere auch um den ukrainischen Wirtschaftsstandort, die bilateralen Wirtschafts-, Energie- und Klimabeziehungen sowie die deutsche Unterstützung für den Wiederaufbau der Ukraine gehen“. Laut Politico wird Habeck in den kommenden Tagen „gemeinsam mit dem stellvertretenden ukrainischen Verteidigungsminister, Iwan Hawryliuk unterwegs sein“. Mehrere Kooperationen mit der deutschen Industrie sollen „öffentlich zelebriert“ werden, „manche unter massiven Sicherheitsvorkehrungen“.

Habeck folgt mit seiner Initiative den Vorschlägen des früheren Botschafters der Ukraine in Deutschland, Andrij Melnyk. Melnyk hatte im Interview mit der Berliner Zeitung gesagt, er sei sehr stolz, dass es gelungen sei, „einen Deal zwischen Rheinmetall und der ukrainischen Regierung zu begleiten, wonach eine gemeinsame Produktionsstätte in der Ukraine errichtet wird“. Melnyk regte „strategische Projekte für die Zeit nach dem Krieg“ an. Er sagte: „Die Ukraine war vor dem Krieg immer unter den Top 15 der Rüstungsexporteure. Deutschland hat ebenfalls hervorragende Kapazitäten. Wir könnten diese Synergien nutzen, um Weltspitze zu werden und modernste Waffensysteme gemeinsam herzustellen.“ Die gemeinsame Aufrüstung könne zur Abschreckung Russlands dienen und gleichzeitig neue, gemeinsame Exportgüter hervorbringen. Dies würde sowohl den strategischen Interessen unserer beiden Länder entsprechen als auch der deutschen Rüstungsindustrie einen riesigen Schub geben, so Melnyk. Man müsse nur „kreative, mutige Ideen verwirklichen und neue Ambition zeigen“.

Robert Habeck besucht überraschend Kiew

gestern

gestern

gestern

•vor 6 Std.

Habeck hatte nach einer USA-Reise angekündigt, er wolle Forschungsprogramme für militärische Zwecke öffnen. Laut Handelsblatt fallen „Cybersecurity, Künstliche Intelligenz oder digitale Abfangsysteme“ in diese Kategorie. Eile sei geboten. Habeck laut Handelsblatt: „Ich sage das hier sehr offen: So können wir nicht weitermachen.“ Eine besondere Rolle bei der Militärforschung komme dabei Neugründungen zu. Habeck sagte, zwar habe Deutschland mit KI-Spezialisten wie Helsing und Drohnenentwicklern wie Quantum Systems stark positionierte Start-ups. Doch die Verzahnung mit dem Militär gelinge in den USA besser. Vor allem die US-Behörde Darpa hat es Habeck angetan: Sie saugt im Auftrag des Pentagon technologische Innovationen auf, um sie militärisch zu nutzen.

QOSHE - Robert Habeck in der Ukraine: Aufrüstung mit deutscher Hilfe - Michael Maier
menu_open
Columnists Actual . Favourites . Archive
We use cookies to provide some features and experiences in QOSHE

More information  .  Close
Aa Aa Aa
- A +

Robert Habeck in der Ukraine: Aufrüstung mit deutscher Hilfe

21 0
19.04.2024

Robert Habecks überraschende Reise nach Kiew in dieser Woche hatte vor allem einen Zweck: Der Bundeswirtschaftsminister will die Aufrüstung der Ukraine vorantreiben. Die Idee zu der Reise wurde, so ist im politischen Berlin zu hören, bei einem Rüstungsgipfel in Habecks Ministerium im März geboren. Habeck soll, so berichtet das US-Magazin Politico, die „Geduld mit dem Tempo der Hilfszusagen und Lieferungen“ verloren haben. Die Rüstungsfirmen hätten den Minister wegen seiner Entschlossenheit gelobt – und wurden offenbar gleich mit einer Teilnahme an der Reise belohnt. Laut Politico nahmen teil: Rheinmetall, Diehl (Luftabwehr), die FAE-Group (Minenräumfahrzeuge) und Quantum Systems (Aufklärungsdrohnen). Außerdem seien zwei Energie-Unternehmen mitgekommen, sie sollen „die dezentrale Stromerzeugung durch erneuerbare Energien für die Ukraine sichern“. Den Unternehmen wurde „absolutes Stillschweigen auferlegt“. Eine typische Antwort erhielt Politico auf Anfrage von Rheinmetall, wo man die Reise „nicht dementieren, aber auch nicht bestätigen“ wollte. Etwas auskunftsfreudiger war man bei Diehl Defence,........

© Berliner Zeitung


Get it on Google Play