Baumfällungen zugunsten des Wohnungsbaus sollen leichter möglich sein, Prüfungen von Bauvorhaben auf Umweltverträglichkeit reduziert werden und feste Fristen für die Kommunikation unter den Behörden auf Bezirks- und Landesebene eingeführt werden – das sind drei von mehr als 100 vorgeschlagenen Maßnahmen aus dem jetzt erarbeiteten Referentenentwurf für das Schneller-Bauen-Gesetz aus dem Haus von Stadtentwicklungssenator Christian Gaebler (SPD).

Die Baumschutzverordnung soll danach so verändert werden, dass Fällgenehmigungen zugunsten des Wohnungsbaus und der Errichtung von sozialer Infrastruktur, zum Beispiel für Schulen oder Kitas, leichter erteilt werden können. Die für den Baumschutz zuständigen Behörden sind zwar noch zu beteiligen, aber nur noch ins „Benehmen“ zu setzen, wie aus zuverlässiger Quelle zu erfahren ist. Das heißt, dass die Behörden noch Stellung nehmen können, es muss aber kein Einvernehmen mehr erzielt werden.

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Änderungen sind auch beim Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung geplant. Die Zahl der Vorhaben, für die eine Umweltverträglichkeitsprüfung angestellt werden muss, soll reduziert werden. Zum Beispiel bei der Umwandlung von Wald, also wenn Waldflächen künftig anders genutzt werden sollen. Das Landeswaldgesetz soll zudem so geändert werden, dass das „besondere öffentliche Interesse an Vorhaben des Wohnungsbaus und der sozialen Infrastruktur stärkere Berücksichtigung bei der Entscheidung über die Waldumwandlungsgenehmigung finden“, wie es heißt.

Auch eine Änderung des Berliner Naturschutzgesetzes ist vorgesehen. Der notwendige Grün-Ausgleich für Baumaßnahmen in Berlin soll künftig einfacher außerhalb der Stadtgrenzen erfolgen können. „Wenn klar ist, dass es in Berlin keine Flächen für Ausgleichsmaßnahmen für Eingriffe in die Natur gibt, werden wir künftig außerhalb der Stadtgrenze schauen müssen – und nicht vorher noch mehrere Monate Zeit verlieren, indem wir in den Bezirken nachfragen, ob es nicht doch irgendwo eine passende Fläche dafür in Berlin gibt“, so Stadtentwicklungssenator Gaebler. Das gelte auch für die Zauneidechse. „Wenn es in Berlin keine geeigneten Flächen für Eidechsen gibt, müssen wir sehen, welche Flächen es außerhalb von Berlin gibt“, so Gaebler.

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Geplant ist zudem, dass Bauherren die Verantwortung für Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen an Dritte übertragen können. Und: zwischen Naturschutzbehörden und Baugenehmigungsbehörden muss kein Einvernehmen bei Entscheidungen erzielt werden. Künftig soll es auch laut Naturschutzgesetz ausreichen, die Naturschutzbehörden ins Benehmen zu setzen – wie beim Baumschutz.

„Der Sinn des Gesetzes ist eine Strukturierung und Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsvorgängen“, sagt Stadtentwicklungssenator Gaebler. „Es wird künftig feste Fristen für Entscheidungen geben. Wir werden uns bei jedem Vorschlag erklären lassen, inwieweit er zu einem schnelleren und effektiveren Ablauf bei der Planung und dem Bau beiträgt.“

„Es ist unser Ziel, Bebauungspläne in drei Jahren zu erarbeiten“, sagt Gaebler. „Bislang brauchen wir dafür fünf bis sieben Jahre, manchmal auch neun Jahre“, so der Senator. „Bei der Erteilung von Baugenehmigungen reden wir eher über Monate statt über Jahre.“ Um das Bauen schneller zu machen, würden „Kompetenzen von der bezirklichen Ebene auf die Landesebene“ gezogen. „Zugleich verpflichten wir aber auch die Landesebene, also die Senatsverwaltungen, verbindlicher und schneller zu arbeiten, wenn die Bezirke auf eine Stellungnahme warten“, so Gaebler.

„Im Moment macht jede Fachbehörde das, was sie für persönlich richtig hält, im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben, aber die werden unterschiedlich ausgelegt“, so der Senator. „Das heißt, in einem Bezirk braucht die Zauneidechse weniger Quadratmeter Ausgleichsfläche als in einem anderen Bezirk. Und woanders wird ein Vogel vermutet, den zwar niemand gesehen hat, aber der da sein könnte.“ An anderen Stellen werde „davon ausgegangen, dass der Vogel schon da sein muss, wenn man ihn schützen will“, so Gaebler. „Das ist nicht die Regel, aber die Spitze dessen, was an Absurditäten bekannt geworden ist.“

Gaebler will verhindern, dass der Natur- und Artenschutz instrumentalisiert wird, um Bauprojekte zu verhindern. „Ich habe großen Respekt vor Menschen, die sich für den Natur- und Artenschutz engagieren“, sagt er. „Was aber nicht geht, ist, dass der Natur- und Artenschutz dazu benutzt wird, um Projekte zu verhindern“, so der Senator.

„Den Versuch haben wir gerade bei einem Projekt in Lichtenberg erlebt, bei dem der Kot eines geschützten Käfers, des Eremiten, gezielt platziert wurde, um einen geplanten Erweiterungsbau für die Obersee-Schule zu verhindern.“ Das sei aber nicht gelungen. „Ein Gutachter hat festgestellt, dass der Kot dort extra platziert wurde, der Käfer dort aber nicht lebt“, so Gaebler. „Die Baumfällungen konnten noch vor Beginn der Vegetationsperiode erfolgen. Die Bauarbeiten werden wie geplant durchgeführt.“

Beim Schneller-Bauen-Gesetz gehe es „nicht darum, bestehende Rechte auszuhebeln, sondern es geht darum, Verfahren zu straffen und zu beschleunigen“, sagt Gaebler. „Wir wollen zum Beispiel klarmachen, dass dringende Gesamtinteressen Berlins, die ein Eingreifen der Senatsebene ermöglichen, schon bei kleineren Baumaßnahmen oder Entscheidungen berührt sein können.“ Feste Fristen sollen für die Kommunikation unter den Behörden gelten. „Alle Behörden – auf Bezirks- wie auf Landesebene – müssen in Zukunft innerhalb eines Monats auf das Ersuchen nach einer Stellungnahme antworten“, so Gaebler.

Zugleich ist eine Stärkung der Landesebene geplant. „Wenn über den Widerspruch gegen einen Bauaufsichtsbescheid von der Senatsverwaltung entschieden wird, dann sind künftig statt der Bezirke die fachlich betroffenen Senatsverwaltungen zu beteiligen“, so Gaebler. „Das heißt, wenn wir ein Thema haben, das bei uns im Widerspruchsverfahren liegt, und wir brauchen eine Stellungnahme entweder vom Denkmalschutz oder von den Naturschutzbehörden, dann wäre in diesem Fall unsere obere Denkmalschutzbehörde oder die obere Naturschutzbehörde zuständig – und nicht mehr die bezirkliche Fachbehörde.“

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Städtebauliche Verträge mit den Bauherren großer Projekte werden im Moment von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung zusammen mit dem Bezirk gemacht. Die Erschließungsverträge werden jedoch vorrangig vom Bezirk bearbeitet. Das führt laut Gaebler „zu Schwierigkeiten und Verzögerungen“. „Künftig soll der Bezirk zwar weiter beteiligt werden“, sagt Gaebler. „Aber die Verträge soll allein die Senatsverwaltung machen.“

Beim Denkmalschutzgesetz gebe es bisher gar keine Fristen. „Da werden jetzt Fristen eingeführt, die in anderen Verfahren auch gelten“, sagt der Senator. Bei einem Bebauungsplan, der von der Senatsverwaltung festgesetzt werde, sowie bei Vorhaben mit einer Geschossfläche von mehr als 1500 Quadratmetern, sei künftig das Landesdenkmalamt zuständig. „Ansonsten kann die Denkmalschutzbehörde bestimmte Sachen auch an sich ziehen, wenn es ein übergeordnetes Interesse gibt“, kündigt Gaebler an.

Zu Beginn der Planungen für ein großes Bauvorhaben soll es künftig einen sogenannten Kickoff-Termin mit allen wichtigen Beteiligten geben. Ziel ist, frühzeitig die Planungs- und Zeitziele abzustimmen, mögliche Hemmnisse zu identifizieren und das Verfahren zu beschleunigen, wie es heißt. Wenn der notwendige Bebauungsplan erarbeitet ist, soll es im nächsten Schritt eine Bauantragskonferenz geben, bei der ebenfalls alle Beteiligten zusammenkommen. „Dort wird besprochen, welche Aufgaben zu erledigen und welche Probleme zu lösen sind“, so Gaebler. In dieser Phase sollen Projektlotsen das Vorhaben begleiten. „Aufgabe von Projektlotsen wird es sein, die Verfahren zu koordinieren und zu steuern“, sagt Gaebler. Die Bauantragskonferenz soll in der Bauordnung verankert werden.

Reaktionen von Umwelt- und Naturschutzverbänden zum Referentenentwurf für das Schneller-Bauen-Gesetz liegen noch nicht vor. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hatte allerdings schon vor einigen Wochen von einer „Kriegserklärung“ an den Naturschutz gesprochen und erklärt, dass damit das Berliner Bauversagen nicht geheilt werden könne.

Der BUND-Baumschutzreferent Christian Hönig wies am Dienstag Gaeblers Einlassungen zur missbräuchlichen Verwendung „berechtigter Schutzmaßnahmen im Natur- und Artenschutz“ zurück. „Es geht nicht darum, Vorhaben zu verhindern“, sagte Hönig. „Es geht darum, dass bei diesen Bauvorhaben der gesetzliche Natur- und Artenschutz auch ausreichend berücksichtigt wird.“ Viele Vorhabenträger nähmen den Schutz von Natur und Umwelt ernst – „und das freut uns sehr“, so Hönig. „Bei einigen wenigen erleben wir aber leider, dass Natur- und Artenschutz als nachrangig zu behandelnder Störfaktor abgetan werden.“

So sieht der Fahrplan für das neue Gesetz aus: Der Referentenentwurf geht jetzt in die Verbände-Anhörung. Die Verbände haben zwei Wochen Zeit, sich damit zu befassen und noch mal eine Rückmeldung zu geben. 48 Verbände werden dabei einbezogen. Nach der Auswertung soll, möglichst noch im Mai, der erste Senatsbeschluss gefasst werden. Dann erfolgt die Beteiligung der Bezirke über den Rat der Bürgermeister. In der Sommerpause ist der zweite Senatsbeschluss geplant, sodass das Gesetz nach der Sommerpause am 12. September ins Abgeordnetenhaus eingebracht werden kann. Gaebler sagt: „Wenn die Ausschüsse zügig beraten, kann die abschließende Entscheidung noch in diesem Jahr im Parlament fallen und das Gesetz dann in Kraft treten.“

QOSHE - Umweltschützer: Gaeblers Schneller-Bauen-Gesetz „Kriegserklärung“ an den Naturschutz - Ulrich Paul
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Umweltschützer: Gaeblers Schneller-Bauen-Gesetz „Kriegserklärung“ an den Naturschutz

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09.04.2024

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