Es ist ein lauer Maiabend in Mitte. Die Gastronomen stellen Klappstühle und Bierbänke auf die Gehwege, denn ihre Gäste wollen jetzt draußen sitzen. Auch uns zieht es raus. Doch wir wollen nach oben aufs Dach; unser Ziel ist die neue Rooftop-Bar im ehemaligen Tacheles, das jetzt das Privatmuseum Fotografiska ist. Dort kann man gegen Abend über die Stadt gucken, mit einem fancy Drink in der Hand.

Das alte Tacheles-Gebäude in der Oranienburger Straße hat immer noch die Aura einer Ruine. Doch es ist von den Schweizer Architekten Herzog & de Meuron vorsichtig verarztet worden. Sie haben die Risse gekittet und die offenen Stellen mit teurem Glas verschlossen, auf das Dach haben die Star-Architekten eine kleine, graue Pyramide gesetzt. Unter dem Zinkstahlhütchen wurde noch gewerkelt, als die Ausstellungsräume, das Café und das Restaurant in den unteren Geschossen im September schon eröffnet hatten.

Mitte März war es dann auch auf dem Dach so weit. Die Rooftop-Bar feierte ihren Einstand als die krönende gastronomische Einrichtung im Haus. Damals waren die Uhren noch auf Winterzeit gestellt und die Sonne ging früh unter; wenn die Bar um 19 Uhr aufmachte, war der Himmel schon schwarz. Nun wollen wir das Ganze unbedingt noch einmal im Hellen begutachten.

09.05.2024

gestern

•vor 6 Std.

Gegen 19.30 Uhr finden wir uns vor dem Fotografiska-Gebäude ein. Knapp eine Stunde später ist laut App der Sonnenuntergang angekündigt. Perfektes Timing. Am Eingang, der sich im großen Torbogen des Hauses befindet, werden wir von einer Türsteherin in Empfang genommen und mit dem Fahrstuhl ins Dachgeschoss geschickt. Dort angekommen, begrüßt uns eine zweite Dame, die uns in die Bar führt. Für Berliner Verhältnisse wirkt das recht förmlich, doch bei Rooftop-Bars ist das meistens so – zumal sie in Berlin fast immer zu Hotels gehören.

Die zweite Türsteherin erläutert kurz das Konzept der Bar: Die Cocktails seien alle von der Kunst inspiriert, erklärt sie, denn schließlich sei das hier ja ein Museum. Uns ist das eigentlich egal, Hauptsache die Drinks schmecken. Von weitem winkt Mahdi, der an diesem Abend als Barmanager fungiert. Er trägt ein Headseat. Man muss die Verbindung zu den anderen Restaurants im Haus halten, erklärt man uns später, ob noch Platz sei, wenn jemand aus dem Restaurant nach oben kommen wolle und so weiter.

Das Restaurant heißt übrigens nicht Klaus oder Thomas, sondern Verōnika – weil das die Schutzpatronin der Fotografie und Fotografiska ein Fotomuseum ist. Warum die Rooftop-Bar Clara heißt, vergessen wir zu fragen.

Bevor wir etwas trinken, schauen wir uns noch einmal genauer um. Der kleine Raum unter dem Dach wirkt gediegen und gemütlich. Er hat einen wunderschönen Holzfußboden, ein in Zickzack verlegtes Parkett. Darauf thront als zentrales Element eine organisch geformte Sitzinsel aus Samt, um die kleine Tische und Höckerchen aus dem Boden wachsen. Gegenüber dem Eingang schlängelt und windet sich der Tresen in dunkler Terrazzo-Optik. Über allem schwebt die gewölbte Decke wie ein Zirkuszelt, das an den Seiten den Blick durch bodentiefe Glasfenster über die Dächer des Scheunenviertels freigibt. Und dieser Blick ist wirklich beeindruckend.

Wir gehen raus auf die Terrasse. Vom Dach geschützt kann man hier fast um die gesamte Bar herumlaufen. Auch draußen stehen Sitzmöbel. Hier bleiben wir. Und schauen zu, wie die untergehende Sonne einen Weichmacher über Mitte legt. Sind wir noch in Berlin oder schon im Urlaub? Wir lieben es.

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Mahdi sagt, dass draußen nicht bedient werde. Er macht es dann aber trotzdem, weil er nett ist und wir uns von dem Sofa nicht mehr wegbewegen. Er serviert uns köstliche Drinks, die er aus unseren wirren Beschreibungen bevorzugter Geschmacksnoten herausgelesen hat. So etwas macht den wahren Bar-Profi aus: dass er auch Gästen, die sich nicht hauptberuflich mit dem Cocktailtrinken beschäftigen, den passenden Drink mixen kann. Meine Begleitung bekommt einen dekonstruierten Negroni, ich eine schaumige Sour-Kreation auf Sakebasis. Bravo!

Die Musik plätschert dahin und wir schauen der Sonne dabei zu, wie sie langsam untergeht. Drinnen füllt es sich nun, ab 21 Uhr werden auf der Website auch Reservierungen angeboten. Wahrscheinlich wird es dann voller. Jetzt jedenfalls ist es noch angenehm leer.

Dabei ist der Sonnenuntergang doch die beste Zeit, hier oben auf dem Museumsdach zu sitzen – finden meine Begleitung und ich zumindest. Glücklich schauen wir in den pinken Himmel und sind froh, dass es diesen schönen neuen Ort jetzt gibt. Endlich hat Mitte eine anständige Rooftop-Bar, die sogar das Zeug hat, eine der besten der Stadt zu werden. Sowohl aufgrund der Atmosphäre als auch der Drinks.

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Als es dunkel wird, gehen wir. Wir durchschreiten das Zirkuszelt in Richtung Ausgang und werfen noch einen letzten Blick auf die Gäste. Sie sehen alle attraktiv und gut angezogen aus. Auch das passt also. Alle Fragen sind beantwortet, bis auf zwei: Warum haben wir nicht diese leckeren Nüsse bekommen, die laut Karte in der ersten Runde aufs Haus serviert werden? Und warum heißt die Bar nun eigentlich Clara?

Bar Clara im Fotografiska Berlin. Oranienburger Str. 54, 10117 Berlin-Mitte. Di-Sa ab 19 Uhr, geschlossen wird laut Website, „wenn das letzte Glas leer ist“. Für Reservierungen hier entlang.

QOSHE - Drinks auf dem Dach: Was kann Berlins neue Rooftop-Bar im Museum Fotografiska? - Sabine Röthig
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Drinks auf dem Dach: Was kann Berlins neue Rooftop-Bar im Museum Fotografiska?

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12.05.2024

Es ist ein lauer Maiabend in Mitte. Die Gastronomen stellen Klappstühle und Bierbänke auf die Gehwege, denn ihre Gäste wollen jetzt draußen sitzen. Auch uns zieht es raus. Doch wir wollen nach oben aufs Dach; unser Ziel ist die neue Rooftop-Bar im ehemaligen Tacheles, das jetzt das Privatmuseum Fotografiska ist. Dort kann man gegen Abend über die Stadt gucken, mit einem fancy Drink in der Hand.

Das alte Tacheles-Gebäude in der Oranienburger Straße hat immer noch die Aura einer Ruine. Doch es ist von den Schweizer Architekten Herzog & de Meuron vorsichtig verarztet worden. Sie haben die Risse gekittet und die offenen Stellen mit teurem Glas verschlossen, auf das Dach haben die Star-Architekten eine kleine, graue Pyramide gesetzt. Unter dem Zinkstahlhütchen wurde noch gewerkelt, als die Ausstellungsräume, das Café und das Restaurant in den unteren Geschossen im September schon eröffnet hatten.

Mitte März war es dann auch auf dem Dach so weit. Die Rooftop-Bar feierte ihren Einstand als die krönende gastronomische Einrichtung im Haus. Damals waren die Uhren noch auf Winterzeit gestellt und die Sonne ging früh unter; wenn die Bar um 19 Uhr aufmachte, war der Himmel schon schwarz. Nun wollen wir das Ganze unbedingt noch einmal im Hellen begutachten.

09.05.2024

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Gegen 19.30 Uhr finden wir uns vor dem Fotografiska-Gebäude ein.........

© Berliner Zeitung


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