Eine muslimische Familie aus dem Norden Berlins muss insgesamt 22.600 Euro an das Jobcenter zurückzahlen, weil sie ein Geldgeschenk für eine Reise nach Mekka in Höhe von 65.250 Euro nicht angegeben hatte. Vater, Mutter und Sohn hatten gegen die Forderung des Jobcenters geklagt und nun auch vor dem zweiten Gericht verloren. Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg bestätigte am Mittwoch das Urteil des Sozialgerichts Berlin.

Zur Erklärung: Die Familie bezog nach Angaben des Gerichts vom Jobcenter unter anderem von Juni 2018 bis einschließlich Dezember 2019 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 22.600 Euro. Die Mutter kümmerte sich regelmäßig um die Nachbarin der Familie – die pflegebedürftige, 1926 geborene und inzwischen verstorbene Frau R.; Anfang Mai 2018 überwies Frau R. einen Betrag in Höhe von 65.250 Euro auf das Konto der Mutter.

Wie Frau R. später angab, handelte es sich hierbei um ein Geschenk, das dazu dienen sollte, den Klägern den lang gehegten Wunsch einer Reise nach Mekka zu ermöglichen. Die Familie informierte das Jobcenter nicht über die Geldzuwendung. Stattdessen wurde der Betrag noch im selben Monat vom Konto abgehoben.

Das Jobcenter kam dahinter und forderte die Rückzahlung mit der Begründung, dass die Familie diese Finanzhilfe nicht gebraucht hätte. Vater, Mutter und Sohn klagten gegen die Forderung vor dem Sozialgericht Berlin und blieben ohne Erfolg.

In ihrer Berufung machten sie geltend, dass es sich um eine zweckgebundene Schenkung gehandelt habe, die sie von Frau R. als Dank für die jahrelange liebevolle Pflege erhalten hätten. Als religiöse Familie sei es ihr sehnlichster Wunsch gewesen, einmal nach Mekka zu reisen. Sie hätten nicht gewusst, dass sie das Jobcenter über den Geldeingang hätten informieren müssen.

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Das Geld hätten sie bestimmungsgemäß verwendet: Die Reise nach Mekka, die sie zu fünft (die drei Kläger sowie zwei weitere Personen) angetreten hätten, habe sie insgesamt rund 55.600 Euro gekostet. Darin enthalten gewesen seien neben den Aufwendungen für Flug, Schiff, Übernachtung und Verpflegung auch die Kosten für einen religiösen Guide, der sie begleitet habe. Belege zu ihrer Reise könnten sie allerdings nicht vorlegen. Alles sei, wie es der Üblichkeit entspreche, in bar ohne Quittung bezahlt worden. Außerdem habe sich die Mutter, wie mit Frau R. abgesprochen, für 7000 Euro noch „die Zähne machen lassen“. Mit dem restlichen Geld (3000 Euro) seien – ebenfalls nach Absprache mit Frau R. – Schulden getilgt und ein Betrag gespendet worden.

Das Landessozialgericht glaubte dieser Rechnung der Familie nicht. Die geschenkten 65.250 Euro hätten für die Sicherung des Lebensunterhalts und eine Mekka-Reise gereicht, die vermutlich auch nicht so teuer gewesen sei wie von der Familie angegeben. In der Urteilsbegründung heißt es wörtlich: „Es widerspreche der Lebenserfahrung, eine Flugreise mit Kosten von mehr als 5000 Euro in bar zu bezahlen. Auch fehlten jegliche Angaben zum Zeitpunkt der Reise, die neben Flugtickets und Belegen über Hotelübernachtungen zum Beispiel auch durch Ein- und Ausreisestempel im Reisepass belegbar wären.“ Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

QOSHE - Geld für Mekka-Reise gilt als Einkommen: Berliner Familie muss 22.600 Euro an Jobcenter zahlen - Christian Gehrke
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Geld für Mekka-Reise gilt als Einkommen: Berliner Familie muss 22.600 Euro an Jobcenter zahlen

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25.04.2024

Eine muslimische Familie aus dem Norden Berlins muss insgesamt 22.600 Euro an das Jobcenter zurückzahlen, weil sie ein Geldgeschenk für eine Reise nach Mekka in Höhe von 65.250 Euro nicht angegeben hatte. Vater, Mutter und Sohn hatten gegen die Forderung des Jobcenters geklagt und nun auch vor dem zweiten Gericht verloren. Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg bestätigte am Mittwoch das Urteil des Sozialgerichts Berlin.

Zur Erklärung: Die Familie bezog nach Angaben des Gerichts vom Jobcenter unter anderem von Juni 2018 bis einschließlich Dezember 2019 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 22.600 Euro. Die Mutter kümmerte sich regelmäßig um die Nachbarin der Familie – die pflegebedürftige, 1926 geborene und inzwischen verstorbene Frau R.; Anfang Mai 2018 überwies Frau R. einen Betrag in Höhe von 65.250 Euro........

© Berliner Zeitung


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