Zum Erscheinen ihres neuen Romans „Unter Tieren“ (Weissbooks) wird die aus Südtirol kommende, in Berlin lebende Autorin Maxi Obexer am Mittwoch im Literarischen Colloquium am Wannsee lesen und mit ihrer Kollegin Ulrike Draesner sprechen. Wir fragen vorab: Welche Tiere treffen wir in Ihrem Buch?

Maxi Obexer: Das Erste, was Agnes’ Augen erblickten, waren das Euter einer Kuh und ihre Zitzen, sie waren warm und weich und passten genau in die Hand eines Säuglings. Kühe und Kälber spielen eine Rolle. Antonia, ihre Tante, die mit ihrem kleinen Hof in die Enge getrieben wurde, ließ sie abtransportieren und geriet danach in die Umnachtung. Eine Kuh, die sich in den Wald gerettet hatte, kehrt zum Kalben zurück in den Stall; ihre Wasserblase platzt in dem Moment, da Antonia tot in ihrem Bett aufgefunden wird.

Zusammen mit den Kälbern und ihrer Hündin verbrachte Agnes den ersten Sommer allein auf der Alm. Nach wenigen Tagen des gegenseitigen Erkundens kennen sie sich. Es ist die Spiellaune der Kälber, ihre Neugier. Oder die Sanftmut der Kühe, und immer wieder das Vertrauen, das sie geben, mit ihrem Blick, der uns an eine gemeinsame Verabredung erinnert, als sie sich auf uns einließen. Und sie hören nicht auf zu vertrauen, etwas, das für Menschen schwer vorstellbar ist. Die Frage ist, wann – oder ob wir jemals die Größe besitzen werden, ihrem Blick unbeschwert standzuhalten.

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10.03.2024

Es gibt die Sau, zu der sich alle hinschleichen, um auf bessere Gedanken zu kommen. Die als Ferkel um die Obstbäume rannte, die groß wurde, die gepflegt wurde, deren Haut eingerieben wurde, wenn sie schuppte. Dann die Tötung; plötzlich scheint es diese eine Sau nicht mehr zu geben, das Tier, an dem alle so hingen. Von den vielen eingespielten Abläufen zwischen Menschen und Tieren spricht der Roman, von der Schönheit, mit ihnen am Leben zu sein. Und von der seltsamen Kulturtechnik, in der wir komplexe Beziehungen mit anderen Lebewesen begründen, und im nächsten Moment so tun, als hätte es da nie etwas gegeben. Die Frage „Warum kam zur Hand, die tötet, nicht auch die andere, die tröstet, die Tiere und sich, die Menschen?“ treibt sie um.

Vom Stolz der Hühner berichtet der Roman, von Bienen, die Antonia die letzte Ehre erweisen. Von all den Tieren, die hier noch nicht genannt sind: Sie nehmen uns wahr, alle, auf ihre Weise.

Lesung und Gespräch 27.3., 19.30 Uhr, LCB, Am Sandwerder 5

22.03.2024

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22.03.2024

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Maxi Obexer, verraten Sie uns, von welchen Tieren Ihr Roman erzählt?

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24.03.2024

Zum Erscheinen ihres neuen Romans „Unter Tieren“ (Weissbooks) wird die aus Südtirol kommende, in Berlin lebende Autorin Maxi Obexer am Mittwoch im Literarischen Colloquium am Wannsee lesen und mit ihrer Kollegin Ulrike Draesner sprechen. Wir fragen vorab: Welche Tiere treffen wir in Ihrem Buch?

Maxi Obexer: Das Erste, was Agnes’ Augen erblickten, waren das Euter einer Kuh und ihre Zitzen, sie waren warm und weich und passten genau in die Hand eines Säuglings. Kühe und Kälber spielen eine Rolle. Antonia, ihre Tante, die mit ihrem kleinen Hof in die Enge getrieben wurde, ließ sie abtransportieren und geriet danach in die........

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