Der Blick zurück hilft, die gegenwärtige Lage einzuschätzen. Bei der Landtagswahl 2018 musste die CDU historische Verluste hinnehmen. Auch ungefähr 100 Tage nach dem Neustart der schwarz-grünen Regierung unter dem Ministerpräsidenten Volker Bouffier (CDU) blieb es dabei. In einer Umfrage bekam die Union das desaströse Ergebnis, das sie nach dem Urnengang betrauert hatte, noch einmal: 27 Prozent.

Bei der Landtagswahl am 8. Oktober 2023 konnte die CDU sich mit Boris Rhein um knapp acht Punkte steigern. Die Partei hätte es schon als Erfolg feiern können, wenn sie das unerwartet gute Wahlergebnis in der aktuellen Umfrage gehalten hätte. Doch die Meinungsforscher ermittelten noch einmal einen Zugewinn von rund 2,5 Punkten. Offensichtlich hat die CDU in den ersten 100 Tagen der schwarz-roten Koalition aus Sicht der Bürger vieles richtig gemacht.

Der Verlust der AfD ist durch die Bundespartei verursacht. Aber die Union in Hessen profitiert davon. Dies nährt die Hoffnung, dass man der sich radikalisierenden Rechten mit einer entschlossenen Politik aus der Mitte heraus Wasser abgraben kann. Rhein spielt als Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz bei der Einführung der Bezahlkarte für Flüchtlinge eine Hauptrolle.

Das Verbot des Genderns mit Sonderzeichen beeindruckt nicht nur manchen AfD-Wähler, sondern auch das bürgerliche Lager. Die Bauern erkennen an, dass die unbeliebte langjährige Umweltministerin Priska Hinz (Die Grünen) durch einen Landwirtschaftsminister ersetzt wurde, der demonstrativ andere Schwerpunkte setzt. Es tut der CDU gut, dass sie die Koalition mit den Grünen beendet hat.

Und die SPD? Sie hat nach einem schlechten Wahlergebnis und nach einem Vierteljahrhundert in der Opposition ihre Landesvorsitzende, die Bundesinnenministerin Nancy Faeser, und ihren Fraktionsvorsitzenden Günter Rudolph ausgewechselt. Dieser schwierige personelle Neuanfang scheint gelungen und überwunden. Die roten Fäden hält Wirtschaftsminister Kaweh Mansoori in der Hand. Er verfolgt die Strategie, die in den zurückliegenden zehn Jahren auch die Grünen geleitet hat. Der kleine Koalitionspartner muss ein Interesse daran haben, dass die gesamte Koalition gut dasteht, um an der Seite der Union seine eigene Regierungsfähigkeit unter Beweis zu stellen.

Für Mansoori, der erst 35 Jahre alt ist, sind die ersten hundert Tage im Amt nicht von allzu großer Bedeutung. In knapp fünf Jahren werden die Karten neu gemischt.

QOSHE - Alles richtig gemacht - Ewald Hetrodt
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Alles richtig gemacht

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28.04.2024

Der Blick zurück hilft, die gegenwärtige Lage einzuschätzen. Bei der Landtagswahl 2018 musste die CDU historische Verluste hinnehmen. Auch ungefähr 100 Tage nach dem Neustart der schwarz-grünen Regierung unter dem Ministerpräsidenten Volker Bouffier (CDU) blieb es dabei. In einer Umfrage bekam die Union das desaströse Ergebnis, das sie nach dem Urnengang betrauert hatte, noch einmal: 27 Prozent.

Bei der Landtagswahl am 8. Oktober 2023 konnte die CDU sich mit Boris Rhein um knapp acht Punkte steigern. Die Partei hätte es schon als Erfolg feiern können, wenn sie das unerwartet gute........

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