Berlin/Malmö. Der ESC 2024 ist vorbei und Deutschland hat überraschend gut abgeschnitten. Das ist schön – aber auf lange Sicht kein Grund zur Freude.

Der ESC 2024 ist vorbei. Für Schlagzeilen sorgten im Vorfeld vor allem die Disqualifikation der Niederlande in letzter Minute und die Kontroverse um die Teilnahme Israels und die damit verbundenen Proteste in Malmö. Im Nachgang des Eurovision Song Contests wird das alles sicher noch aufgearbeitet werden müssen. Doch im Finale am Samstag ging es dann tatsächlich um das, was bei dem Wettbewerb eigentlich im Fokus stehen sollte: Musik.

Einen großartigen Auftritt mit einem tollen Lied lieferte Nemo aus der Schweiz – und sicherte sich damit als erste nicht-binäre Person den ESC-Sieg. Das ist überraschend, weil im Vorfeld Baby Lasagna aus Kroatien als Favorit galt. Noch überraschender ist, dass Deutschland sich einen großartigen und sehr verdienten zwölften Platz sichern konnte.

Der deutsche Teilnehmer Isaak kam vor allem bei den Jurys gut an – mehr als die Hälfte aller nationaler Expertengremien bedachte ihn mit Punkten. Insgesamt gab es von ihnen 99 Punkte, vom Publikum kamen 18 weitere hinzu. Endlich scheint der deutsche ESC-Fluch gebrochen.

Doch wer jetzt schon an den ESC 2025 denkt – der mutmaßlich in der Schweiz stattfinden wird – erkennt, dass die deutsche Platzierung nicht nur ein Grund zur Freude ist. Zwar hat der innerhalb der ARD für den ESC zuständige NDR einen Glückstreffer gelandet. Dass das im kommenden Jahr noch einmal passiert, ist jedoch unwahrscheinlich.

Groß war noch vor dem Contest die Hoffnung, dass der NDR die ESC-Hoheit abgeben könnte. Gerüchten zufolge scharrt der MDR schon mit den Hufen, würde gerne übernehmen. Und auch Stefan Raab brachte sich zuletzt ins Gespräch – 2010 erklärte er den ESC zur nationalen Aufgabe und führte Lena zum Sieg. Ein Erfolg, den er gerne wiederholen würde.

Könnte es wieder dazu kommen? Die Chance dafür ist mit dem guten Abschneiden von Isaak deutlich gesunken. Denn durch den Erfolg verringert sich der Druck auf den NDR, solchen Veränderungen zuzustimmen. Will man den ESC wirklich abgeben, wenn man gerade einen respektablen Platz erreicht hat?

Hoffentlich, denn der NDR ist ESC-müde. Das hat sich in den vergangenen Jahren deutlich gezeigt. Es wird Zeit für einen Wechsel. Trotzdem können wir uns jetzt erstmal freuen: endlich nicht Letzter!

QOSHE - Deutschland überzeugt beim ESC 2024 – leider! - Martin Nefzger
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Deutschland überzeugt beim ESC 2024 – leider!

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12.05.2024

Berlin/Malmö. Der ESC 2024 ist vorbei und Deutschland hat überraschend gut abgeschnitten. Das ist schön – aber auf lange Sicht kein Grund zur Freude.

Der ESC 2024 ist vorbei. Für Schlagzeilen sorgten im Vorfeld vor allem die Disqualifikation der Niederlande in letzter Minute und die Kontroverse um die Teilnahme Israels und die damit verbundenen Proteste in Malmö. Im Nachgang des Eurovision Song Contests wird das alles sicher noch aufgearbeitet werden müssen. Doch im Finale am Samstag ging es dann tatsächlich um das, was bei dem Wettbewerb eigentlich im Fokus stehen sollte:........

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