Das Zittern geht weiter. Und das, obwohl doch alles so gut ausgesehen hatte. Mit 2:0 lag der 1. FC Union Berlin bereits in Führung. Bis in die Schlussphase schien der Trainerwechsel von Nenad Bjelica zu Marco Grote in einen Sieg zu münden. Doch ein Doppelpack in den letzten Minuten ließ Fans und Spieler des 1. FC Köln jubeln. Die Eisernen hingegen mussten nach der 2:3 (2:1)-Niederlage einen späten Nackenschlag hinnehmen und müssen weiterhin um den Klassenerhalt bangen. Als wäre dies nicht genug gewesen, rutschten die Eisernen nach dem 3:0-Sieg des FSV Mainz 05 gegen Borussia Dortmund am Samstagabend auf den Relegationsplatz ab und haben den direkten Klassenerhalt damit nicht mehr in eigener Hand.

Die jüngsten Wege des 1. FC Union Berlin und des 1. FC Köln sind enger miteinander verknüpft, als manch einer es noch im Kopf hat. Gemeinsam waren beide Vereine im Sommer 2019 aus der 2. Bundesliga aufgestiegen – die Kölner nahmen damals den direkten Weg, die Eisernen gelangten über die Relegation gegen den VfB Stuttgart erstmals in ihrer Vereinshistorie in die 1. Bundesliga.

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Während die Kölner ein sportliches Wechselbad erlebten, einmal den Abstieg nur über die Relegation verhindern konnten, um im darauffolgenden Jahr gemeinsam mit den Eisernen die Qualifikation für Europa schafften, ging es für die Köpenicker stets bergauf: Auf den sicheren Klassenerhalt im ersten Jahr folgten nacheinander die Qualifikation für die Conference -, die Europa - und die Champions League . Im fünften gemeinsamem Jahr im deutschen Oberhaus kulminierte der parallele Kampf gegen den Abstieg im direkten Duell nun in Köln.

Die Statistiken der vergangenen Jahre sprachen dabei im Vorfeld klar für die Eisernen: Keins der neun Bundesligaduelle hatten sie verloren, sieben davon gewonnen. Der „Effzeh“ wurde damit zum Lieblingsgegner der Eisernen, die auch das Hinspiel in dieser Saison 2:0 gewonnen hatten. Und auch in der Zweitliga-Saison 2018/19 holten die Köpenicker vier der sechs möglichen Punkte. Um auch das zehnte Aufeinandertreffen in der 1. Bundesliga nicht zu verlieren, wurde am Montag nochmal der Trainer getauscht, U19-Trainer Marco Grote interimsweise als Nachfolger für Nenad Bjelica installiert.

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Für das wichtige Spiel in Köln, welches bei Grote große Vorfreude auslöste, nahm der Trainer gleich mal ein paar Veränderungen vor. Der verletzte Kevin Vogt stand verletzungsbedingt an früherer Wirkungsstätte gar nicht im Kader. Dafür kam Robin Knoche erstmals seit dem Spiel Ende Februar gegen Heidenheim von Anfang an zum Einsatz, Jerome Roussillon stand zum ersten Mal seit dem Heimspiel gegen Borussia Dortmund vor zwei Monaten wieder in der Startelf. Zudem mussten Josip Juranovic, Lucas Tousart und Benedict Hollerbach im Vergleich zur Vorwoche auf die Bank, Kapitän Christopher Trimmel, Brenden Aaronson und der bereits erwähnte Roussillon ersetzten das Trio.

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Ohne echten Stürmer, als solche kann man Aaronson und Kevin Volland, die in vorderster Front zum Einsatz kamen, nicht sehen, startete der 1. FC Union Berlin abwartend und körperbetont. Die Kölner entwickelten sichtbar mehr Zug zum gegnerischen Tor, ohne den Kasten von Union-Torwart Frederik Rönnow ernsthaft in Gefahr zu bringen. Wie man es besser macht, zeigten die Unioner. Nach einer ersten Torannäherung gab es den ersten Eckball – eine Paradedisziplin der Eisernen in den vergangenen Jahren. Zumindest dann, wenn Trimmel sie getreten hatte. Diese Stärke war dem Kapitän in dieser Saison irgendwie abhandengekommen, aber im so wichtigen Spiel passte in der 15. Minute alles: Den perfekten getretenen Eckstoß verwandelte ausgerechnet Knoche zum 1:0 für die Unioner.

Und was einmal so gut klappte, war kurz danach das zweite Mal der Ausgangspunkt für einen Treffer der Eisernen. Nach einem abermaligen Eckball von Trimmel köpfte Khedira den Ball an die Hand von Kölns Faride Alidou – Schiedsricher Deniz Aytekin hatte keine andere Wahl, als auf den Elfmeterpunkt zu zeigen. Mit seinem mittig platzierten Strafstoß zum 2:0 (19.) schockte Volland 45.000 Zuschauer im Kölner Stadion, während die mitgereisten 5000 Anhänger des 1. FC Union Berlin in ihrem Block ausgelassen feierten.

Dieser schnelle Doppelpack zeigte auf beiden Seiten Wirkung: Den Unionern gab die Führung eine große Portion Sicherheit, Köln wirkte verunsichert und brachte offensiv über weite Strecken der ersten Hälfte nichts zustande. Es passte zu diesen ersten 45 Minuten, dass auch auf Kölner Seite ein Eckball der Ausgangspunkt für einen Treffer war. Nach dessen Ausführung hatte Khedira Kölns Verteidiger Timo Hübers zu Fall gebracht und Aytekin entschied zum zweiten Mal an diesem Nachmittag auf Elfmeter. FC-Kapitän Florian Kainz ließ sich die Chance nicht entgehen und traf in der 45. Minute zum 1:2-Anschluss.

An dieser Stelle muss zudem noch einmal auf die Anfangsphase und die Körperlichkeit der Unioner zurückgeblickt werden. Da hatte es Khedira nämlich in der vierten Minute gegen Waldschmidt etwas übertrieben und war glücklich ohne Gelbe Karte davon gekommen und dadurch Glück, dass er nach seinem Foul zum Elfmeter nicht mit Gelb-Rot vom Platz musste. Das hatte auch Grote erkannt und ersetzte den Mittelfeldspieler durch Janik Haberer. Im Saisonfinale gegen den SC Freiburg wird Khedira aber dennoch fehlen: Es war seine fünfte Gelbe Karte.

Das 1:2 kurz vor der Pause aber sollte das Spiel nicht nur vom Ergebnis, sondern auch im Verlauf ändern. Die Gastgeber kamen wieder druckvoll aus der Kabine und hatten in der 50. Minute durch Alidou die Chance auf das 2:0 – Glück in dieser Szene, dass der Mittelfeldspieler den Ball aus kurzer Distanz über das Union-Tor setzte. Eine Szene, die symbolisch für die Harmlosigkeit der Kölner in dieser Saison stand. Der verwandelte Elfmeter kurz vor der Pause war erst das 25. Kölner Tor im 33. Saisonspiel. Selbst Absteiger SV Darmstadt hat häufiger getroffen.

Das scherte am Sonnabend nach dem Schlusspfiff auf Kölner Seite niemanden. Weil der 1. FC Köln bis zum Abpfiff durch Steffen Tigges in der 88. Minute nicht nur den 26., sondern in der dritten Minute der Nachspielzeit durch Damion Downs auch noch den so dringend benötigten 27. Treffer erzielte und weiter auf den Klassenerhalt hoffen kann, muss der 1. FC Union Berlin weiter zittern. Ob sich die Wege des „Effzeh“ und der Eisernen nach dieser Saison trennen oder gemeinsam weitergehen, wird sich erst am letzten Spieltag entscheiden.

Nach dem Mainzer Sieg gegen Borussia Dortmund aber gibt es diesen gemeinsamen Weg nicht mehr in der 1. Bundesliga. Der 1. FC Köln kann im besten Fall nur noch auf den Relegationsplatz klettern, die Unioner haben ihrerseits den Klassenerhalt nicht mehr in eigener Hand. Für den direkten Verbleib in der Liga müssen sie auf eine Mainzer Niederlage am letzten Spieltag beim VfL Wolfsburg hoffen und ihr Heimspiel gegen den SC Freiburg gewinnen. Sollte Mainz punkten, ist für die Eisernen im Bestfall nur noch die Relegation möglich. Direkt absteigen würden sie nur, wenn sie gegen Freiburg verlieren, der 1. FC Köln in Heidenheim gewinnt und die Köpenicker ihre aktuell um drei Treffer bessere Tordifferenz verspielen. Nach diesem Szenario hatte es bis wenige Minuten vor dem Abpfiff in Köln nun wirklich nicht ausgesehen.

QOSHE - 1. FC Union Berlin hat den direkten Klassenerhalt nicht mehr in eigener Hand - Nils Malzahn
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1. FC Union Berlin hat den direkten Klassenerhalt nicht mehr in eigener Hand

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11.05.2024

Das Zittern geht weiter. Und das, obwohl doch alles so gut ausgesehen hatte. Mit 2:0 lag der 1. FC Union Berlin bereits in Führung. Bis in die Schlussphase schien der Trainerwechsel von Nenad Bjelica zu Marco Grote in einen Sieg zu münden. Doch ein Doppelpack in den letzten Minuten ließ Fans und Spieler des 1. FC Köln jubeln. Die Eisernen hingegen mussten nach der 2:3 (2:1)-Niederlage einen späten Nackenschlag hinnehmen und müssen weiterhin um den Klassenerhalt bangen. Als wäre dies nicht genug gewesen, rutschten die Eisernen nach dem 3:0-Sieg des FSV Mainz 05 gegen Borussia Dortmund am Samstagabend auf den Relegationsplatz ab und haben den direkten Klassenerhalt damit nicht mehr in eigener Hand.

Die jüngsten Wege des 1. FC Union Berlin und des 1. FC Köln sind enger miteinander verknüpft, als manch einer es noch im Kopf hat. Gemeinsam waren beide Vereine im Sommer 2019 aus der 2. Bundesliga aufgestiegen – die Kölner nahmen damals den direkten Weg, die Eisernen gelangten über die Relegation gegen den VfB Stuttgart erstmals in ihrer Vereinshistorie in die 1. Bundesliga.

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Während die Kölner ein sportliches Wechselbad erlebten, einmal den Abstieg nur über die Relegation verhindern konnten, um im darauffolgenden Jahr gemeinsam mit den Eisernen die Qualifikation für Europa schafften, ging es für die Köpenicker stets bergauf: Auf den sicheren Klassenerhalt im ersten Jahr folgten nacheinander die Qualifikation für die Conference -, die Europa - und die Champions League . Im fünften gemeinsamem Jahr im deutschen Oberhaus kulminierte der parallele Kampf gegen den Abstieg im direkten Duell nun in Köln.

Die Statistiken der vergangenen Jahre........

© Berliner Zeitung


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