Fasnachtsgezwitscher

Nicht die Vögel, die Gedanken sind frei

Ein Vogel in geöffneter Voliere ziert die neue Basler Blaggedde. Doch was haben sich die Verantwortlichen mit dem Motto «vogelfrei» auch gedacht?

Christian Mensch 29.12.2023, 16.18 Uhr

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Die Basler Blaggedde, Edition 2024.

Bild: Juri Junkov

Das Motto der Fasnacht 2024 ist gekürt: «vogelfrei». Das ist nicht sonderlich originell, aber durchaus geeignet, um mit einem Glas Weisswein in der Hand und zwei weiteren vorweg intus mit fasnächtlichem Humor darüber zu improvisieren. Fragt sich allerdings, welches «vogelfrei» gemeint ist.

Ganz ursprünglich bedeutete das Wort tatsächlich, frei und ungebunden zu sein wie ein Vogel. Seit dem 16. Jahrhundert galt allerdings als vogelfrei, wer geächtet war, zum Abschuss freigegeben – und wessen Leiche den Vögeln zum Frass überlassen wurde.

Mit der Basler Fasnacht soll nun eine dritte Bedeutung eingeführt werden: frei wie ein Vogel im Zolli. Schliesslich ist das Motto als Referenz für das 150-Jahr-Jubiläum des Basler Zoos zu verstehen. Die Basler Institution wird sogar zum Marketingpartner des Basler Unesco-Kulturerbes Fasnacht. Nur: Welche Vogelfreiheit soll hier zelebriert werden?

Auch wenn im neuen Vogelhaus die Grossraumvoliere die engen Gitterstäbe abgelöst hat: Frei sind die Vögel im Tierpark keineswegs, ihr Radius wurde einfach etwas vergrössert. Im Idealfall wird ihnen eine Scheinfreiheit suggeriert; statt beim ersten Flügelschlag findet ihre Freiheit erst beim zehnten ein abruptes Ende.

Mehr noch: Im Zoo haben ganz besondere Vögel ihr Zuhause. Solche, die sonst im Verborgenen leben, solche aus fernen Ländern und solche, die vom Aussterben bedroht sind. Und ihre Daseinsberechtigung haben sie als lebendige Exponate einer natursimulierenden Ausstellung.

Ist dies der vogelfreie Fasnächtler? Vom Aussterben bedroht? Im engen Radius gehalten? Ein Voyeurismusobjekt im Baseler Karneval? Zu hoffen ist es nicht. Vielleicht ist das Motto auch nur dem Weisswein geschuldet.

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Das Motto der Fasnacht 2024 ist gekürt: «vogelfrei». Das ist nicht sonderlich originell, aber durchaus geeignet, um mit einem Glas Weisswein in der Hand und zwei weiteren vorweg intus mit fasnächtlichem Humor darüber zu improvisieren. Fragt sich allerdings, welches «vogelfrei» gemeint ist.

Ganz ursprünglich bedeutete das Wort tatsächlich, frei und ungebunden zu sein wie ein Vogel. Seit dem 16. Jahrhundert galt allerdings als vogelfrei, wer geächtet war, zum Abschuss freigegeben – und wessen Leiche den Vögeln zum Frass überlassen wurde.

Mit der Basler Fasnacht soll nun eine dritte Bedeutung eingeführt werden: frei wie ein Vogel im Zolli. Schliesslich ist das Motto als Referenz für das 150-Jahr-Jubiläum des Basler Zoos zu verstehen. Die Basler Institution wird sogar zum Marketingpartner des Basler Unesco-Kulturerbes Fasnacht. Nur: Welche Vogelfreiheit soll hier zelebriert werden?

Auch wenn im neuen Vogelhaus die Grossraumvoliere die engen Gitterstäbe abgelöst hat: Frei sind die Vögel im Tierpark keineswegs, ihr Radius wurde einfach etwas vergrössert. Im Idealfall wird ihnen eine Scheinfreiheit suggeriert; statt beim ersten Flügelschlag findet ihre Freiheit erst beim zehnten ein abruptes Ende.

Mehr noch: Im Zoo haben ganz besondere Vögel ihr Zuhause. Solche, die sonst im Verborgenen leben, solche aus fernen Ländern und solche, die vom Aussterben bedroht sind. Und ihre Daseinsberechtigung haben sie als lebendige Exponate einer natursimulierenden Ausstellung.

Ist dies der vogelfreie Fasnächtler? Vom Aussterben bedroht? Im engen Radius gehalten? Ein Voyeurismusobjekt im Baseler Karneval? Zu hoffen ist es nicht. Vielleicht ist das Motto auch nur dem Weisswein geschuldet.

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Nicht die Vögel, die Gedanken sind frei

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29.12.2023

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Nicht die Vögel, die Gedanken sind frei

Ein Vogel in geöffneter Voliere ziert die neue Basler Blaggedde. Doch was haben sich die Verantwortlichen mit dem Motto «vogelfrei» auch gedacht?

Christian Mensch 29.12.2023, 16.18 Uhr

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Bild: Juri Junkov

Das Motto der Fasnacht 2024 ist gekürt: «vogelfrei». Das ist nicht sonderlich originell, aber durchaus geeignet, um mit einem Glas Weisswein in der Hand und zwei weiteren vorweg intus mit fasnächtlichem Humor darüber zu improvisieren. Fragt sich allerdings, welches «vogelfrei» gemeint ist.

Ganz ursprünglich bedeutete das Wort tatsächlich, frei und ungebunden zu sein wie ein Vogel. Seit dem 16. Jahrhundert galt allerdings als vogelfrei, wer geächtet war, zum Abschuss freigegeben – und wessen Leiche den Vögeln zum Frass überlassen wurde.

Mit der Basler Fasnacht soll nun eine dritte Bedeutung eingeführt werden: frei wie ein........

© Basellandschaftliche Zeitung


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