Das städtebauliche Werkstattverfahren zum Bau eines bis zu 115 Meter hohen Hochhauses an der Jannowitzbrücke in Mitte ist ohne die Auswahl eines Siegerentwurfs zu Ende gegangen. Stattdessen gibt es zwei zweitplatzierte Entwürfe, die noch weiter bearbeitet werden sollen. Das geht aus einer Mitteilung des Investors HB Reavis hervor, die am Donnerstag veröffentlicht wurde.

Mit je einem zweiten Platz wurden die Arbeiten der Büros Müller Reimann aus Berlin und Dorte Mandrup aus Kopenhagen bedacht. Beide Entwürfe schlagen den Bau eines schlanken Turms vor. Die Dänin Dorte Mandrup punktete in der Jury dem Vernehmen nach mit dem Einsatz von Ziegel als Baumaterial. Der Entwurf von Müller Reimann wiederum soll aufgrund einer größeren Geschossfläche auf Seiten des Investors Sympathiepunkte gesammelt haben. Während Dorte Mandrup oberirdisch den Bau von 33.556 Quadratmeter Bruttogeschossfläche (BGF) plant, sollen bei Müller Reimann oberirdisch 38.254 Quadratmeter BGF entstehen; unterirdisch sieht ihr Entwurf 4064 Quadratmeter vor – fast doppelt so viel Fläche wie die Dänin.

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Fünf Architekturbüros hatten in der Endrunde des Werkstattverfahrens Entwürfe für das geplante Hochhaus vorgelegt. Sie waren aus einem Kreis von zwölf Büros ausgewählt worden, mit denen das Verfahren gestartet worden war. „Dass hier trotz der durchweg sehr hohen Qualität der eingereichten Beiträge noch kein abschließendes Ergebnis präsentiert werden kann, zeigt die Schwierigkeit der Aufgabe“, teilte Jurypräsident Jörg Springer mit. „Es belegt zugleich die Ernsthaftigkeit, mit der die Bauherrschaft hier auf der Grundlage des Hochhausleitbilds einen neuen Typ eines auch öffentlich genutzten Hochhauses entwickelt.“

19.03.2024

gestern

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Das Hochhaus soll auf einem stark lärmbelasteten Grundstück zwischen Alexanderstraße, Stralauer Straße, Schickler- und Dircksenstraße entstehen, unmittelbar neben dem S-Bahnviadukt. Der Investor, die 1993 in der Slowakei gegründete HB Reavis, hat das Grundstück im Jahr 2022 erworben. Der Bezirk hat dort eigentlich den Bau eines 68 Meter hohen Hotels genehmigt. Doch dafür soll sich kein Betreiber gefunden haben. Die HB Reavis will deswegen nun überwiegend Büros errichten – und bei der Gelegenheit gleich sehr viel höher bauen als bisher genehmigt.

Im Zuge der Planänderung will der Bezirk die Anwendung des Hochhaus-Leitbildes durchsetzen, das in Berlin seit dem 25. September 2020 gilt. Es sieht unter anderem vor, dass Häuser, die größer als 60 Meter sind, eine Mischnutzung erhalten. Auf die Hauptnutzung, im vorliegenden Fall eine gewerbliche Nutzung mit Büros oder Gastronomie, darf dabei nur ein Flächenanteil von maximal 70 Prozent entfallen.

Die übrigen 30 Prozent der Flächen müssen anders genutzt werden, beispielsweise durch kulturelle Einrichtungen, soziale Infrastruktur, Bildungseinrichtungen oder andere nicht-gewerbliche oder nicht-kommerzielle Institutionen. Vorzugsweise das oberste Geschoss eines Hochhauses soll laut dem Leitbild „eine öffentlich zugängliche oder gemeinschaftliche Nutzung ermöglichen“. Mittes Baustadtrat Ephraim Gothe (SPD) zeigt sich zufrieden. „Die Jury hat zwei vielversprechende Entwürfe ausgewählt, die dazu geeignet sind, die im Hochhausleitbild gewünschte und festgelegte Nutzungsmischung zu verwirklichen“, sagt er.

„Ich freue mich sehr“, sagt Senatsbaudirektorin Petra Kahlfeldt, „dass es der Jury gelungen ist für den anspruchsvollen Standort in Berlins historischer Mitte zwei Entwurfsbeiträge zu küren, die sowohl eine hohe gestalterische Qualität, angemessene Materialität als auch programmatische Vielfalt im Sinne des Hochhausleitbilds aufweisen.“ Die Jury habe „insbesondere die ausgewogenen Gebäudegliederungen mit den einladenden Eingangsbereichen und attraktiven Kronen“, also den Gebäudespitzen, gelobt. „Beiden Entwürfen gelingt es dadurch, dem Standort eine Adresse, ein Gesicht zu geben und sich gut in den städtebaulichen Kontext einzufügen“, sagt Kahlfeldt.

Nicht alle sehen es so positiv. „Die Pläne an der Jannowitzbrücke gehen an den Interessen der Nachbarschaft vorbei“, kritisiert die Linken-Politikerin Martha Kleedörfer aus der Bezirksverordnetenversammlung (BVV). Mehr als eine Million Quadratmeter Bürofläche stehe in Berlin leer — „und hier an der Jannowitzbrücke sollen erneut 115 Meter Büros in die Höhe gebaut werden? Stattdessen braucht es bezahlbare Flächen für Ärzt*innen, Gastronomie und Kunst“, sagt Kleedörfer. „Wenn schlussendlich ein Siegerentwurf gefunden wird und es tatsächlich zum Bau des Hochhauses kommen soll, dann muss der Bezirk unbedingt auf die 30 Prozent alternative Nutzung bestehen – damit nicht nur Büros errichtet werden.“

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Wie es weitergeht, ist unterdessen unklar. „Das Ergebnis des städtebaulichen Werkstattverfahrens soll als Grundlage für den neuen Bebauungsplan und die spätere Gestaltung des neuen Hochhauses dienen“, heißt es zwar in der am Donnerstag verbreiteten Mitteilung. Doch was das Ergebnis ist, wird nicht näher ausgeführt. Auf die Frage, ob die Jury nach der Überarbeitung der beiden Entwürfe nochmal zusammentritt und einen Siegerentwurf kürt, gibt es keine Auskunft. Die HB Reavis erklärt dazu nur: „Das Workshopverfahren ist beendet. Das Ziel der weiteren Bearbeitung ist es, die Entwürfe so zu schärfen, dass sie dem Anspruch des Hochhausleitbilds und den Anforderungen des Grundstücks an diesem doch besonderen Ort noch besser gerecht werden.“

Konkreteres könne noch nicht gesagt werden, „da das Protokoll der Sitzung aktuell noch erstellt wird“, so HB Reavis-Sprecherin Anja Strauss. Aber könne sie sagen, ob am Ende einer der Entwürfe zum Sieger gekürt werden soll – und wer dann die Entscheidung trifft? Die Jury? Das Baukollegium? „Nein, dazu kann ich noch nichts sagen“, so Strauss. Nur so viel: „Grundsätzlich werden Bezirk und Senat auch weiterhin über die entsprechenden Gremien mit eingebunden sein.“

QOSHE - Hochhaus Jannowitzbrücke: Ein Wettbewerb, fünf Entwürfe, aber kein Sieger - Ulrich Paul
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Hochhaus Jannowitzbrücke: Ein Wettbewerb, fünf Entwürfe, aber kein Sieger

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21.03.2024

Das städtebauliche Werkstattverfahren zum Bau eines bis zu 115 Meter hohen Hochhauses an der Jannowitzbrücke in Mitte ist ohne die Auswahl eines Siegerentwurfs zu Ende gegangen. Stattdessen gibt es zwei zweitplatzierte Entwürfe, die noch weiter bearbeitet werden sollen. Das geht aus einer Mitteilung des Investors HB Reavis hervor, die am Donnerstag veröffentlicht wurde.

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