Geht es irgendwann in einem Quiz um die Bundesligasaison 2023/24, könnte eine leicht ausholende Frage lauten: Was haben Rani Khedira und Bayerns Joshua Kimmich gemeinsam und was Christopher Trimmel und Frankfurts Tuta? Was wiederum Kevin Volland und der französische Vizeweltmeister Dayot Upamecano sowie Brenden Aaronson und Ansgar Knauff von Eintracht Frankfurt? Und was, auch das passt dazu, Andras Schäfer und Dortmunds Marcel Sabitzer?

Es geht – kleine Hilfestellung –, obwohl bei jedem Duo ein Spieler aus Köpenick dabei ist, nicht um den 1. FC Union Berlin. Es geht um Platzverweise. All diese Pärchen sind an ein und demselben Spieltag vorzeitig zum Duschen geschickt worden. Verdammt viele sind das.

Ich erinnere mich an Zeiten, da riefen Rote Karten einen Sturm der Entrüstung hervor. Als junger Kollege musste ich für das Deutsche Sportecho und Die neue Fußballwoche Mitte Dezember 1979 in der DDR-Oberliga beim Spiel zwischen dem FC Karl-Marx-Stadt und Chemie Leipzig gleich zwei Feldverweise beschreiben. Eigentlich war so ein Spiel nicht möglich in einer Saison, die mit insgesamt zehn Roten Karten endete. Viel schlimmer noch war, dass FCK-Haudegen Frank Sorge schon nach acht Minuten flog und der Leipziger Fritz Weniger ihm nur neun Zeigerumdrehungen später folgte. Eine klare Sache, zumal der Unparteiische Siegfried Kirschen hieß, damals schon Fifa-Schiedsrichter und einer der Besten seiner Zunft. Außergewöhnlich war sie dennoch.

Lange habe ich über der Schiri-Kritik, die in der Fuwo üblich war, oft kurz ausfiel, trotzdem wegen ihrer Zwischen-den-Zeilen-Schelte vielfach zuerst gelesen wurde, gebrütet. Mein Anfang: Mit dem Unparteiischen war diesmal nicht gut Kirschen essen …

Zehn Rote Karten damals nach 182 Spielen. Vergleicht man das mit den Sünden von heute, ist das ein Witz. Aktuell steht die Zahl bei 45 (!) Feldverweisen, 24-mal mussten die Spieler nach Gelb-Rot vom Platz, 21-mal nach Rot. Das Ende der Fahnenstange, so viel scheint sicher, ist noch nicht erreicht.

09.03.2024

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Dabei sind die Spiele nicht einmal härter geworden. Früher gab es viel mehr auf die Hölzer. Robuste Kerle, körperlich kantig, gab es seinerzeit zuhauf und überall. In der DDR machten alle einen lieber etwas größeren Bogen um den Jenaer Michael Strempel. In der Bundesliga haftete Hans-Hubert Vogts, immerhin Welt- und Europameister, neben Berti auch Terrier als Spitzname an. Vincent Peter Jones, der beim FC Wimbledon Kult ist und walisischer Nationalspieler war, ist den meisten nur als „Vinnie die Axt“ bekannt. Als in Spanien der junge Diego Maradona von Andoni Goikoetxea brutal ins Krankenhaus getreten wurde, dachten manche an Lynchjustiz.

Solche Typen sind zum Glück im Aussterben begriffen. Vor allem in der Bundesliga und da besonders beim 1. FC Union Berlin. Und doch sind die Eisernen das Team mit den in diesem Spieljahr meisten Feldverweisen. Natürlich lässt sich über die Ampelkarte von Kevin Volland gegen Hoffenheim streiten. Auch über das Rot von Christopher Trimmel in Leipzig. Erst recht gilt der Feldverweis von Andras Schäfer in Stuttgart bei Nenad Bjelica als fragwürdig. Andere Trainer klagen auch. So Dortmunds Eden Terzic jüngst über den Feldverweis gegen seinen Mittelfeldspieler Marcel Sabitzer.

Sind die Schiedsrichter mit ihrer Härte und Strenge die Sündenböcke oder doch die Spieler? Oder keiner? Oder beide? Manches passiert tatsächlich nicht in böser Absicht. Die bis zu 21 TV-Kameras, die pro Spiel eingesetzt werden, würden es unbarmherzig an den Tag bringen. Vieles ist dem hohen Tempo und der enormen Athletik geschuldet und von den Zuschauern im Stadion mit bloßem Auge kaum zu erkennen. Auch sind die Regeln – Tritt auf den Fuß, gar oberhalb des Knöchels – arg verschärft worden. Darum wissen aber alle. Rausreden sollte sich deshalb niemand. Es sind jedenfalls zu viele. Gerade bei den Eisernen aus Köpenick. Deshalb: Stoppt die Rot-Flut!

QOSHE - Aufforderung an die Profis des 1. FC Union Berlin: Stoppt die Rot-Flut! - Andreas Baingo
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Aufforderung an die Profis des 1. FC Union Berlin: Stoppt die Rot-Flut!

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13.03.2024

Geht es irgendwann in einem Quiz um die Bundesligasaison 2023/24, könnte eine leicht ausholende Frage lauten: Was haben Rani Khedira und Bayerns Joshua Kimmich gemeinsam und was Christopher Trimmel und Frankfurts Tuta? Was wiederum Kevin Volland und der französische Vizeweltmeister Dayot Upamecano sowie Brenden Aaronson und Ansgar Knauff von Eintracht Frankfurt? Und was, auch das passt dazu, Andras Schäfer und Dortmunds Marcel Sabitzer?

Es geht – kleine Hilfestellung –, obwohl bei jedem Duo ein Spieler aus Köpenick dabei ist, nicht um den 1. FC Union Berlin. Es geht um Platzverweise. All diese Pärchen sind an ein und demselben Spieltag vorzeitig zum Duschen geschickt worden. Verdammt viele sind das.

Ich erinnere mich an Zeiten, da riefen Rote Karten einen Sturm der Entrüstung hervor. Als junger Kollege musste ich für das Deutsche Sportecho und Die neue Fußballwoche Mitte Dezember 1979 in der DDR-Oberliga beim Spiel zwischen dem FC Karl-Marx-Stadt und Chemie Leipzig gleich zwei Feldverweise........

© Berliner Zeitung


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