Der zweite Jahrestag des russischen Überfalls auf die Ukraine begann schon am frühen Morgen mit einer demonstrativen Aktion: Aktivisten der Umweltschutzorganisation Greenpeace projizierten mehrere Schriftzüge auf die russische Botschaft Unter den Linden: „Stoppt das Töten“ und „Hände weg von der Ukraine“. Damit handelte sich die Organisation eine Ordnungswidrigkeiten-Anzeige der Berliner Polizei ein.

Zuvor hatten das Verwaltungsgericht und das Oberverwaltungsgericht und am Freitag auch das Bundesverfassungsgericht das von der Polizei Berlin erlassene Verbot bestätigt. Sie lehnten einen Eilantrag des Ukraine-Solidaritätsverein Vitsche ab, der eine Stunde lang Fotos und Videos vom Krieg auf die Botschaft projizieren wollte. Die Gerichte hatten die „Würde der diplomatischen Vertretung“ betont.

Und trotzdem wurde es getan. Vor der Botschaft, an der die Fenster zur Straße Unter den Linden zugezogen sind, stehen rund um die Uhr fünf bis sechs Mannschaftswagen der Polizei. Um 6.15 Uhr kam am Samstagmorgen eine Frau zu den Beamten und teilte mit, dass es nun eine Lichtprojektion an das Botschaftsgebäude geben werde. In dem Moment startete das Ganze. Als Ort der Lichtprojektion machten die Polizisten einen Lkw aus, der mit einem Überseecontainer beladen und in der Schadowstraße etwa 115 Meter von der Botschaft geparkt war.

Der Container war oben offen, der Projektor befand sich in vier bis fünf Metern Höhe, sodass die Polizisten nicht herankamen. Auch ins Innere gelangten sie nicht. Sie mussten die Feuerwehr anfordern. Noch bevor sie eintraf, schalteten die Greenpeace-Leute die Projektion ab und öffneten gegen 6.40 Uhr den Container. Die Polizisten nahmen die Personalien der fünf Männer und zwei Frauen auf.

22.02.2024

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21.02.2024

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Vor der russischen Botschaft Unter den Linden ist es schon seit zwei Jahren nicht mehr ruhig. Auch am Sonnabend legten den ganzen Tag über Menschen, die in ukrainische Fahnen gehüllt waren, auf dem Mittelstreifen Blumen und Kerzen ab, um dem in Lagerhaft gestorbenen Alexej Nawalny zu gedenken. Nach Darstellung russischer Behörden war Nawalny am Freitag vor einer Woche bei einem Hofgang im Straflager zusammengebrochen und gestorben. Schon kurz nachdem sein Tod bekannt wurde, hatten sich vor der Botschaft Unter den Linden Hunderte Menschen versammelt.

An diesem Sonnabend verwandelte sich der Platz des 18. März vor dem Brandenburger Tor ab 13 Uhr in ein Meer aus blau-gelben ukrainischen Nationalfahnen. Der Verein Vitsche Berlin hatte am Jahrestag der russischen Invasion zur Kundgebung aufgerufen unter dem Motto „Frieden verteidigen – Victory for Peace“. Die Polizei zählte nach Angaben eines Sprechers etwa 5000 Teilnehmer. Die Kundgebung sei ohne Zwischenfälle verlaufen, so der Sprecher.

Mittlerweile habe sich mehrere Tausend Menschen am Brandenburger Tor versammelt. #Ukraine @VitscheBerlin @UkraineBerlin pic.twitter.com/0QKzbbGUxf

Auf Plakaten waren Forderungen zu lesen wie „Stoppt Putin“, „Mehr Waffen für die Ukraine“, „Taurus jetzt“ – also die Forderung nach dem von Deutschland lieferbaren Taurus-Marschflugkörper mit hoher Reichweite und Durchschlagskraft – oder auch „Stoppt Russlands 5. Kolonne“, womit pro-russische Propagandisten in Deutschland gemeint waren. „Wir haben hier willfährige Marionetten, die behaupten, dass die Ukraine schuld am Krieg ist“, sagte eine Rednerin.

Kai Wegner, der Regierende Bürgermeister von Berlin, sprach ebenfalls von der Bühne herab: „Russland will die Ukraine, ihre Sprache und Kultur auslöschen. Das lassen wir nicht zu“. Es reiche nicht aus, Sonntagsreden zu halten. „Was die Ukraine heute schnell braucht, sind Waffen, das ist Munition, das ist der Taurus“. Wegner weiter: „Wir stehen uneingeschränkt als Stadt hinter der Ukraine.“ Und dann sagte er noch unter großem Beifall: „Mörder Putin muss zur Verantwortung gezogen werden!“

Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Oleksii Makeiev, sagte: „Wir haben keine Chance kriegsmüde zu sein. Denn Russland wird nie genozidmüde.“ Mehrere Redner kritisierten, dass das „Russische Haus“ in der Friedrichstraße noch geöffnet sein dürfe. Von dort werde russische Propaganda verbreitet.

Eindruck von der #Ukraine-Demo in #Berlin pic.twitter.com/3rhJgdtQfZ

Demonstriert wurde auch an anderen Orten in der Stadt. Vor dem Bundeskanzleramt fand zur selben Zeit genau das inhaltliche Gegenteil zur Ukraine-Demo statt: Die Friedenskoordination Berlin hatte zur Kundgebung für den Frieden aufgerufen und gegen Waffenlieferungen an die Ukraine protestiert. Die Demonstranten protestierten gegen „Russophobie“, forderten „Frieden mit Russland“ und außerdem „Freiheit für Palästina“.

Letzteres forderten auch mehrere Hundert Demonstranten, die durch Charlottenburg über den Kurfürstendamm zogen und Parolen gegen Israel brüllten. Sie versuchten, Gegendemonstranten anzugreifen, was die Polizei verhindern konnte. Und in Kreuzberg demonstrierten mehrere Hundert Menschen, die nicht wollen, dass der Görlitzer Park, ein international bekannter Drogen-Hotspot, eingezäunt wird. Alles in allem also ein „normaler“ Sonnabend für die Berliner Polizei, wie man den Worten des Polizeisprechers entnehmen konnte .

Am Abend dann sollte das Brandenburger Tor wieder in den ukrainischen Nationalfarben Blau-Gelb angestrahlt werden.

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Zwei Jahre Ukraine-Krieg: Blau-gelbes Fahnenmeer am Brandenburger Tor, Wegner fordert Taurus-Lieferung

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24.02.2024

Der zweite Jahrestag des russischen Überfalls auf die Ukraine begann schon am frühen Morgen mit einer demonstrativen Aktion: Aktivisten der Umweltschutzorganisation Greenpeace projizierten mehrere Schriftzüge auf die russische Botschaft Unter den Linden: „Stoppt das Töten“ und „Hände weg von der Ukraine“. Damit handelte sich die Organisation eine Ordnungswidrigkeiten-Anzeige der Berliner Polizei ein.

Zuvor hatten das Verwaltungsgericht und das Oberverwaltungsgericht und am Freitag auch das Bundesverfassungsgericht das von der Polizei Berlin erlassene Verbot bestätigt. Sie lehnten einen Eilantrag des Ukraine-Solidaritätsverein Vitsche ab, der eine Stunde lang Fotos und Videos vom Krieg auf die Botschaft projizieren wollte. Die Gerichte hatten die „Würde der diplomatischen Vertretung“ betont.

Und trotzdem wurde es getan. Vor der Botschaft, an der die Fenster zur Straße Unter den Linden zugezogen sind, stehen rund um die Uhr fünf bis sechs Mannschaftswagen der Polizei. Um 6.15 Uhr kam am Samstagmorgen eine Frau zu den Beamten und teilte mit, dass es nun eine Lichtprojektion an das Botschaftsgebäude geben werde. In dem Moment startete das Ganze. Als Ort der Lichtprojektion machten die Polizisten einen Lkw aus, der mit einem Überseecontainer beladen und in der Schadowstraße etwa 115 Meter von der Botschaft geparkt war.

Der Container war oben offen, der Projektor befand sich in vier bis........

© Berliner Zeitung


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