Während die Polizei weiter nach den RAF-Terroristen fahndet, mobilisiert die linke Szene in Berlin zu Solidaritätsdemos unter dem Motto „Solidarität mit Burkhard Garweg und Ernst-Volker Staub“. Gegen den „Staatsterror“ soll es am Samstagabend vom Mariannenplatz aus eine Demonstration durch Kreuzberg geben. Bei der Berliner Polizei sind nach Angaben eines Sprechers 300 Teilnehmer angemeldet.

Am 27. Februar war die seit 30 Jahren untergetauchte mutmaßliche RAF-Terroristin Daniela Klette in Kreuzberg verhaftet worden. In der Wohnung der 65-Jährigen fanden die Polizisten unter anderem eine Panzerabwehrgranate, eine Kalaschnikow und Munition. An diesem Donnerstag eröffnete ihr ein Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe den Haftbefehl. Diesen hat die Bundesanwaltschaft schon vor Jahren wegen ihrer mutmaßlichen Beteiligung an Anschlägen der inzwischen aufgelösten RAF beantragt.

Im Zuge der Festnahme fahnden die Beamten auch nach Klettes mutmaßlichen Komplizen, dem 69-jährigen Ernst-Volker Staub und dem 55-jährigen Burkhard Garweg. Seit Klettes Festnahme geht es Schlag auf Schlag: Am vergangenen Sonntag durchsuchten LKA-Beamte aus Niedersachsen eine Wagenburg am Markgrafendamm in der Nähe des Ostkreuzes. Dort soll Garweg in einem Bauwagen gelebt haben, den die Beamten mitnahmen und nach Hannover transportierten.

Anschließend stürmten niedersächsische Spezialeinsatzkommandos (SEK) zwei Wohnungen in Friedrichshain und in der Nacht zum Dienstag eine Wohnung in einem Studentenwohnheim am Franz-Mehring-Platz. Auf der A5 in Hessen stoppte ein SEK am Montag einen Transporter mit Münchner Kennzeichen. Eine Festnahme habe es aber nicht gegeben, teilte das Landeskriminalamt Niedersachsen mit.

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Die Staatsanwaltschaft im niedersächsischen Verden und das LKA Hannover sind bei den Ermittlungen federführend. Klette, Staub und Garweg, die der dritten Generation der 1998 aufgelösten RAF zugerechnet werden, sollen zwischen 1999 und 2016 Geldtransporter und Supermärkte in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen überfallen haben, um sich Geld zu beschaffen. Ihnen wird auch versuchter Mord vorgeworfen, weil dabei geschossen wurde. Die Berliner Polizei und das Bundeskriminalamt leisten für die Niedersachsen Amtshilfe.

Bei ihrer Jagd nach den mutmaßlichen RAF-Veteranen gehen die Niedersachsen in der Hauptstadt rabiat und eigenständig vor, was bei manchen ihrer Berliner Kollegen für Unmut sorgt. Die Niedersachsen sind mit einem eigenen Spezialeinsatzkommando in Berlin, mit einem eigenen Mobilen Einsatzkommando (MEK), mit eigenen Einsatzhundertschaften. „Sie ballern jeden Tag in eine andere Immobilie rein und wir wissen nichts“, sagt ein wütender Berliner Beamter. „Was haben die für Informationen? Wir wissen nicht mal, mit wie vielen Kräften die hier sind.“

Bei der Berliner Polizei verfolgt man, wie die Einsätze der Niedersachsen die linke Szene allmählich sauer werden lässt – was man etwa an der Demoanmeldung für das kommende Wochenende sieht. Man freue sich schon auf den 1. Mai, heißt es sarkastisch. Und man hoffe, dass Niedersachsen dann die Berliner Kollegen unterstütze. Auf linksradikalen Internetseiten wurden in diesem Zusammenhang mittlerweile zahlreiche Nummernschilder von Berliner und niedersächsischen zivilen Polizeifahrzeugen veröffentlicht.

Daniela Klette: Ex-RAF-Terroristin wird Haftbefehl am BGH eröffnet

•vor 4 Std.

„Maßnahmen in Berlin werden andauern“: Sind die RAF-Terroristen überhaupt noch in der Stadt?

04.03.2024

Für Erstaunen sorgte auch die Mitteilung der Staatsanwaltschaft Verden, Garweg und Staub hielten sich wahrscheinlich in Berlin auf und seien gefährlich. Spätestens da waren die beiden gewarnt und dürften die Stadt verlassen haben, heißt es. Auf die Frage im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses, wer zuständig sei für die Kommunikation von Gefährdungspotenzialen für die Berliner Bevölkerung, formulierte Berlins Polizei-Vize Marco Langner vorsichtig: „Wir wünschen uns oder haben uns gewünscht, dass man diese Dinge besser abstimmt. Das ist mittlerweile geschehen.“

Auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) verpackte ihre Kritik in diplomatische Formulierungen: Man hoffe, „dass die federführenden Behörden die jahrzehntelange Expertise der Berliner Kollegen im Umgang mit der linksextremen Szene in der Hauptstadt zu schätzen wissen“. Berlins Einsatzhundertschaften und Spezialeinheiten verfügten über hohe Qualität und unterstützten gern bei Maßnahmen innerhalb der Hauptstadt, „damit Durchsuchungen zeitnah und vollumfänglich durchgeführt werden können und man Fahrzeuge und Personen nicht aus den Augen verliert“.

Der Transporter, den niedersächsische LKA-Fahnder auf der A5 gestoppt hatten, war zuvor in Berlin herumgefahren. Niedersächsische Observationskräfte hatten ihn nach Angaben von Beamten in der Hauptstadt im Blick – und ihn dann wieder aus den Augen verloren.

RAF-Experte: „Gewiss kein Zufall“, dass Daniela Klette in Kreuzberg untertauchte

gestern

RAF-Fahndung: SEK-Einsatz auf Rastplatz an der Autobahn 5

04.03.2024

Ein Sprecher der Berliner Polizei weist Vorwürfe mangelnder Zusammenarbeit zurück: „Grundsätzlich können Polizeikräfte anderer Bundesländer oder des Bundes Festnahmen aufgrund eines Haftbefehles in einem anderen Bundesland selbst durchführen“, sagt er. Häufig werde die örtlich zuständige Polizeibehörde um Unterstützung der eigenen Maßnahmen gebeten, wozu gegebenenfalls auch die Mitteilung von Erkenntnissen und Informationen zähle. Die Umsetzung der Maßnahmen erfolge standardmäßig nicht nur behördenintern, sondern auch behördenübergreifend.

Nach der Festnahme von Klette wurden nach den Worten des Polizeisprechers schnell die Zuständigkeiten festgelegt und verlässliche Führungsstrukturen zwischen den Landeskriminalämtern Berlin und Niedersachsen sowie dem Bundeskriminalamt aufgebaut. So wurde im LKA Berlin ein Landeseinsatzabschnitt innerhalb der in Niedersachsen aufgestellten „Besonderen Aufbauorganisation“ gebildet. Der Sprecher weiter: „In der aktuellen Einsatzstruktur arbeiten alle beteiligten Behörden durchgehend zusammen, wobei auch die Kommunikations- und Informationswege sukzessive an die jeweiligen Bedarfe angepasst wurden.“

QOSHE - Fahndung nach Garweg und Staub: RAF-Jäger aus Niedersachsen sorgen in Berlin für Unmut - Andreas Kopietz
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Fahndung nach Garweg und Staub: RAF-Jäger aus Niedersachsen sorgen in Berlin für Unmut

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07.03.2024

Während die Polizei weiter nach den RAF-Terroristen fahndet, mobilisiert die linke Szene in Berlin zu Solidaritätsdemos unter dem Motto „Solidarität mit Burkhard Garweg und Ernst-Volker Staub“. Gegen den „Staatsterror“ soll es am Samstagabend vom Mariannenplatz aus eine Demonstration durch Kreuzberg geben. Bei der Berliner Polizei sind nach Angaben eines Sprechers 300 Teilnehmer angemeldet.

Am 27. Februar war die seit 30 Jahren untergetauchte mutmaßliche RAF-Terroristin Daniela Klette in Kreuzberg verhaftet worden. In der Wohnung der 65-Jährigen fanden die Polizisten unter anderem eine Panzerabwehrgranate, eine Kalaschnikow und Munition. An diesem Donnerstag eröffnete ihr ein Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe den Haftbefehl. Diesen hat die Bundesanwaltschaft schon vor Jahren wegen ihrer mutmaßlichen Beteiligung an Anschlägen der inzwischen aufgelösten RAF beantragt.

Im Zuge der Festnahme fahnden die Beamten auch nach Klettes mutmaßlichen Komplizen, dem 69-jährigen Ernst-Volker Staub und dem 55-jährigen Burkhard Garweg. Seit Klettes Festnahme geht es Schlag auf Schlag: Am vergangenen Sonntag durchsuchten LKA-Beamte aus Niedersachsen eine Wagenburg am Markgrafendamm in der Nähe des Ostkreuzes. Dort soll Garweg in einem Bauwagen gelebt haben, den die Beamten mitnahmen und nach Hannover transportierten.

Anschließend stürmten niedersächsische Spezialeinsatzkommandos (SEK) zwei Wohnungen in Friedrichshain und in der Nacht zum Dienstag eine Wohnung in einem Studentenwohnheim am Franz-Mehring-Platz. Auf der A5 in........

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