Andy Warhol schrieb in seinen Tagebüchern mal, der Auftritt von Diana Ross im Central Park im Herzen von Manhattan - das sei das Monumentalste, was er jemals gesehen hätte. Ross sang, als ein apokalyptisches Drama-Donnerwetter aufzog, und sie sang immer weiter bei diesem Gegenwind (härter als jede denkbare künstliche Windmaschine), bis das Konzert irgendwann doch abgebrochen werden musste.

Und nicht nur auf Andy Warhol hat Diana Ross, die große Motown-Queen, die am 26. März 80 Jahre alt geworden ist, offenbar bleibenden Eindruck hinterlassen: Die vergleichsweise junge Berliner Band Angelic Milk widmet ihr sogar einen Song. Er trägt den unmissverständlichen Titel „Diana Ross“.

Spoiler: Klanglich handelt es sich bei der Nummer nicht etwa um einen Diana-Ross-artigen Disco-Tanzbodenknaller, sondern um eher wolkig als heiteren Indie-Pop. Doch wovon singt Sarah Persephona in dem Lied eigentlich, begleitet von Jura Titov und Vitaly Zimin an den Drums und auf der Gitarre?

Im Kern geht es (wie in fast allen guten Liedern seit Walther von der Vogelweide vor 800 Jahren) um eine unerfüllte Liebe: Das lyrische Ich in „Diana Ross“ singt davon, wie es jeden Morgen, na klaro, Diana Ross hört. Möglicherweise im Radio oder auf Platte oder als Handy-Wecker, das bleibt offen. O-Ton aus dem Angelic-Milk-Song: „And Diana Ross is singing 'Someday We’ll be together'“. Also das elegant streicherflankierte Philly-Soul-Lied, das Diana Ross 1969 noch mit ihrer Band The Surpremes aufgenommen hat.

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22.03.2024

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24.03.2024

24.03.2024

Wobei der Twist bei Angelic Milk (zu deutsch: Engelsmilch) gerade darin besteht, dass das Diana Ross'sche Versprechen für die Beziehung zwischen lyrischem Ich und lyrischem Du in „Diana Ross“ gerade nicht zu gelten scheint: „But I kind of dealt with the fact that this song is not about You and me“, singt Sarah Persephona: Sie habe sich mehr oder weniger damit abgefunden, dass dieses Lied („Someday We’ll be together“) „nicht von dir und mir“ handelt. Klartext: Das mit uns beiden wird nichts mehr, aber ist schon ok.

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Das mit Diana Ross und Berlin wird leider auch erst mal nichts mehr. Aber: Hardcore-Fans reisen natürlich ins dänische Skanderborg (10. August) und/oder nach Amsterdam (11. August) zu den Diana-Ross-Liveshows. Ziemlich sicher wird sie dort auch ihren größten Hit, die auch bei vielen Queer-Partys beliebte Hymne „I'm Coming Out“ spielen.

Nile Rodgers, der den Song geschrieben hat, inspiriert von als Diana Ross gestylten Drag-Queens, hat übrigens mal zu Papier gegeben, dass es Diana Ross ursprünglich, als sie den Song im Studio einsang, gar nicht bewusst gewesen sei, was ein Coming-Out überhaupt ist. Ein bisschen fies von Nile Rodgers, dass er sie so hat auflaufen lassen. Fies wie das Leben voller unerwiderter Lieben. Da hilft nur: Angelic Milks „Diana Ross“ hören. Oder gleich das Original. In jedem Fall: Glückwunsch, Diana, „girl, you turn us /
inside out / and round and round“.

QOSHE - Disco-Diva Diana Ross wird 80: Diese Berliner Band widmet ihr einen Song - Stefan Hochgesand
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Disco-Diva Diana Ross wird 80: Diese Berliner Band widmet ihr einen Song

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26.03.2024

Andy Warhol schrieb in seinen Tagebüchern mal, der Auftritt von Diana Ross im Central Park im Herzen von Manhattan - das sei das Monumentalste, was er jemals gesehen hätte. Ross sang, als ein apokalyptisches Drama-Donnerwetter aufzog, und sie sang immer weiter bei diesem Gegenwind (härter als jede denkbare künstliche Windmaschine), bis das Konzert irgendwann doch abgebrochen werden musste.

Und nicht nur auf Andy Warhol hat Diana Ross, die große Motown-Queen, die am 26. März 80 Jahre alt geworden ist, offenbar bleibenden Eindruck hinterlassen: Die vergleichsweise junge Berliner Band Angelic Milk widmet ihr sogar einen Song. Er trägt den unmissverständlichen Titel „Diana Ross“.

Spoiler: Klanglich handelt es sich bei der Nummer nicht etwa um einen Diana-Ross-artigen........

© Berliner Zeitung


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