Die Grünen haben ein Problem – so oder so: Entweder mit der Aversion im eigenen linken Lager oder mit mangelnder Menschenkenntnis.

Die geistigen Vorväter der Grünen, die 68er, hätten gesagt: Das Private ist politisch, das Politische privat. Doch so einfach war und ist das freilich nicht. Wie man gerade auch an der Causa Schilling sieht. Und es haben hier auch alle irgendwie Recht: Die Grünen, die nicht an Zufälle glauben wollen, die nicht hinnehmen wollen, dass ein politisches Talent, eine junge Frau, durch die polit-mediale Manege geschleift wird. Vor dem Hintergrund einer offensichtlich schon länger gärenden Auseinandersetzung im linken Aktivistenmilieu.

Und auch die Kritiker der Lena Schelling haben Recht: Das Bild, das von ihr gezeichnet wird, dürfte weitgehend der Realität entsprechen: Eine politisch und möglicherweise auch menschlich unreife junge Frau, die rücksichtlos nach oben will.

Was für die Sicht der Grünen spricht: Das zuerst befreundete, nun mit ihr verfeindete Ehepaar, das in der Causa Schilling eine wesentliche Rolle spielt, hat eine eindeutige Nähe zur SPÖ. Und ist ebenso umstritten. Allerdings sitzt der Gegner, wenn man so will, auch im eigenen Lager. Dass eine unerfahrene Klimaaktivistin, die bisher nur Marketing – für den Klimaschutz und die eigene Sache – betrieben hat, nun auf einmal Spitzenkandidatin der Grünen für die EU-Wahl wird, hat nicht allen in der Partei gefallen.

Und auch wenn sie sich antiautoritär gibt, hat die Führung der Grünen stets auch einen gewissen autoritären Zug. Das war schon beim Duo Eva Glawischnig (Parteichefin) und Stefan Wallner (Bundesgeschäftsführer) so, das ist nun beim Tandem Werner Kogler (Parteichef) und Sigrid Maurer (Klubchefin) nicht viel anders. Tenor: Wir von der Parteispitze wissen, was gut für euch ist – also haltet euch gefälligst daran. Message control ist keine genuine Erfindung der Kurz-ÖVP.

Was für die Sicht der Gegenseite spricht: Die charakterliche Eignung der Lena Schilling für eine politische Spitzenfunktion scheint nicht unbedingt gegeben. Sie hat – ob nun mutwillig oder leichtfertig oder einfach nur naiv – Menschen Leid zugefügt, sie privat und beruflich zu diskreditieren versucht.

Dass die Führung der Grünen sich so geschlossen hinter Lena Schilling stellt, ist ein demonstratives Zeichen des Vertrauens, aber auch ein Risiko. Denn wer weiß, was da noch kommt. Und es reicht eigentlich schon das, was da liegt. Das Image der Transparenz-Partei hat Schrammen bekommen, die hohen moralischen Standards sind zur Bürde geworden. Und Bruchlinien in der Partei wurden wieder einmal offenbar.

Ein kluger Mensch hat dieser Tage gesagt: Angriffe von außen nützen einer Partei, Angriffe von innen hingegen sind ein Problem. Das haben die Grünen auch schon mehrfach bewiesen: beim Zwist mit den Jungen Grünen und mit Peter Pilz.

Die Frage ist nur, ob der Angriff nun von außen oder von innen kam. Möglicherweise beides. Und möglicherweise hätte man sich mit der eigenen Spitzenkandidatin im Vorfeld auch eingehender befassen sollen.

E-Mail an: oliver.pink@diepresse.com

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Causa Schilling: Jung und naiv, die Alt-68er und die Message Control

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10.05.2024

Die Grünen haben ein Problem – so oder so: Entweder mit der Aversion im eigenen linken Lager oder mit mangelnder Menschenkenntnis.

Die geistigen Vorväter der Grünen, die 68er, hätten gesagt: Das Private ist politisch, das Politische privat. Doch so einfach war und ist das freilich nicht. Wie man gerade auch an der Causa Schilling sieht. Und es haben hier auch alle irgendwie Recht: Die Grünen, die nicht an Zufälle glauben wollen, die nicht hinnehmen wollen, dass ein politisches Talent, eine junge Frau, durch die polit-mediale Manege geschleift wird. Vor dem Hintergrund einer offensichtlich schon länger gärenden Auseinandersetzung im linken Aktivistenmilieu.

Und auch die Kritiker der Lena Schelling haben Recht: Das Bild, das von ihr gezeichnet wird, dürfte........

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