Über die Geschwindigkeit der Berliner Strafverfolger kann man sich mitunter wundern. So wenn Monate oder gar anderthalb Jahre ins Land gehen, bis die Polizei öffentlich mit einem Bild nach einem Täter fahndet. Am Dienstag war wieder so ein wundersamer Moment, als die Berliner Polizei ihre Meldung Nummer 536 veröffentlichte: „Tatverdächtiger nach gefährlicher Körperverletzung gesucht – Polizei bittet um Mithilfe“.

Die Kripo fahndet nämlich nach einem Mann, der eine gefährliche Körperverletzung in Friedenau begangen haben soll. Die Tat ereignete sich am 23. April 2023 (!), gegen 0.20 Uhr in einem Bus der Linie M48 in Richtung Zehlendorf. An der Rhein-, Ecke Schmiljanstraße soll der Gesuchte gemeinsam mit einem polizeibekannten Mann einem 39-Jährigen mehrfach gegen den Kopf geschlagen und gegen den Oberkörper getreten haben. Der Angegriffene erlitt eine Jochbeinfraktur. Eine Beschreibung des 25- bis 30-jährigen Verdächtigen liefert die Polizei auf ihrer Internetseite.

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Aber es kommt noch besser: Am Donnerstag verbreitete die Berliner Polizei ihre Meldung Nr. 549 mit Fotos von vier Männern. Sie sollen nachts am Alexanderplatz einen 32-Jährigen nach einem Streit geschlagen und getreten haben, sodass er in einem Krankenhaus stationär aufgenommen werden musste. Wann das war? Am Dienstag, dem 16. August, anno 2022. Die Tatverdächtigen, die auf der Internetseite der Polizei Berlin zu besichtigen sind, hatten damals ein vermutliches Alter von 25 Jahren.

Fragt man, warum es öfter mal länger dauert, bekommt man von Polizei und Staatsanwaltschaft gesagt, dass erst alle anderen Ermittlungsansätze ausgeschöpft sein müssten, bevor man ein Gesicht veröffentlicht. Immer wieder mal wird diskutiert, den Paragrafen 131 der Strafprozessordnung, ein Bundesgesetz, zu ändern, um solche Verfahren zu beschleunigen. Es gibt gute Gründe dafür – aber auch dagegen. Manchmal sind die Ursachen aber auch banaler: Ermittler sind überlastet, sodass eine Ermittlungsakte im Stapel auch mal ganz unten liegt.

Die Schläger aus Friedenau und jene vom Alex jedenfalls dürften über alle Berge sein oder ließen sich vielleicht inzwischen Vollbärte in ihren einstigen Milchgesichtern wachsen.

13.03.2024

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QOSHE - Schwere Angriffe in Friedenau und am Alex: Wenn die Ermittlungsakte ganz unten liegt - Andreas Kopietz
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Schwere Angriffe in Friedenau und am Alex: Wenn die Ermittlungsakte ganz unten liegt

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16.03.2024

Über die Geschwindigkeit der Berliner Strafverfolger kann man sich mitunter wundern. So wenn Monate oder gar anderthalb Jahre ins Land gehen, bis die Polizei öffentlich mit einem Bild nach einem Täter fahndet. Am Dienstag war wieder so ein wundersamer Moment, als die Berliner Polizei ihre Meldung Nummer 536 veröffentlichte: „Tatverdächtiger nach gefährlicher Körperverletzung gesucht – Polizei bittet um Mithilfe“.

Die Kripo fahndet nämlich nach einem Mann, der eine gefährliche Körperverletzung in Friedenau begangen haben soll. Die Tat ereignete sich am 23. April 2023 (!), gegen 0.20 Uhr in........

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