Rutschmadame

Das Blut der Macht geleckt

Woche für Woche nimmt die Rutschmadame das regionale Geschehen aus dem Blickwinkel des nahen Elsass aufs Korn. Diese Woche: Wie es Basel schafft, auf ewig im Bundesrat vertreten zu sein.

Martina Rutschmann 09.12.2023, 05.00 Uhr

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Bundesratskandidat Beat Jans geht mit Läckerli auf Stimmenfang bei den Bäuerinnen und Bauern in Bern.

Bild: Peter Klaunzer/Keystone

Es war ein Volksfest, wie es sonst nur Bauern kennen. Mit Würsten zum Kauen und Politikern zum Anfassen. Zwar fehlten die Trychler, doch unsere Tambouren vertraten diese würdig. Im Stedtli und in der Stadt liessen sich Chef-Ständerätin Eva Herzog und Chef-Nationalrat Eric Nussbaumer feiern. Mit diesem Duo im Rampenlicht erfüllt sich jetzt vielleicht Herzogs Traum von einer «Verbaslerung» der Schweiz.

Im kollektiven Rausch von «Wir sind auch jemand!» hofft nun sogar der rechtskonservativste Neutralitätsfetischist auf einen Bundesrat Beat Jans. Wir haben das Blut der Macht geleckt, nun werden wir Bundesrat! Nicht nur alle 50 Jahre, sondern von Jans an immer. Basel als Zauberformel.

Die Sache hat aber zwei Haken: Unsere Teenager können nicht mehr gut lesen, ein Viertel erfüllt die Anforderungen nicht. Das haben die «Pisa-ker» mit fiesen Tests herausgefunden. Englisch müssen Bundesräte nicht sprechen, auch den Dreisatz verlangt niemand, aber lesen? Wäre von Vorteil.

Zweiter Haken: Kinder sind ein Auslaufmodell, wie neue Zahlen zeigen. In Basel-Stadt ist der Babyrückgang besonders hoch. Und wer nicht lesen kann – oder schlimmer, gar nicht erst geboren wird –, kann nicht Bundesrat werden. Müssen wir uns die Zauberformel nun aufs Buurebrot schmieren? Im Gegenteil!

In den Landdienst statt aufs Gymnasium

Wie nicht anders zu erwarten von uns Baslern reagieren wir schnell und unkompliziert auf den Zeitgeist: Die wenigen Bebbi, die wir noch zustande kriegen, schicken wir in den Landdienst statt aufs Gymnasium. Dort üben sie Glocken schellen anstelle von Piccolo pfeifen.

«Verbaslern» kann die Schweiz nur, wer sie kennt. Oder weshalb wird am Mittwoch Jans gewählt und nicht Pult? Nur Jans hat es geschafft, bei den Bauern zu punkten. Die waren so angetan vom geschmeidigen Basler, dass sie vor Schreck die Mistgabel fallen liessen.

Ob Jans lesen kann, spielte keine Rolle. Das mag bedauerlich sein in einem Land, das Weltliteratur wie «Ueli der Knecht» hervorgebracht hat, ist aber als Botschaft zu verstehen: Wenn es uns gelingt, die Babys zu bauernschlauen Menschen heranzuzüchten, ist uns ein Bundesratssitz auf ewig garantiert. Zur Sicherheit erschaffen wir parallel das Basler Fleckvieh. Gut möglich, dass es künftig reicht, eine Kuh zu sein, um das Land zu regieren. Hauptsache, es ist ein Bebbi.

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Martina Rutschmann 09.12.2023, 05.00 Uhr

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Bild: Peter Klaunzer/Keystone

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