München - "Bambi" rufen ihn die Teamkollegen beim FC Bayern, doch längst ist Jamal Musiala, mittlerweile 20 Jahre alt, aus dem Talent-Status entwachsen, kein Teenie mehr, um den man sich kümmern muss. Der Mittelfeldspieler trägt bereits seine Mannschaft, verhilft ihr wie am Freitagabend beim 3:0-Heimerfolg gegen die TSG Hoffenheim mit seinen beiden Treffern auf die Siegerstraße, er prägt mit seinen Ideen, seiner Eleganz und Dribbelstärke das Spiel der Münchner.

Keiner in der Mannschaft von Thomas Tuchel streichelt derart gefühlvoll den Ball, keiner spielt so leichtfüßig und mit so viel Leichtigkeit. Für einen Moment fühlte man sich an diesem so emotionalen Abend in der Allianz Arena an den Fußballer erinnert, dem gehuldigt wurde.

Spiel eins nach dem Tod von Vereinslegende Franz Beckenbauer, der am Sonntag im Alter von 78 Jahren verstorben ist, stand ganz im Zeichen des ehemaligen Spielers, Trainers und Präsidenten der Bayern, der am Freitag im engsten Familienkreis auf dem Friedhof Perlacher Forst beigesetzt wurde und im Familiengrab seiner Eltern seine letzte Ruhe fand.

"Wir wollten die drei Punkte besonders für ihn", sagte Musiala, der des Kaiser Ballfertigkeiten nur von YouTube-Videos kennt. "Er ist hier eine Legende und hat viel für den Verein getan", meinte der deutsche Nationalspieler. Im "Zwiespalt zwischen Trauer und Huldigung" (O-Ton Thomas Müller) für Beckenbauer war es Musiala, der als erster in den Angriffsmodus schaltete, was besonders dem Verstorbenen viel Freude bereitet hätte.

"Der Weg geht steil nach oben, weil Jamal alles hat, was man braucht, um eine Topkarriere zu machen", schwärmte Tuchel und meinte: "Er war unser bester Spieler. Er hatte den nötigen Frieden in seinem Spiel, das Selbstvertrauen und die Freiheit."

Nur eine von fünf Erkenntnissen, welche die Bayern am letzten Hinrundenspieltag gewonnen haben. Die weiteren vier:

Kimmich kann's rechts noch und ist willens: In der Startelf Sechser, in der letzten Viertelstunde ein offensivstarker Rechtsverteidiger – wider Willen? Von wegen. Joshua Kimmich (28) betonte, er habe kein Problem mit der Aushilfsrolle hinten – auch nicht in der Nationalelf. "Man hat immer das Gefühl, dass ich die Position verweigere, aber ich habe noch nie gesagt, dass mir das keinen Spaß macht oder dass ich das nicht spielen möchte." Schöne Vorlage für Bundestrainer Julian Nagelsmann. Die jüngsten Wechselspekulationen wies Kimmich zurück. Ein Abschied eineinhalb Jahre vor Vertragsende sei "gar kein Thema".

Neuer ist wirklich ganz der Alte: Bayerns zweiter Matchwinner neben Musiala war Oldie Manuel Neuer. Der 37-jährige Torwart bewahrte seine Mannschaft in seinem 500. Pflichtspiel für den Rekordmeister beim Stand von 1:0 mit zwei starken Paraden vor dem Ausgleich. "Diese diebische Freude, als er diese Handball-Aktion hatte, war schön zu sehen", meinte Vize-Kapitän Müller. Über sein Jubiläum sagte der Nationaltorwart, der 2011 vom FC Schalke nach München gewechselt war: "500 – das ist schon eine Nummer. Alles, was jetzt kommt, ist nach der schweren Verletzung Bonus für mich."

Sané laut Tuchel mit Luft nach oben: In der Hinrunde war Leroy Sané neben Toptorjäger Harry Kane lange Bayerns Bester, mit der Roten Karte beim 0:2 des DFB-Teams in Österreich folgte aber ein Knacks.

Trotz seiner beiden Torvorlagen gegen Hoffenheim kritisierte ihn Tuchel: "Leroy hat das körperliche Potenzial, seine Sprints ständig zu wiederholen. Darauf kann er aber nicht verzichten, sonst ist mir das zu wenig! Da gibt es im Moment Luft nach oben."

Guerreiro mit Vorsprung vor Goretzka: Tuchel schätzt die Ruhe und Passsicherheit des Portugiesen Raphaël Guerreiro. "Rapha hatte zweimal gut auf der linken Sechs gespielt. Leon, das ist unsere Verantwortung, in Basel noch mal als Innenverteidiger. Da hat Guerreiro auch gut gespielt. Deshalb saß Leon auf der Bank. Es war eine Nasenspitze."

Gut möglich, dass Guerreiro künftig öfter den Vorzug vor dem dynamischeren, offensiveren Goretzka im Mittelfeld bekommt. Konkurrenz belebt bekanntlich das Geschäft.

QOSHE - "Der Weg geht steil nach oben": Wer vom angefressenen Tuchel trotzdem ... - Patrick Strasser
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"Der Weg geht steil nach oben": Wer vom angefressenen Tuchel trotzdem ...

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15.01.2024

München - "Bambi" rufen ihn die Teamkollegen beim FC Bayern, doch längst ist Jamal Musiala, mittlerweile 20 Jahre alt, aus dem Talent-Status entwachsen, kein Teenie mehr, um den man sich kümmern muss. Der Mittelfeldspieler trägt bereits seine Mannschaft, verhilft ihr wie am Freitagabend beim 3:0-Heimerfolg gegen die TSG Hoffenheim mit seinen beiden Treffern auf die Siegerstraße, er prägt mit seinen Ideen, seiner Eleganz und Dribbelstärke das Spiel der Münchner.

Keiner in der Mannschaft von Thomas Tuchel streichelt derart gefühlvoll den Ball, keiner spielt so leichtfüßig und mit so viel Leichtigkeit. Für einen Moment fühlte man sich an diesem so emotionalen Abend in der Allianz Arena an den Fußballer erinnert, dem gehuldigt wurde.

Spiel eins nach dem Tod von Vereinslegende Franz Beckenbauer, der am Sonntag im Alter von 78 Jahren verstorben ist, stand ganz im Zeichen des ehemaligen Spielers, Trainers und Präsidenten der Bayern, der am Freitag im engsten Familienkreis........

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