Die Goldmünze wurde wahrscheinlich bereits zerteilt, eingeschmolzen, und wieder in Umlauf gebracht. Vergessen ist der spektakuläre Raub, bei dem das über 100 Kilogramm schwere Geldstück aus dem Bode-Museum gestohlen wurde, deswegen aber noch lange nicht. Serienschöpfer Marvin Kren dient der Kriminalfall, der 2017 auch über die Grenzen Berlins hinaus für großes Aufsehen sorgte, nun sogar als Inspiration für eine Gangster-Saga.

Anders als in „4 Blocks“, dem wohl populärsten Projekt, an dem der aus Österreich stammende Regisseur und Drehbuchautor bisher beteiligt war, wirkt die neue Serie allerdings weder wie eine Verherrlichung von organisiertem Verbrechen, noch haftet ihr ein zweifelhafter Hauch von „Clan“-Romantik an. Zwar sind die kriminellen Machenschaften einer arabischen Großfamilie durchaus auch in „Crooks“ präsent. Immerhin sind es zwei übereifrige schwere Jungs aus ihren Reihen, die, mit Äxten und ordentlich Chuzpe ausgestattet, in eine Ausstellung stürmen, um das wertvolle Exponat am helllichten Tage zu entwenden.

Doch die Münze weckt über Berlins Grenzen hinaus Begehrlichkeiten – und ruft noch größere Kaliber auf den Plan, die den „Al-Walids“ die Beute bald schon wieder abspenstig machen. Der Großteil der acht „Crooks“-Folgen widmet sich somit anderen Schauplätzen. Unter anderem Wien, wo gerade das „grantelnde“ Oberhaupt eines Rotlicht-Imperiums (Branko Samarovski) im Sterben liegt. Um in dessen Ansehen zu steigen und sich sein Erbe zu sichern, gibt der skrupellose Bruder Karl (Karl Welunschek) den Raub des jüngst ergatterten Raubgutes in Auftrag.

In der Alpenrepublik gibt sich die Unterwelt zwar nicht weniger abgebrüht, und auch das Gesprochene ist nicht minder derb oder obszön. Doch dank des berühmten Wiener Schmähs und einiger bizarr überzeichneter Banditen, erweist sich „Crooks“ als eine wesentlich spaßigere Serie als das in dem gestrengen Gangster-Genre gemeinhin der Fall ist. Dass das Geschehen trotz reichlich Gewalt, Härte und Testosteron sogar einen regelrechten Charme entwickeln kann, liegt wiederum an bestechend originellen Figuren wie Joseph (Christoph Krutzler).

25.03.2024

25.03.2024

gestern

gestern

gestern

Der korpulente Taxifahrer in Hosenträgern und abgewetzter Lederjacke ist für die österreichische Verbrecherdynastie hauptsächlich als Chauffeur tätig, trinkt als trockener Alkoholiker unentwegt selbstgepressten Apfelsaft und weiß sich bei aller Warmherzigkeit doch stets schlagkräftig zu verteidigen. Ausgerechnet er soll die – in der Serie übrigens wesentlich handlichere – Goldmünze nach Wien bringen.

Zur gleichen Zeit wird in Berlin der Ex-Häftling Charly (Frederick Lau) von seiner einstigen Einbrecherbande dazu gezwungen, sie aus einem gutbewachten Tresor der „Clan“-Familie zu stehlen. Um seine Frau Samira (Svenja Jung) und Sohn Jonas (Jonathan Tittel) zu schützen, soll er ein letztes Mal bei einem Einbruch mitmischen. Der Plan geht gehörig schief: Ein Mitglied der „Al-Walids“-Familie kommt dabei ums Leben. Um ihrer Rache zu entgehen, sind Charly und seine Familie zur Flucht gezwungen.

Sex, Sucht, Schuldgefühle: Neue Serie „Die Nacht, als Laurier erwachte“

21.03.2024

„Kafka“ in der ARD: Zum 100. Todestag erstrahlt der Schriftsteller in neuem Licht

16.03.2024

Mit der Münze im Gepäck werden „Ösi“ und „Piefke“ widerwillig zum Duo. Nachdem sich herausgestellt hat, dass Joseph von seinem Kontrahenten Karl vermutlich nur für den riskanten Trip auserwählt wurde, um ihn als niemals anerkannten Sohn des dahinscheidenden Anführers aus dem Weg zu räumen, wendet der sich gegen seine garstige Gaunerverwandtschaft. Charly wiederum will nach Marseille, wo sich seine Familie bei einem alten Knastkumpanen (Kida Ramadan) versteckt.

Bei aller Verschiedenheiten müssen die beiden einsehen: Das alles gelingt nur, wenn sie sich gegenseitig den Rücken freihalten. „Crooks“ wird so zu einem rasanten Roadtrip voller spannender Twists und Underdog-Flair. Durch abwechslungsreiche Sets, eine mitunter bestechend schöne Kameraarbeit und einen launigen Soundtrack ist Marvin Kren erneut eine sehr ästhetische Serie gelungen. Dieses Mal allerdings sogar eine, die dabei das großstädtische Gangstertum, die Gier ebenso wie das Getue um Ehre und Stolz mit ausreichend ironischem Gestus inszeniert, um nicht als Zelebrierung des Ganzen missverstanden zu werden.

Crooks Serie, 8 Episoden, Netflix

QOSHE - Berliner Gangster, Wiener Gauner: Warum die Netflix-Serie „Crooks“ das bessere „4 Blocks“ ist - Arabella Wintermayr
menu_open
Columnists Actual . Favourites . Archive
We use cookies to provide some features and experiences in QOSHE

More information  .  Close
Aa Aa Aa
- A +

Berliner Gangster, Wiener Gauner: Warum die Netflix-Serie „Crooks“ das bessere „4 Blocks“ ist

5 0
27.03.2024

Die Goldmünze wurde wahrscheinlich bereits zerteilt, eingeschmolzen, und wieder in Umlauf gebracht. Vergessen ist der spektakuläre Raub, bei dem das über 100 Kilogramm schwere Geldstück aus dem Bode-Museum gestohlen wurde, deswegen aber noch lange nicht. Serienschöpfer Marvin Kren dient der Kriminalfall, der 2017 auch über die Grenzen Berlins hinaus für großes Aufsehen sorgte, nun sogar als Inspiration für eine Gangster-Saga.

Anders als in „4 Blocks“, dem wohl populärsten Projekt, an dem der aus Österreich stammende Regisseur und Drehbuchautor bisher beteiligt war, wirkt die neue Serie allerdings weder wie eine Verherrlichung von organisiertem Verbrechen, noch haftet ihr ein zweifelhafter Hauch von „Clan“-Romantik an. Zwar sind die kriminellen Machenschaften einer arabischen Großfamilie durchaus auch in „Crooks“ präsent. Immerhin sind es zwei übereifrige schwere Jungs aus ihren Reihen, die, mit Äxten und ordentlich Chuzpe ausgestattet, in eine Ausstellung stürmen, um das wertvolle Exponat am helllichten Tage zu entwenden.

Doch die Münze weckt über Berlins Grenzen hinaus........

© Berliner Zeitung


Get it on Google Play