Pro-palästinensische Demonstranten ziehen aktuell von Kreuzberg nach Neukölln. Wie unsere Reporterin berichtet, beteiligen sich schätzungsweise etwa 1000 Menschen an dem Protest gegen Israel, darunter viele muslimische Frauen mit Kindern. Der Aufzug startete um 15 Uhr auf dem Oranienplatz und zieht zum Hermannplatz. Viele Passanten und Anwohner schauen vom Straßenrand zu und filmen das Geschehen mit Handys. Die Polizei, die die Demonstration mit einem Großaufgebot begleitet, musste bisher noch nicht einschreiten.

Am Mikrofon nennt ein Redner Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und seine Regierung wegen ihrer anhaltenden Unterstützung Israels und der Offensive gegen die Bevölkerung im Gazastreifen „Mörder“. Der Mann fragt: „Scholz, warum schweigst du, während Israel jeden Tag Hunderte Kinder tötet?“ Und dann sagt er: „Deutschland ist immun gegen jede Lektion der Geschichte – aber ihr habt euch mit der falschen Generation angelegt.“ Es werde immer wieder solche Kundgebungen geben, bis Deutschland erkennt, dass es „auf der falschen Seite der Geschichte steht“, sagt er, während die Demonstranten ihm lautstark zujubeln.

Um kurz nach 16 Uhr teilt die Polizei der Demonstrationsleitung mit, die Teilnehmer dürfen Scholz & Co. nicht mehr „Mörder“ nennen. Es darf auch keine Sprüche geben, die die Angriffe der jemenitischen Huthi-Miliz auf Handelsschiffe am Roten Meer gutheißen. Ein Demoleiter wehrt sich dagegen und zieht einen Vergleich mit dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine. „Wenn eine ukrainische Rakete ein russisches Ziel trifft, dann dürfen wir das feiern, weil dieser Krieg gerecht ist“, sagt er. „Aber wenn es um einen Angriff auf Schiffe geht, die Waffen für den Genozid an unseren Kindern liefern sollten, dann heißt es, das sei Terrorismus.“

Die Huthi-Miliz hat allerdings selbst kommuniziert, durch den Beschuss der Handelsschiffe die Hamas beim Kampf gegen Israel unterstützen zu wollen. Der Demoleiter betont weiter: „Unser Leben sind genauso viel wert wie die der Ukrainer.“

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18.01.2024

•vor 7 Std.

18.01.2024

Während der Demozug durch Kreuzberg zieht, skandieren die Menschen wiederholt „Stoppt den Genozid“ und „Freiheit für Palästina“. Auch ein paar südafrikanische Fahnen sind hier zu sehen – wohl wegen des Verfahrens vor dem Internationalen Gerichtshof. Südafrika wirft Israel Völkermord in Gaza vor und hat Klage in Den Haag erhoben. A, Ende des Demozugs laufen acht Aktivistinnen des Kollektivs „Grieving Doves“. Sie tragen große selbstgebastelte Engelsflügeln, von denen unzählige Streifen aus weißem Stoff hängen. Auf jedem Streifen steht der Name und das Alter einer Person, die im Krieg getötet worden sein soll.

Mit der Aktion wollen die Aktivistinnen einen Raum für Trauer in der Öffentlichkeit schaffen, sagt die Aktivistin Ruta V. „Es macht wirklich was mit einem, diese Namen aufzuschreiben und sich diesen Mensch vorzustellen, dessen Träume und Zukunft nun zerstört worden sind“, sagt die 38-jährige. Viele Menschen in Berlin, vor allem mit muslimischen oder arabischen Hintergrund, fühlen sich durch den deutschen Diskurs um den Nahostkonflikt allein und ausgegrenzt, sagt Ruta – insofern soll die Aktion diesen Menschen auch zeigen, dass sie nicht allein sind. „Uns ist auch wichtig zu betonen, dass wir nicht gegen irgendjemanden oder irgendwas sind – nur dafür, dass endlich etwas gegen die tägliche Tötung von Zivilisten unternommen wird“, sagt sie.

QOSHE - Anti-Israel-Demo in Berlin: Redner bezeichnen Scholz als „Mörder“ – Polizei schreitet ein - Elizabeth Rushton
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Anti-Israel-Demo in Berlin: Redner bezeichnen Scholz als „Mörder“ – Polizei schreitet ein

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20.01.2024

Pro-palästinensische Demonstranten ziehen aktuell von Kreuzberg nach Neukölln. Wie unsere Reporterin berichtet, beteiligen sich schätzungsweise etwa 1000 Menschen an dem Protest gegen Israel, darunter viele muslimische Frauen mit Kindern. Der Aufzug startete um 15 Uhr auf dem Oranienplatz und zieht zum Hermannplatz. Viele Passanten und Anwohner schauen vom Straßenrand zu und filmen das Geschehen mit Handys. Die Polizei, die die Demonstration mit einem Großaufgebot begleitet, musste bisher noch nicht einschreiten.

Am Mikrofon nennt ein Redner Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und seine Regierung wegen ihrer anhaltenden Unterstützung Israels und der Offensive gegen die Bevölkerung im Gazastreifen „Mörder“. Der Mann fragt: „Scholz, warum schweigst du, während Israel jeden Tag Hunderte Kinder tötet?“ Und dann sagt er:........

© Berliner Zeitung


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