Der Zoll hat im vergangenen Jahr mehr als 53 Millionen Euro an Strafgeldern in der Speditions-, Transport- und Logistikbranche (STL) eingetrieben. Dazu zählt auch die Kurier-, Express- und Paketbranche (KEP).

Auffallend ist vor allem die enorm gestiegene Höhe der festgesetzten Verwarnungs-, Bußgelder-, Einziehungs- und Verfallbeträge im Bereich des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) von rund 51 Millionen Euro. Zweck des AÜG ist der Schutz von Leiharbeitern vor Ausbeutung.

In den Jahren zuvor waren es deutlich weniger: 2022 circa 52.000 Euro, 2021 etwa 1,4 Millionen und 2020 um die 290.000 Euro. Der Gesamtumfang an festgesetzten Beträgen für Ordnungswidrigkeiten hat sich damit 2023 auf rund 53 Millionen Euro hochgeschraubt – im Vergleich zu 3,3 Millionen Euro im Vorjahr. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung an den Linke-Abgeordneten Pascal Meiser hervor, die der Berliner Zeitung exklusiv vorliegt.

Gestiegen ist auch die Anzahl der eingeleiteten Ordnungswidrigkeitsverfahren: Von 2646 im Jahr 2022 stiegen sie auf 3135 im Jahr 2023. Die Anzahl der eingeleiteten Strafverfahren ist hingegen rückläufig und liegt für 2023 bei 4271. Ein Jahr zuvor lag die Zahl noch bei 4359 und 2021 bei 4755 eingeleiteten Straftaten.

Ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums sagt zur Berliner Zeitung, dass die enorme Summe vor allem aus Abschlüssen von Ermittlungsverfahren der Finanzkontrolle Schwarzarbeit des Zolls (FKS) wegen Verstößen gegen das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz resultiere.

27.02.2024

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Diese intensiven Prüfungen erfolgten laut Finanzministerium risikoorientiert und konzentrierten sich „gezielt auf Branchen mit hoher Anfälligkeit für Schwarzarbeit“. Das Speditions-, Transport- und Logistikgewerbe (STL) gehört demnach dazu.

Insgesamt wurden im Jahre 2023 durch die FKS 42.631 Arbeitgeberprüfungen durchgeführt, darauf entfielen insgesamt 3041 Prüfungen auf die Logistik-Branche.

Außerdem wurde in der Kurier-, Express- und Paketbranche (KEP) im Jahr 2023 eine bundesweite Schwerpunktprüfung durchgeführt. Bei dieser waren 3004 Bedienstete des Zolls sowie 170 Bedienstete anderer Behörden beteiligt.

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Das Gewerbe steht schon länger im Fokus. Gerade die Paket-Kurierbranche hat sich im Laufe der Jahre zu einem kaum durchschaubaren Netz aus Subunternehmen und Sub-Subunternehmen entwickelt. Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung grassieren, so Kritiker.

Besonders auffällig: Die Anzahl von Vergehen im Bereich Leistungsmissbrauch und Beitragsbetrug. Im Bundesfinanzministerium ist das bekannt. Dort heißt es, die FKS führe „ganzheitliche Prüfungen“ durch, die „auch sozialversicherungsrechtliche Aspekte und den Bezug von Sozialleistungen berücksichtigen“. Die Zusammenarbeit mit anderen Behörden sei intensiv, „um Erkenntnisse auszutauschen und gegen Schwarzarbeit vorzugehen“.

Pascal Meiser, Abgeordneter und gewerkschaftspolitischer Experte für die Linkengruppe im Bundestag, kommentiert die Situation: „Die Antwort der Bundesregierung zeichnet insgesamt ein verheerendes Bild des Transportgewerbes. Insbesondere im Straßengüterverkehr und bei der Paketzustellung muss man inzwischen von systematischen Verstößen gegen grundlegende arbeits- und sozialrechtliche Bestimmungen sprechen.“

Zur Berliner Zeitung sagt er, dass die Zahlen die erschreckenden Zustände zeigten: „Umso mehr hier kontrolliert wird, umso verheerender das Bild. Gegen diese organisierte Verantwortungslosigkeit helfen nur mehr Kontrollen und strengere gesetzliche Regelungen.“

Dazu müssten, so der Politiker, zum Beispiel Subunternehmerketten bei der Paketzustellung endlich verboten werden. Die großen Paketdienstleister müssten wieder die Verantwortung für die Arbeitsbedingungen der Paketzusteller übernehmen, „die in ihrem Namen bei Wind und Wetter Pakete bis an die Haustüren schleppen und dabei nicht selten ihre Gesundheit ruinieren“.

QOSHE - Rekordsummen an Strafen: Paketboten und Kuriere verstärkt im Visier der Fahnder - Anne-Kattrin Palmer
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Rekordsummen an Strafen: Paketboten und Kuriere verstärkt im Visier der Fahnder

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29.02.2024

Der Zoll hat im vergangenen Jahr mehr als 53 Millionen Euro an Strafgeldern in der Speditions-, Transport- und Logistikbranche (STL) eingetrieben. Dazu zählt auch die Kurier-, Express- und Paketbranche (KEP).

Auffallend ist vor allem die enorm gestiegene Höhe der festgesetzten Verwarnungs-, Bußgelder-, Einziehungs- und Verfallbeträge im Bereich des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) von rund 51 Millionen Euro. Zweck des AÜG ist der Schutz von Leiharbeitern vor Ausbeutung.

In den Jahren zuvor waren es deutlich weniger: 2022 circa 52.000 Euro, 2021 etwa 1,4 Millionen und 2020 um die 290.000 Euro. Der Gesamtumfang an festgesetzten Beträgen für Ordnungswidrigkeiten hat sich damit 2023 auf rund 53 Millionen Euro hochgeschraubt – im Vergleich zu 3,3 Millionen Euro im Vorjahr. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung an den Linke-Abgeordneten Pascal Meiser hervor, die der Berliner Zeitung exklusiv vorliegt.

Gestiegen ist auch die Anzahl der eingeleiteten Ordnungswidrigkeitsverfahren: Von 2646 im Jahr........

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