Rutschmadame

Ohne Hof wär’s doof

Woche für Woche nimmt die Rutschmadame das regionale Geschehen aus dem Blickwinkel des nahen Elsass aufs Korn. Diese Woche: Warum der Cortège zum Bauernprotest werden muss.

Martina Rutschmann 17.02.2024, 05.00 Uhr

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Baselbieter Landwirte machen mit einer Lichtshow in den Rebbergen oberhalb von Maisprach auf sich aufmerksam.

Bild: zvg

Mit Traktoren-Lichtshows von Dings-lingen nach Bums-fluh versetzen unsere Rampassen das Land in Ektase. Der rebellische Baselbieter Bauer ist des Schweizers neuer Held. Für Basel-Stadt bedeutet das nichts Gutes. Der Graben zwischen dem Pünktchen oben auf der Landkarte und dem Rest des Landes vertieft sich. Sogar in Genf, dem anderen links-woken Stadtkanton, fahren Traktoren auf. Bei uns aber – kein Erbarmen mit den Farmen.

Der einzige Landwirt, den wir haben, sitzt als Bundesrat in Bern. Und während sich der Rest des Alpen- und Bauernstaats solidarisiert, verlieren wir weiter an Bedeutung. Würde man uns von der Karte ausradieren, bliebe der Kuhfladen, der die Schweiz darstellt, nahezu gleich. Stellt Euch nur vor, Graubünden würde entfernt! Das Land wäre amputiert! Ein Körper ohne Herz. Basel aber ist höchstens ein Blinddarm. Wurscht, ob er da ist oder nicht. Schert sich eh keine Sau drum.

Und jetzt denkt bitte nicht über Blinddarm, Sau und Wurst nach, Basel hat immerhin «Bell». Bloss: Wer denkt schon an Basel, wenn er in ein Wienerli beisst? Und kommt mir jetzt nicht mit Läckerli. Diesen Trick hat schon unser Bundesbauer angewandt.

Wir müssen den Restschweizern auf andere Art klarmachen: Die Tatsache, dass wir für den Kuhfladen irrelevant sind und Umzüge als Cortège bezeichnen ist kein Grund, uns derart zu mobben! Schliesslich sind wir es, die euch durchfüttern. Eure Herzen gewinnen wir mit den läppischen Milliarden offenbar nicht. Wir müssen euch mit euren eigenen Waffen erobern!

Was käme da gelegener als die Fasnacht? Sie ehrt den Ur-Bauern in Form des Waggis, indem sie ihn fremde Leute mit Riebli und Orangen bewerfen lässt und somit dem hinterletzten urbanen Quartiermarkt-Bienenwachstuch-Freak klar macht: Ohne Hof wär’s doof!

Für die Anerkennung Basel-Stadts im Ackerbau-Bund braucht es jedoch mehr als einen Brauch, der älter ist als Tell und Blocher zusammen: Der Cortège muss zum Bauernprotest werden! Mit 120 angemeldeten Traktoren gibt er mehr her als die Lichtshow der Rampassen – und wird erst noch live im serbelnden Staatsfernsehen übertragen. Da spielt es keine Rolle, dass die Würste von Eiche kommen, die Riebli von den Schwoben und der Waggis aus dem Elsass.

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Was käme da gelegener als die Fasnacht? Sie ehrt den Ur-Bauern in Form des Waggis, indem sie ihn fremde Leute mit Riebli und Orangen bewerfen lässt und somit dem hinterletzten urbanen Quartiermarkt-Bienenwachstuch-Freak klar macht: Ohne Hof wär’s doof!

Für die Anerkennung Basel-Stadts im Ackerbau-Bund braucht es jedoch mehr als einen Brauch, der älter ist als Tell und Blocher zusammen: Der Cortège muss zum Bauernprotest werden! Mit 120 angemeldeten Traktoren gibt er mehr her als die Lichtshow der Rampassen – und wird erst noch live im serbelnden Staatsfernsehen übertragen. Da spielt es keine Rolle, dass die Würste von Eiche kommen, die Riebli von den Schwoben und der Waggis aus dem Elsass.

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Martina Rutschmann 17.02.2024, 05.00 Uhr

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