Unser Autor wurde gefragt, warum ausgerechnet ein Schweinebraten mit Zwetschgen nach unserem Kanton benannt ist – und wurde damit auf dem falschen Fuss erwischt. Selbst Gastro-Experten konnten diese Frage nicht auf Anhieb beantworten.

Zu meinem Geburtstag lud ich meine Verwandtschaft, die mehrheitlich in der Ostschweiz beheimatet ist, in den Aargau ein. In einem Restaurant direkt an der Reuss referierte ich mit Blick auf die Bremgarter Altstadt über die Schönheiten unseres Kantons. Und erklärte auch, dass an diesem Abend Aargauer Braten aufgetischt werde. Nur auf die Frage meiner Tante, warum denn ein Schweinsbraten, gefüllt mit gedörrten Zwetschgen, ausgerechnet Aargauer Braten heisse, wusste ich keine Antwort. Google stiftete nur noch mehr Verwirrung: Diese Spezialität werde auch Schweden-Braten genannt, hiess es auf einer Rezepte-Website.

Nun verbinde ich weder den Aargau noch Schweden mit Zwetschgen. Also fragte ich bei Bruno Lustenberger, Präsident von Gastro Aargau. nach. «Leider kenne ich die Antwort auch nicht», musste dieser eingestehen. Er verwies mich an Werner Schuhmacher, der «nicht nur Verantwortlicher für die Berufsbildung der Köche in der Berufsbildung in Baden, sondern in der Küche auch allwissend» sei, wie Lustenberger mir versicherte.

Ich wurde nicht enttäuscht. «Der Kanton Aargau hatte früher mehr Zwetschgenbäume als heute. Teilweise wurden die Zwetschgen in Rotwein eingelegt und dann separat zum Schweinsbraten serviert, also nicht in den Braten gefüllt», erklärt Schumacher. Der Aargauer Braten werde heute klassisch mit Schweinshals und getrockneten, entsteinen Zwetschgen zubereitet. «Er wird im Ofen gebraten, dann wird der Bratensatz mit Weisswein abgelöst, brauner Kalbsfond dazugegeben und einreduziert.»

Schweinshals werde weniger trocken als Schweinsnierstück, erklärt Schumacher. Der Schweden-Braten werde im Gegensatz zum Aargauer Braten mit getrockneten, entsteinen Pflaumen zubereitet. Und Schuhmacher kennt noch ein weiteres Rezept: «Der Schweinsbraten Dentenberg ist mit getrockneten Aprikosen.»

Auch bei Aargau Tourismus habe ich meine Frage platziert. «Auch wir mussten ein wenig recherchieren und kamen dank der Teilnahme an der Aargauer Landwirtschaftsausstellung (ALA) einer möglichen Begründung näher», sagt Seline Jakob, verantwortlich für Marketing und Projekte. Der Aargau sei einer der grössten Schweizer Zwetschgen-Lieferanten, erklärt sie. Und tatsächlich, auf der Website der ALA lese ich: «Der Kanton Aargau ist der viertgrösste Obstbaukanton in der Schweiz nach den Kantonen Wallis, Waadt und Thurgau. Im Bereich der Zwetschgen und Kirschen steht der Kanton Aargau an zweiter Stelle.»

Wir sind also gar nicht der Rüebli-Kanton, sondern der Zwetschgen-Kanton. Aber was spricht schon gegen ein Stück Rüebli-Torte nach dem Aargauer Braten?

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Was der Aargauer Braten im Rüeblikanton zu suchen hat

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09.02.2024

Unser Autor wurde gefragt, warum ausgerechnet ein Schweinebraten mit Zwetschgen nach unserem Kanton benannt ist – und wurde damit auf dem falschen Fuss erwischt. Selbst Gastro-Experten konnten diese Frage nicht auf Anhieb beantworten.

Zu meinem Geburtstag lud ich meine Verwandtschaft, die mehrheitlich in der Ostschweiz beheimatet ist, in den Aargau ein. In einem Restaurant direkt an der Reuss referierte ich mit Blick auf die Bremgarter Altstadt über die Schönheiten unseres Kantons. Und erklärte auch, dass an diesem Abend Aargauer Braten aufgetischt werde. Nur auf die Frage meiner Tante, warum denn ein Schweinsbraten, gefüllt mit gedörrten Zwetschgen, ausgerechnet Aargauer Braten heisse, wusste ich keine........

© Aargauer Zeitung


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