Max Ballauf hat ne Neue! Der Kölner „Tatort“ beginnt diesmal nicht mit einer Leiche hinter Flatterband, sondern mit zwei Liebenden im Bett. Hauptkommissar Max (Klaus J. Behrendt) und Chefredakteurin Nicola (Jenny Schily) haben sich drei Monate zuvor auf einer Party kennengelernt und scheinen schon unzertrennlich zu sein. Der Polizist träumt selbst im Dienst versonnen vor sich hin und will seine Neue unbedingt dem Kollegen Freddy Schenk (Dietmar Bär) vorstellen.

Doch der hat, wie die Zuschauer, schon zu viele Affären von Ballauf erlebt, nennt ihn einen Streuner und lässt den trocken-selbstironischen Satz fallen: „Wenn ich mit jeder neuen Freundin von dir essen gegangen wäre, hätte ich längst Übergewicht!“

Tatsächlich hatte Max Ballauf jahrelang wechselnde Gefährtinnen, schon vor der gemeinsamen Zeit mit Schenk. So war er im Düsseldorfer „Tatort“-Trio zwischen 1992 und 1994 der Hallodri vom Dienst. Seine letzte Affäre mit der Polizeipsychologin Lydia liegt schon ein paar Jahre zurück – Juliane Köhler gastiert aber immer noch gelegentlich im Kölner „Tatort“. Doch Max beteuert gegenüber Freddy: „Diesmal ist es anders“ – und so heißt auch der 90. gemeinsame Krimi der beiden.

Nun leben die Frauen und noch mehr die Geliebten von Kommissaren aus dramaturgischen Gründen recht gefährlich. Für dauerhafte Ehegeschichten ist hier kein Platz. So ist Freddy zwar seit Jahrzehnten verheiratet – Susanne Schenk taucht aber einfach nie auf. Immer wieder glauben Drehbuchautoren ihren Helden besonders heftige Schicksalsschläge verpassen zu müssen, um ihnen eine besondere emotionale Tiefe zu geben. So manche Frau von „Tatort“-Kommissaren musste deshalb sterben – so die Gattinnen von Ehrlicher und von Faber. Schon bevor Ballauf zu seinem ersten Kölner Fall antrat, musste seine damalige Geliebte in Amerika erschossen werden; Eileen war als Lockvogel eingesetzt worden.

Gut 25 Jahre später scheint nun auch die Redakteurin Nicola gefährlich zu leben. So erzählt sie ihrem Max, dass sie an einem Artikel über die Schleyer-Entführung arbeite und fragt, ob es generell klug sei, auf die Forderungen von Erpressern einzugehen. Am selben Tag werden Ballauf und Schenk zu einem überfahrenen Mann gerufen. Sie finden heraus, dass das Opfer seinen opulenten Lebensstil mit den Erpressungen von Prominenten bestritten hatte, denen er kompromittierende Fotos oder Chats aus ihrer Jugendzeit präsentierte. Sein letztes Foto im Handy zeigte eine junge Frau, die später als Schlagersängerin Marielle Rosanelli mal einen Hit hatte, und Leslie Malton singt den Schlager „Der Mann, bei dem sich’s lohnt“ auch selbst vor Publikum. Die heile Schlagerwelt steht hier im harten Kontrast zur rauen Realität.

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Erfahrene „Tatort“-Gucker, die eins und eins zusammenzählen können, wissen also sehr bald, dass Nicola etwas mit dem Tod des Erpressers zu tun haben muss. Das Drehbuch von Wolfgang Stauch ist daher weder besonders originell noch überraschend. Der Fall „Diesmal ist es anders“ zielt ja, schon vom Titel her, ganz auf die Person Max Ballauf. Schauspielerisch ist das Aufeinandertreffen von Jenny Schily und Klaus J. Behrendt aber spannend.

Regisseur Torsten C. Fischer, der hier schon den elften Kölner „Tatort“ in Szene setzte, greift dabei zu einem Kniff. Er macht die unausgesprochenen Gedanken der beiden, die von den Blicken nur angedeutet werden, für die Zuschauer als innere Monologe im Off hörbar. So werden die Zwiespälte deutlicher: Der eigentlich befangene Ballauf will Klarheit von seiner Geliebten, sie aber nicht verletzen. Nicola will ihrem Geliebten alles sagen, steckt allerdings in Loyalitätskonflikten, die sie schier zerreißen.

Tatort: Diesmal ist es anders. Sonntag, 28. April, 20.15 Uhr, ARD (+ Mediathek)

QOSHE - „Tatort: Diesmal ist es anders“ aus Köln: Die Geliebte im Verhör - Torsten Wahl
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„Tatort: Diesmal ist es anders“ aus Köln: Die Geliebte im Verhör

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28.04.2024

Max Ballauf hat ne Neue! Der Kölner „Tatort“ beginnt diesmal nicht mit einer Leiche hinter Flatterband, sondern mit zwei Liebenden im Bett. Hauptkommissar Max (Klaus J. Behrendt) und Chefredakteurin Nicola (Jenny Schily) haben sich drei Monate zuvor auf einer Party kennengelernt und scheinen schon unzertrennlich zu sein. Der Polizist träumt selbst im Dienst versonnen vor sich hin und will seine Neue unbedingt dem Kollegen Freddy Schenk (Dietmar Bär) vorstellen.

Doch der hat, wie die Zuschauer, schon zu viele Affären von Ballauf erlebt, nennt ihn einen Streuner und lässt den trocken-selbstironischen Satz fallen: „Wenn ich mit jeder neuen Freundin von dir essen gegangen wäre, hätte ich längst Übergewicht!“

Tatsächlich hatte Max Ballauf jahrelang wechselnde Gefährtinnen, schon vor der gemeinsamen Zeit mit Schenk. So war er im Düsseldorfer „Tatort“-Trio zwischen 1992 und 1994 der Hallodri vom Dienst. Seine letzte Affäre mit der Polizeipsychologin Lydia........

© Berliner Zeitung


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