Dass Israel von seinen Kriegszielen noch relativ weit entfernt ist, hat mehr mit politischen als mit militärischen Faktoren zu tun. Auf der einen Seite fehlt tatsächlich ein Konzept zur neuen Verwaltung des Gazastreifens, weshalb sich der Generalstabschef zu Recht beim Ministerpräsidenten beschwert. Wenn es keinen Ersatz für die Herrschaft der Hamas gibt, dann verschwindet die Bedrohung Israels nicht, wie man jetzt wieder in Dschabalia sieht.

Wenn Netanjahu wirklich will, dass arabische Regierungen diese schwierige Aufgabe übernehmen (was sinnvoll wäre), dann muss er dafür etwas geben. Nach Lage der Dinge kann das nur ein Schritt in Richtung Zweistaatenlösung sein. Das würde wahrscheinlich seine Koalition sprengen, aber eine neue Besatzung will er ja auch nicht.

Das andere politische Problem ist die Erosion der amerikanischen Unterstützung, die sich in atemberaubender Geschwindigkeit vollzieht. Biden erweckte in einem Interview jetzt sogar den Eindruck, als gehe es primär um die Ergreifung des Hamas-Anführers Sinwar (analog zu Bin Laden und Afghanistan).

Da die Terrorgruppe offenbar noch einige einsatzfähige Bataillone in Gaza hat, wäre das für Israel keine ausreichende Lösung. Wahlkampf in Amerika hin oder her: Es ist richtig, Israel zu mehr humanitärer Rücksicht aufzufordern. Es wäre falsch, die Hamas vor dem Untergang zu bewahren.

QOSHE - Worum es in Gaza geht - Nikolas Busse
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Worum es in Gaza geht

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13.05.2024

Dass Israel von seinen Kriegszielen noch relativ weit entfernt ist, hat mehr mit politischen als mit militärischen Faktoren zu tun. Auf der einen Seite fehlt tatsächlich ein Konzept zur neuen Verwaltung des Gazastreifens, weshalb sich der Generalstabschef zu Recht beim Ministerpräsidenten beschwert. Wenn es keinen Ersatz für die........

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