Essen. Polizeischutz für die israelische Teilnehmerin des ESC. Wie ist es dazu gekommen, fragt unser Autor. Er findet: Die Welt wird immer verbohrter.

Eigentlich sollte es sich herumgesprochen haben, dass die Welt nicht in Schwarz und Weiß einzuteilen ist. Doch leider sieht es so aus, dass viele Kräfte auf unserem Planeten immer verbohrter und verblendeter daherkommen. Dass beim Schlagerwettbewerb ESC die israelische Sängerin nur unter Polizeischutz singen konnte, ist eine weitere Episode im weltweit schwelenden Konflikt zwischen „dem Westen“ und dem „globalen Süden“.

Wobei letzterer ein Begriff ist, der sich nicht leicht fassen lässt. Die Palästinenser und ihre Unterstützer zählen sich zum unterdrückten globalen Süden. Israel ist für sie ein Nachfahre der europäischen Kolonialmächte, zudem ein Vasall der verhassten USA. Die Hamas begründet mit dieser einfältigen Aufteilung Terror, Mord und Geiselnahme. Frei nach dem Motto: Anders können wir uns nicht wehren. Wie zynisch – und wie grausam. Doch die Geschichte vom bösen Westen, der die Länder des „globalen Südens“ auch nach dem Ende des Kolonialismus weiter knechtet und ausbeutet, findet weltweit Anhänger.

Und längst stricken die Machthaber in China, Russland oder der Türkei (die selbst imperialistisch unterwegs sind) diese Geschichte für ihre eigene Zwecke weiter. Indem sie sich an die Seite des „Südens“ stellen, können sie die USA und Europa schwächen. Keine Frage: Der Westen produziert trotz „Erfindung“ von Menschenrechten, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit Kriege und Unrecht. Da treffen die Verfechter des „Südens“ einen wunden Punkt.

Doch leider wollen sie nicht sehen, dass es im Westen trotz aller Unzulänglichkeiten freie und starke Gesellschaften und Institutionen gibt, die Unrecht und Missstände aufdecken, anprangern oder auch verändern. Die Proteste so vieler Israelis gegen Netanjahu sind nur ein Beispiel davon. Doch von dieser Fähigkeit zur Kritik, zum Zweifel und zur demokratischen Korrektur wollen Autokraten und Diktatoren natürlich nicht wissen. Leider sehen auch viele Palästina-Protestierer samt Greta Thunberg diesen großen und wichtigen Unterschied nicht. Indem sie sich allein als Opfer sehen, teilen sie die Welt in Schwarz und Weiß. Wo bleibt nur das Verbindende?

QOSHE - Westen gegen globalen Süden: Wo bleibt das Verbindende? - Manfred Lachniet
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Westen gegen globalen Süden: Wo bleibt das Verbindende?

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12.05.2024

Essen. Polizeischutz für die israelische Teilnehmerin des ESC. Wie ist es dazu gekommen, fragt unser Autor. Er findet: Die Welt wird immer verbohrter.

Eigentlich sollte es sich herumgesprochen haben, dass die Welt nicht in Schwarz und Weiß einzuteilen ist. Doch leider sieht es so aus, dass viele Kräfte auf unserem Planeten immer verbohrter und verblendeter daherkommen. Dass beim Schlagerwettbewerb ESC die israelische Sängerin nur unter Polizeischutz singen konnte, ist eine weitere Episode im weltweit schwelenden Konflikt zwischen „dem Westen“ und dem „globalen........

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