Ein Foto des russischen Präsidenten Wladimir Putin mit einem bekannten Graffiti-Künstler aus Neapel sorgt derzeit in Italien für Aufsehen.

Das Bild, das vergangene Woche beim Internationalen Jugendforum im russischen Sotschi aufgenommen wurde, zeigt einen lächelnden Putin neben Ciro Cirullo – einem italienischen Street-Artist, der unter dem Pseudonym Jorit international bekannt ist.

Der Italiener, der beim Festival eines seiner Werke einweihen sollte, bat den Kremlchef nach einer Frage-und-Antwort-Runde um ein gemeinsames Foto auf der Bühne und erklärte dazu: „Präsident Putin, ich bitte Sie, gemeinsam ein Foto zu machen, um Italien zu zeigen, dass Sie ein Mensch sind wie alle anderen und die Propaganda über Sie nicht wahr ist.“ Daraufhin antwortete Putin, sichtlich amüsiert: „Natürlich, solange Sie mich nicht kneifen, um sicherzustellen, dass ich eine echte Person bin.“ Putin nutzte dabei die Gelegenheit, die Nähe zwischen Russland und Italien zu betonen: Wir haben die italienische Kunst schon immer bewundert (...) und sie hat uns immer zusammen gehalten. Die italienische Kunst ist eine große Kunst eines großen Volkes.“

Italian street artist, Jorit, defended himself on social media after he posed for a photo with Vladimir Putin at the World Youth Festival in Sochi.https://t.co/NhVptlX1nE pic.twitter.com/TBhlFpbBXm

Der Auftritt sorgte für heftige Reaktionen in Italien. Der italienische Außenminister Antonio Tajani sprach von „Propaganda“ im KGB-Stil, Abgeordnete verschiedener Parteien nannten Jorit und seine Verteidiger „nützliche Idioten“ des Kreml, die Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments, die Italienerin Pina Picierno (Demokratischen Partei) forderte sogar Sanktionen gegen den Künstler.

Dabei fällt der 33-Jährige nicht zum ersten aufgrund seiner ideologischen Nähe zu Russland auf. Bereits letztes Jahr war er wegen eines riesigen Wandbilds in der von der russischen Armee besetzten ukrainischen Stadt Mariupol heftig kritisiert worden.

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06.03.2024

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07.03.2024

Daniel Heinz nach viralem Video: „Es gibt dieses Vorurteil, dass Russlanddeutsche AfD wählen“

vor 7 Std.

Das Werk zeigt ein kleines Mädchen aus der Separatistenrepublik Donezk in der Ostukraine. Im Hintergrund fallen Raketen mit der Aufschrift „Nato“ herunter – eine klare Botschaft, und eine Positionierung gegen den Westen im Ukraine-Krieg.

Recherchen italienischer Medien haben nun enthüllt, dass die Russland-Zuneigung des Künstlers nicht ganz selbstlos gewesen sein soll – auch das Gemälde in Mariupol soll im Rahmen eines größeren Projekts finanziert worden sein.

Laut Linkiesta soll Jorit im vergangenen Jahr über ein vom russischen Bauministerium kontrolliertes Unternehmen eine Finanzierung in Höhe von 90.000 Euro, um zehn Wandbilder auf russischem Territorium und in den besetzten Gebiete der Ukraine anzufertigen. Das Treffen mit Putin in Sotschi sei außerdem nicht so improvisiert gewesen sein, wie das Video suggeriert, sondern sei von der russischen Botschaft in Italien vorbereitet worden.

Die Botschaft in Rom war bereits kurz nach Beginn der Ukraine-Invasion auf Jorit aufmerksam geworden. Damals anfertigte der Künstler in Neapel ein riesiges Gemälde des russischen Schriftstellers Fjodor Dostojewski, als Reaktion auf vermeintliche „russlandfeindliche“ Äußerungen italienischen Intellektuellen. Da gab es bereits Lob vom Kremlchef persönlich, und die Verbindungen zu russischen Institutionen wurden enger.

Nach monatelangem Schriftverkehr seien Jorit und sein sechsköpfiges Team im Sommer 2023 als Teil eines Projekts zum Wiederaufbau der Stadt Mariupol angeheuert worden. Den Medien vorliegenden Unterlagen zufolge sei das Künstler-Team vom Kreml über ein Konsortium von Unternehmen aus der Oblast Leningrad und der Region St. Petersburg finanziert worden.

Neben den Materialien für die Realisierung des Wandgemäldes (Farbdosen, Gerüste und Ausrüstungen), sollen die Unternehmen für ihre Reise, Unterkunft und Verpflegung sowie für ein Honorar in Höhe von rund neunzigtausend Euro bezahlt haben. Das Wandbild in Mariupol soll demnach das erste von zehn Werken sein, die der Kreml beim italienischen Künstler in Auftrag gegeben hat.

Nach der heftigen Kritik der vergangenen Tage meldete sich der Künstler zu Wort. In einem langen Post auf Instagram verteidigte Jorit seinen Russland-Besuch und schrieb, dieser stehe „im Einklang mit dem Weg der künstlerischen Militanz, den ich seit Jahren begehe und zielt, wie auch die vorherigen Besuche darauf ab, eine Botschaft des Friedens zu verbreiten.“ Es liege ihm fern, Putin zu loben, behauptet er, dennoch stellt er eine Forderung an die europäischen Politiker: Diese müssen „unverzüglich die diplomatischen Kontakte wieder aufnehmen und einen Dialog mit Russland eröffnen“.

Ein Beitrag geteilt von Jorit (@jorit)

Das Gemälde, das vergangene Woche in Sotschi eingeweiht wurde, zeigt die italienische Schauspielerin Ornella Muti, die auch schon lange enge Kontakte mit Russland pflegt. Auch sie geriet deshalb in den vergangenen Tage ins Kreuzfeuer der Kritik.

QOSHE - Graffiti-Künstler aus Neapel trifft Putin: „Will zeigen, dass Sie ein Mensch sind“ - Federica Matteoni
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Graffiti-Künstler aus Neapel trifft Putin: „Will zeigen, dass Sie ein Mensch sind“

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09.03.2024

Ein Foto des russischen Präsidenten Wladimir Putin mit einem bekannten Graffiti-Künstler aus Neapel sorgt derzeit in Italien für Aufsehen.

Das Bild, das vergangene Woche beim Internationalen Jugendforum im russischen Sotschi aufgenommen wurde, zeigt einen lächelnden Putin neben Ciro Cirullo – einem italienischen Street-Artist, der unter dem Pseudonym Jorit international bekannt ist.

Der Italiener, der beim Festival eines seiner Werke einweihen sollte, bat den Kremlchef nach einer Frage-und-Antwort-Runde um ein gemeinsames Foto auf der Bühne und erklärte dazu: „Präsident Putin, ich bitte Sie, gemeinsam ein Foto zu machen, um Italien zu zeigen, dass Sie ein Mensch sind wie alle anderen und die Propaganda über Sie nicht wahr ist.“ Daraufhin antwortete Putin, sichtlich amüsiert: „Natürlich, solange Sie mich nicht kneifen, um sicherzustellen, dass ich eine echte Person bin.“ Putin nutzte dabei die Gelegenheit, die Nähe zwischen Russland und Italien zu betonen: Wir haben die italienische Kunst schon immer bewundert (...) und sie hat uns immer zusammen gehalten. Die italienische Kunst ist eine große Kunst eines großen Volkes.“

Italian street artist, Jorit, defended himself on social media after he posed for a photo with Vladimir Putin at the World Youth Festival in........

© Berliner Zeitung


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