Die Zahlen der Evangelischen Kirche für 2023 bestätigen einen seit den 1960er-Jahren anhaltenden Trend. Religionssoziologen weisen auf die Säkularisierung, also die Verweltlichung der Gesellschaft, als Ursache hin. Hinzu kommen als Anlass für den Kirchenaustritt Skandale um sexualisierte Gewalt. Der Austritt ist in der Regel allerdings Folge eines langen Entfremdungsprozesses und bringt für viele als willkommenes Beiwerk die Einsparung der Kirchensteuer mit sich.

Die evangelische Kirche hat im vergangenen Jahr in Deutschland erneut mehr als eine halbe Million Mitglieder verloren. Wie die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) am Donnerstag in Hannover mitteilte, gehörten ihr zum Stichtag 31. Dezember 2023 rund 18,6 Millionen Menschen an. Das entspricht einem Rückgang von rund 593.000 und 3,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Damit erreichte der Mitgliederverlust einen Rekordwert. Rund 21,9 Prozent der deutschen Bevölkerung sind demnach noch Mitglied einer der 20 evangelischen Landeskirchen. (epd)

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Man muss kein Prophet sein, um für die katholische Schwesterkirche, die ihre Zahlen Mitte des Jahres vorlegen wird, eine ähnliche Entwicklung vorauszusagen. Der wachsenden personellen Auszehrung der Kirchen, die durch den demografischen Wandel zusätzlich beschleunigt wird, folgt unweigerlich die finanzielle. Die Kirchensteuer, eigentlich nichts anderes als ein an das jeweilige Einkommen angepasster Mitgliedsbeitrag, bleibt aber für die pastoralen und karitativen Aufgaben der Kirchen lebenswichtig.

Die Flucht in eine kleine Elitekirche der stramm Durchglaubenden ist kein biblischer Weg. Offenheit, niedrige Schwellen und Zugewandtheit scheinen eine Revitalisierung zu begünstigen. Nicht zuletzt der Staat hat ein Interesse an stabilen Kirchen. Denn auch er profitiert von Werten, die von vielen Menschen in der Kirche glaubwürdig gelebt werden. Bei alldem ist es höchst unwahrscheinlich, dass die Kirchen in Europa jemals zu ihrer alten volkskirchlichen Stärke und Bedeutung zurückkehren. Ihr Schwergewicht verlagert sich immer deutlicher nach Afrika und Lateinamerika, wo die jungen Kirchen deutlich an Kraft und Dynamik gewinnen.

QOSHE - Alarmierende EKD-Statistik – den Kirchen droht die Auszehrung - Johannes Loy
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Alarmierende EKD-Statistik – den Kirchen droht die Auszehrung

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03.05.2024

Die Zahlen der Evangelischen Kirche für 2023 bestätigen einen seit den 1960er-Jahren anhaltenden Trend. Religionssoziologen weisen auf die Säkularisierung, also die Verweltlichung der Gesellschaft, als Ursache hin. Hinzu kommen als Anlass für den Kirchenaustritt Skandale um sexualisierte Gewalt. Der Austritt ist in der Regel allerdings Folge eines langen Entfremdungsprozesses und bringt für viele als willkommenes Beiwerk die Einsparung der Kirchensteuer mit sich.

Die evangelische Kirche hat im vergangenen Jahr in Deutschland erneut........

© Westfälische Nachrichten


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