Nun findet die Feier also doch statt. Das war zwischenzeitlich gar nicht so klar. Im Dezember 2023 wurden die Vorbereitungen zur jüdisch geprägten Technoparty Karneval de Purim von einer Absage überschattet: Eine Person namens Kim, die für den Veranstaltungsort Zenner in Treptow arbeitet, schrieb dem Karneval-de-Purim-Partyveranstalter Roy S. (der seinen vollen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte): „Ich finde es ziemlich unglaublich, dass Sie unter den aktuellen Umständen einen jüdischen Karneval feiern wollen. Nehmen Sie es nicht persönlich, aber: nicht im Zenner.“

Nachdem Roy S. die Nachricht auf Social Media publik gemacht hatte, bekam das Zenner einen Shitstorm. Es folgten eine öffentliche Entschuldigung – und das Angebot, die Purimsparty nun doch im Zenner zu begehen; was Roy S. jedoch ausschlug. Die Umstände waren dann doch zu ernst. „Jüdische Feiertage“, sagte der Party-Veranstalter vor wenigen Tagen der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS), „drehen sich im Wesentlichen um die Idee, dass wir beinahe ausgelöscht worden wären.“

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Auch im Fall von Purim ist das so: Im Buch Esther des jüdischen Tanach ist zu lesen, dass Haman, der höchste Beamte des persischen Königs, damals alle Juden ermorden lassen wollte. Esther konnte dies laut Überlieferung noch abwenden; die Juden rächten sich folglich an ihren Feinden, brachten 75.000 ihrer Gegner um. Diese tradierte jüdische Gegengewalt wurde immer wieder für Propagandazwecke benutzt, in Nazi-Deutschland rechtfertige man auf diese Weise sogar die Reichspogromnacht.

19.03.2024

•gestern

•vor 5 Std.

•vor 55 Min.

19.03.2024

An sich ist Purim im jüdischen Festkalender ein ausgesprochen fröhliches Fest. Es wird viel Wein getrunken, man verkleidet sich. Doch nur wenige Monate nach dem Überfall der Hamas auf Israel und den israelischen Gegenangriffen auf Gaza, wird die Party offenbar anders wahrgenommen als in der Dekade zuvor. Einst hatte Roy S. sie als Studentenparty gestartet, bevor sie zur Institution wurde. Das Booking für seinen Karneval de Purim sei dieses Jahr besonders schwierig gewesen, erzählte Roy S. der FAS: Die Künstler hätten Angst, als proisraelisch zu gelten und deshalb gecancelt zu werden.

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Dabei versteht sich Roy S. selbst als links und kritisch gegenüber der israelischen Regierung: „Was in Gaza gerade passiert, ist der Horror“, sagte er der FAS. Mitgefühl und Solidarität mit den Palästinensern dürften aber nicht dazu führen, Israel das Existenzrecht abzusprechen. „Es ist absurd, dass eine Szene, die sich als links, queer und progressiv versteht, sich mit einer Terrororganisation identifiziert, die das Gegenteil der eigenen Werte vertritt“, sagte Roy S. der FAS mit Blick auf die Hamas und sicher auch auf Leute wie Judith Butler, die die blutigen Terrormethoden der Hamas zu legitimieren versuchen.

Dass der Karneval de Purim doch noch stattfinden kann, liegt auch am Friedrichshainer Club Renate: Die werden die Technofete nun bei sich beherbergen, unter verstärkten Sicherheitsmaßnahmen. Zwei Dutzend DJs haben sich angekündigt. Auch der einst als Viva-Moderator bekannt gewordene Markus Kavka und der Schriftsteller, Comedian und Musiker Shahak Shapira wollen auflegen. Ob dort dann so sorglos wie sonst bei Purim gebechert wird? Die traditionellen Haman-Gebäcktaschen jedenfalls hat Roy S. schon geordert: 1300 Stück. Eine für jeden Gast, zur Feier des Tages.

Karneval de Purim. Renate, Alt-Stralau 70, Samstag, 23. März, 23 Uhr, bis Sonntag, 24. März, 9 Uhr, Tickets ab 23 Euro

QOSHE - Karneval de Purim: Markus Kavka und Shahak Shapira kommen zum jüdischen Fest in die Renate - Stefan Hochgesand
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Karneval de Purim: Markus Kavka und Shahak Shapira kommen zum jüdischen Fest in die Renate

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21.03.2024

Nun findet die Feier also doch statt. Das war zwischenzeitlich gar nicht so klar. Im Dezember 2023 wurden die Vorbereitungen zur jüdisch geprägten Technoparty Karneval de Purim von einer Absage überschattet: Eine Person namens Kim, die für den Veranstaltungsort Zenner in Treptow arbeitet, schrieb dem Karneval-de-Purim-Partyveranstalter Roy S. (der seinen vollen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte): „Ich finde es ziemlich unglaublich, dass Sie unter den aktuellen Umständen einen jüdischen Karneval feiern wollen. Nehmen Sie es nicht persönlich, aber: nicht im Zenner.“

Nachdem Roy S. die Nachricht auf Social Media publik gemacht hatte, bekam das Zenner einen Shitstorm. Es folgten eine öffentliche Entschuldigung – und das Angebot, die Purimsparty nun doch im Zenner zu begehen; was Roy S. jedoch ausschlug. Die Umstände waren dann doch zu ernst. „Jüdische Feiertage“, sagte der Party-Veranstalter vor wenigen Tagen der Frankfurter Allgemeinen........

© Berliner Zeitung


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