Die internationalen Großkonflikte standen am Dienstag auf der Tagesordnung beim Treffen des russischen Außenministers Sergej Lawrow mit seinem chinesischen Amtskollegen Wang Yi in Peking.

In Bezug auf den Krieg in der Ukraine steht China weiterhin an der Seite Russlands. „Wir haben die aktuelle Situation rund um die Ukraine-Krise besprochen“, sagte Lawrow bei einer gemeinsamen Pressekonferenz laut der russischen Nachrichtenagentur Tass. Die Friedensforderung der ukrainischen Regierung, wonach zuerst sämtliche russischen Truppen aus der Ukraine abgezogen werden müssten, bezeichnete Lawrow als „von der Realität abgekoppelt“ und „zwecklos“. In diesem Punkt sei er sich mit seinem chinesischen Amtskollegen einig.

Moskau sei Peking für seine „unvoreingenommene und ausgewogene Haltung“ gegenüber der Ukraine sowie für die Bereitschaft dankbar, eine positive Rolle bei der Lösung der Krise mit politischen und diplomatischen Mitteln zu spielen, sagte Lawrow. Die chinesische Friedensinitiative lobte er als „Plan zur Bekämpfung der Grundursachen des Ukraine-Konflikts“. Dieser beinhalte die „Gewährleistung unteilbarer Sicherheit, auch in Europa und auf der ganzen Welt“.

Die chinesische Regierung hatte im Februar 2023 einen Zwölf-Punkte-Plan zur Beendigung des Ukraine-Kriegs vorgelegt, der unter anderem die „Respektierung der Souveränität aller Länder“ vorsieht – eine durchaus gegen Russland gerichtete Forderung. Aber auch eine „Abkehr von der Mentalität des kalten Krieges“ und „nicht die Ausweitung von Militärblöcken“ wird gefordert – worunter eine Kritik an der Nato-Osterweiterung verstanden werden kann.

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In Deutschland stößt der chinesische Friedensplan bislang auf Ablehnung. Die Direktorin für Policy & European Affairs und Head of Program Foreign Relations am deutschen Mercator Institute for China Studies (Merics), Abigaël Vasselier, sagte der Berliner Zeitung: „Da China die russischen Kriegsanstrengungen unterstützt, wird Peking nicht als neutraler Partner angesehen, der das Vertrauen beider Seiten für eine Vermittlung hätte.“

Außerdem verfüge Peking weder über die Kapazitäten noch über das Know-how, um eine solch schwierige Vermittlungsarbeit zu leisten. „Zum jetzigen Zeitpunkt sollte sich Europa darauf konzentrieren, wie es verhindern kann, dass China seine politische und wirtschaftliche Unterstützung für Russland ausweitet und damit Moskaus Krieg gegen die Ukraine einen Rettungsanker bietet“, sagte Merics-Expertin Vasselier.

Während Russland einen blutigen Krieg in der Ukraine kämpft, droht China eine Eskalation im Indopazifik. „Wir haben viel über die Notwendigkeit gesprochen, Sicherheit und Stabilität im asiatisch-pazifischen Raum zu gewährleisten, wo die USA weiterhin eine Politik privater militärischer und politischer Allianzen mit begrenzter Mitgliederzahl verfolgen, die sich unter anderem eindeutig gegen China und Russland richtet“, sagte Lawrow.

Washington verfolge das Ziel, die bestehende Sicherheitsarchitektur in der Region zu zerstören, die auf gegenseitigem Respekt der beteiligten Staaten basiere. „All dies passt nicht zu den USA und ihren Verbündeten, deshalb propagieren sie hier ihre blockbasierten Ansätze und betonen insbesondere die Notwendigkeit, dass das Nordatlantische Bündnis in die Region eindringt“, sagte der russische Außenminister.

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„In einem breiteren Kontext haben wir Meinungen über die Aussichten für die Schaffung einer neuen Sicherheitsarchitektur in Eurasien ausgetauscht, während die euroatlantischen Mechanismen weiterhin verfallen und sich selbst zerstören“, sagte Lawrow.

Im Gespräch mit der Berliner Zeitung erläuterte Gao Jian, Experte am China Forum des renommierten chinesischen Think Tank Center for International Security and Strategy at Tsinghua University (CISS), den chinesischen Standpunkt: „Der Krieg zwischen Russland und der Ukraine dauert nun schon zwei Jahre, und die europäischen Länder, insbesondere Deutschland, haben große Opfer gebracht.“ China sei nicht direkt involviert und habe nicht die Absicht, von dem Krieg zu profitieren, so Gao, der als Professor an der Shanghai International Studies University tätig ist. „China hat sich aktiv für Friedensgespräche und eine politische Beilegung des Krieges eingesetzt.“

Insbesondere die US-Regierung verlangt von China, den Handel mit Russland zu drosseln. Washington argumentiert, chinesische Zulieferer würden das russische Militär unterstützen. US-Finanzministerin Janet Yellen hatte bei einer sechstägigen Visite in China am Samstag Peking vor „deutlichen Konsequenzen“ gewarnt, falls chinesische Unternehmen den russischen Krieg in der Ukraine unterstützen sollten.

Sicherheitsexperte Gao weist die Anschuldigungen von sich: „China und Russland unterhalten normale Handelsbeziehungen, und der internationale Handel ist das legitime Recht der chinesischen Regierung und chinesischer Unternehmen“, sagte er der Berliner Zeitung. „Als verantwortungsbewusstes Land kontrolliert die chinesische Regierung die Exporte nach Russland in Übereinstimmung mit internationalen Gesetzen und Vorschriften streng, und China hat Russland nie militärisch unterstützt.“ China werde niemals zulassen, dass irgendein Land die nationale Souveränität und die wirtschaftlichen Interessen Chinas verletze.

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Auch China-Expertin Vasselier vom deutschen Merics-Institut ist skeptisch, ob die amerikanischen Drohungen ihre Wirkung entfalten werden. „Es ist unwahrscheinlich, dass China seine Unterstützung für Russland angesichts des zunehmenden politischen Drucks seitens der USA verringern wird“, sagte sie der Berliner Zeitung.

„Zum jetzigen Zeitpunkt ist die chinesische Führung der Ansicht, dass sie die europäischen und amerikanischen roten Linien einhält, indem sie keine tödlichen Waffen an Russland liefert, und dass die wirtschaftlichen und politischen Kosten für die Unterstützung Russlands überschaubar sind.“ Sie plädierte dafür, den Druck auf China zu erhöhen. „Damit Peking seinen Ansatz zur Unterstützung Russlands ändert, müssten sowohl die USA als auch die EU ihre roten Linien ändern und die Kosten für die Unterstützung Russlands durch China erhöhen“, sagte die Merics-Expertin.

In China werden auch die umfassenden Sanktionen, die von den USA gegen Russland verhängt worden sind, scharf kritisiert. „Ich glaube, der Umstand, dass das Dollar-Zahlungssystem als Waffe eingesetzt wird, hat dem Ansehen der Vereinigten Staaten in der internationalen Finanzwelt schweren Schaden zufügt und den wirtschaftlichen Interessen der Länder, die normalen Handel mit Russland treiben, unmittelbar geschadet“, sagte CISS-Experte Gao der Berliner Zeitung.

Auch die Wirtschafts- und Handelsbeziehungen zwischen China und Russland hätten bis zu einem gewissen Grad gelitten. Aus diesem Grund müsse der Handel zwischen Ländern wie China, Russland und Indien in den eigenen Währungen abgewickelt werden. „Zugegebenermaßen hat dies bis zu einem gewissen Grad auch die Suche nach alternativen Abwicklungsmechanismen unter den Mitgliedern des Brics-Systems beschleunigt“, sagte Gao.

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Auch die Pläne für ein alternatives Welthandelssystem nähmen zunehmend Gestalt an. „Russland ist der Gastgeber des diesjährigen Brics-Treffens, und China wird in diesem Jahr Gastgeber der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit sein“, erläuterte Gao vom chinesischen CISS-Think-Tank. „Soweit ich weiß, ist Russland fest entschlossen, die Entwicklung des Mechanismus zum Austausch digitaler Währungen innerhalb der Brics zu beschleunigen.“

Kurzfristig seien alternative, weltweite Finanzmechanismen für die Begleichung von Dollar-Forderungen zwar nicht praktikabel. Es sei jedoch zu erwarten, dass innerhalb der Brics-Staaten ein Mechanismus zur Abrechnung digitaler Währungen beschleunigt eingerichtet werde, so Gao. „Die Brics-Länder haben einen sehr großen internationalen Einfluss in der Lebensmittel- und Energiewirtschaft, und es ist möglich, einen vom US-Dollar unabhängigen Abrechnungsmechanismus auf der Grundlage des Rohstoffhandels zu schaffen.“

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