Wer den Raum betritt, sieht eine ganze Reihe von Liegen, doch geruht wird hier keinesfalls. Im Gegenteil: Die Liegen sind Teil der Sportart Reformer-Pilates, die momentan so hip ist wie schon seit Jahrzehnten nicht mehr.

Hollywood-Stars wie Harry Styles und Jennifer Aniston, das ewige It-Girl Kim Kardashian und Sängerin Selena Gomez – sie alle praktizieren die Reformer-Methode und haben der Sportart einen ordentlichen Bekanntheitsschub verpasst. Aber was ist an dieser überhaupt neu und was ist dran am Hype? Wir haben die aktuelle Lieblingsfitness-Betätigung der Promis unter die Lupe genommen und das gerade eröffnete Beyond Studio in Berlin-Charlottenburg getestet.

Beim Reformer-Pilates steht vor allem einer im Mittelpunkt – der Reformer. Er ist nicht nur der Namensgeber der Reformer Class, sondern auch ein vielseitiges Trainingsgerät. Nämlich die oben erwähnte Liege. Optisch erinnert der Reformer auch an einen Bettkasten. Er ist nur etwas schmaler und nicht ganz so lang. Im Inneren des Kastens ist ein beweglicher Schlitten auf Schienen eingelassen, an dem verschieden starke Federn befestigt sind. Mit diesen Federn lässt sich einstellen, wie intensiv die Reformer Class werden soll.

Wird beispielsweise eine rote Feder eingehängt, dann erhöht sich der Widerstand und es muss deutlich mehr Kraft aufgebracht werden, um den Schlitten auf den Schienen bewegen zu können. Das ist aber noch nicht alles. Neben den Federn, im Bauch des Reformers, sind Schlaufen angebracht, und diese sind mit Schnüren verbunden. Sobald ein Bein oder ein Arm in die Schlaufe eingehängt wird, zieht man den Schlitten mithilfe der Schnüre von der einen zur anderen Seite.

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Hört sich kompliziert an? Ist es im ersten Moment auch. Trainerin Kristi nimmt sich aber extra viel Zeit und steht den Neulingen zur Seite. Während der 55-minütigen Pilates-Stunde läuft Kristi von Reformer zu Reformer, korrigiert die Körperhaltung und gibt Tipps. Sie ist ein absoluter Profi, praktiziert Reformer-Pilates schon seit zehn Jahren und arbeitete acht Jahre als Trainerin in New York.

„Es ist schon seltsam, dass Reformer-Pilates in Amerika seit Jahren eine etablierte Sportart ist und erst jetzt nach Deutschland kommt“, erklärt sie. An diesem Sonntag sind beide Trainingsstunden mit Kristi als Kursleiterin ausgebucht, die Nachfrage ist riesig. Doch neu ist die Reformer-Methode nicht, und sie wurde auch nicht in einem fernen Land erfunden, sondern in Deutschland.

Joseph Hubertus Pilates, Namensgeber und Erfinder des Ganzkörpertrainings, wurde 1883 in Mönchengladbach geboren. Bereits als Kind soll er Yoga praktiziert haben. Nach einigen Jahren ersann Pilates eigene Übungen und stellte Geräte aus Bettfedern her, die er in seine Trainingsstunden integrierte. Er gab der Methode den Namen „Contrology“.

In den folgenden Jahren entwickelte er die Methode weiter und eröffnete 1927 ein eigenes Studio in New York – das „Body Conditioning Gym.“ Schon damals beschäftigte sich Pilates intensiv mit Lösungen zur Reduzierung von Stress und Bewegungsmangel, veröffentlichte zwei Bücher und baute sich einen großen Kundenstamm auf. Der internationale Erfolg blieb aber aus.

Nach seinem Tod wird das Studio in „The Pilates Studio“ umbenannt. Ehemalige Schüler des verstorbenen Joseph Pilates – die „Elders“ – unterrichten im Studio und sorgen dafür, dass die Methode weiterverbreitet wird. Mittlerweile ist Pilates aus der Sportwelt nicht mehr wegzudenken und gilt als effektive Trainingsmethode für Körper und Geist. So will es jedenfalls das Pilates-Konzept.

Die Reformer-Methode ist somit die ursprüngliche Trainingsform und wird von Kennern als „klassisches“ Pilates bezeichnet. In Europa und Deutschland wird Pilates aber bis heute überwiegend mit einer Sportmatte praktiziert und ohne einen Reformer. Hierbei handelt es sich jedoch um die sogenannte zeitgenössische Variante. Die Übungen wurden durch die Yogalehre inspiriert und weiterentwickelt.

Der größte Unterschied beider Pilates-Arten liegt im benötigten Kraftaufwand. Beim Mattentraining wird die Muskulatur nur durch das eigene Körpergewicht beansprucht. Durch die am Reformer angebrachten Federn und den dadurch erzeugten zusätzlichen Widerstand muss deutlich mehr Kraft aufgebracht werden. Die Reformer Class kann somit individuell gestaltet werden. Zusätzliches Equipment, das während des Trainings zum Einsatz kommt, sind Gummibälle, kleine Gewichte oder eine mit Leder verkleidete Holzbox.

In der Teststunde wurden vor allem der Oberkörper und die Beine trainiert. Trainerin Kristi erklärt, dass die Übungen aber jedes Mal variieren. In den Anfängerkursen liegt der Fokus zuerst auf der Haltung und der richtigen Ausführung. „Neulinge müssen sich erst mal an den Reformer gewöhnen und werden dann sehr schnell merken, wie effektiv das Training ist“, sagt Kristi.

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Die Trainerin wird recht behalten. Nach knapp einer Stunde wurde jeder Muskel beansprucht und trotzdem ist man nicht vollkommen erledigt. Das mag auch daran liegen, dass nicht nur die eigene Körperwahrnehmung eine Rolle spielt. Jede Übung geht mit einer bewussten und tiefen Ein- oder Ausatmung einher. Werden die Beine angewinkelt und der Oberkörper nach oben gepresst, dann wird bei jedem Crunch eingeatmet und beim Zurücklehnen geräuschvoll ausgeatmet. Die sogenannte Mind-Muscle-Connection, das bewusste Wahrnehmen des Muskels, wird dadurch gezielt trainiert.

Und wie oft sollte man zur Reformer Class gehen? Das hängt ganz davon ab, welche Ziele man verfolgt. Wer seine Haltung verbessern möchte und langsam, aber sicher seine Muskulatur trainieren will, der sollte zwei- bis dreimal die Woche am Reformer trainieren. Dadurch hat der Körper die Möglichkeit, sich an die Übungen zu gewöhnen und gleichzeitig können sich die Muskeln entspannen und ausreichend regenerieren.

Zusätzliche Entspannung bietet das Ambiente im Beyond Studio. Der Trainingsraum ist zwar klein, aber lichtdurchflutet. Im hinteren Bereich befinden sich Duschen, Umkleideräume und holzverkleidete Schließfächer. Hier riecht es nicht nach Schweiß, sondern nach Vanille und Sheabutter. Der Fitnessstudiobesuch gleicht einem luxuriösen Spa-Aufenthalt. Besser geht’s kaum.

Fazit: Wer keine Freude an einem Hardcore-Workout inklusive Schnappatmung hat, der wird die Reformer-Methode lieben. Das Training ist zwar langsam, aber trotzdem intensiv und effektiv. Und wer die Pilates-Matte nicht für immer im Schrank lassen will, der kann sich im Beyond Studio in Charlottenburg auch eine Yoga-Session buchen. Wer das Studio zum ersten Mal besucht, der bezahlt für zwei Pilates-Kurse 35 Euro. Danach kostet der Besuch 24 Euro pro Session.

Beyond Studio Charlottenburg: Pestalozzistraße 56, 10627 Berlin. Die Öffnungszeiten variieren täglich und werden auf der Website bekannt gegeben.

QOSHE - Der Lieblingssport der Hollywood-Stars erobert Berlin: Reformer-Pilates im Test - Sophie-Marie Schulz
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Der Lieblingssport der Hollywood-Stars erobert Berlin: Reformer-Pilates im Test

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14.03.2024

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Wird beispielsweise eine rote Feder eingehängt, dann erhöht sich der Widerstand und es muss deutlich mehr Kraft aufgebracht werden, um den Schlitten auf den Schienen bewegen zu können. Das ist aber noch nicht alles. Neben den Federn, im Bauch des Reformers, sind Schlaufen angebracht, und diese sind mit Schnüren verbunden. Sobald ein Bein oder ein Arm in die Schlaufe eingehängt wird, zieht man den Schlitten mithilfe der Schnüre von der einen zur anderen Seite.

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