In einer Bar, nicht weit vom Ostkreuz entfernt, rollt ein junger Mann sein Hash ins Paper. Er baut sich einen Joint. Das macht er auch ganz offen und nicht mehr heimlich, denn Cannabis ist nicht mehr so illegal wie noch vor einem Monat. Trotzdem ist da die Macht der Gewohnheit: Er steht auf und will die Bar kurz verlassen, um seinem Rausch draußen vor der Tür nachzugehen.

Die Wirtin denkt, dass nun gleich ein Tisch frei wird, doch der junge Mann sagt: „Nein, ich will nur kurz raus, um zu kiffen.“ Die Wirtin schaut ihn verdutzt an und erlaubt ihm, seine Tüte drinnen zu rauchen – ist ja eine Raucherbar. Sie und die anderen Gäste scheint der Geruch des Joints nicht weiter zu stören. Niemand von den Gästen meckert, es hat sich bereits eine Gewohnheit eingestellt.

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Am 1. April ist das bundesweite Cannabisgesetz in Kraft getreten, dieses erlaubt den Besitz und Konsum von bestimmten Mengen Marihuana. Aber nur für all jene, die älter als 18 Jahre sind. Um Kinder- und Jugendliche vor dem Konsum zu schützen, sind in dem Gesetz einige Regeln verankert. Verboten ist zum Beispiel der Konsum in Sichtweite von Schulen und öffentlichen Sportstätten. Auch in Fußgängerzonen darf zwischen 7 und 20 Uhr kein Cannabis konsumiert werden. Für die Gastronomie-Branche gibt es allerdings keine klaren Regelungen. Offiziell darf in Raucherbars und den Außenbereichen von Restaurants, Cafés und Co. gekifft werden.

Trotz Legalisierung aber bleibt der Konsum an sehr vielen Orten verboten, etwa in den meisten Parks oder Grünflächen, weil es dort meist auch Spielplätze gibt. Die Möglichkeiten, die bleiben, sind Spätis, Bars und Gaststätten. Konsumenten erzählen: Auch Spätis haben oft ein Problem mit dem Geruch. Wenn dort gekifft wird, bekommen sie wohl Ärger mit manchen Nachbarn – und Ärger wollen sie trotz Legalisierung vermeiden.

Doch wie werden die Gastronomen damit verfahren? Gerrit Buchhorn ist stellvertretender Hauptgeschäftsführer der Dehoga (Deutscher Hotel- und Gaststättenverband). Er geht davon aus, dass die meisten Wirte tendenziell eher negativ reagieren werden. „Wir haben von einigen gehört, dass sie ihr Hausrecht einsetzen werden, um das Kiffen bei ihnen zu verbieten. Aber es gibt keine Übersicht darüber, wer es verbieten wird und wer nicht.“

•vor 1 Std.

•gestern

•vor 6 Std.

Für die Restaurants bestehe die Gefahr, dass sie Kundschaft verlieren, wenn sie das Kiffen im Außenbereich erlauben würden. Denn dort halten sich auch viele Familien auf. Buchhorn sagt: „Im Außenbereich der Restaurants geht es auch immer noch darum, wie weit man Kinder und Jugendliche schützen kann. Wenn der Konsum erlaubt wird, ist es für den Betrieb schwierig.“

Cannabis-Konsumenten erzählen, dass sie früher eher im Verborgenen ihr Gras geraucht haben, auf Spielplätzen zum Beispiel oder überall dort, wo Parkbänke stehen. Denn Feuer und eine Sitzmöglichkeit reicht den meisten Kiffern aus. Im Winter war es dann etwas schwieriger, ein junger Mann erzählt, dass bei Minusgraden auch mal Haustüren geknackt wurden, um in der Wärme des Hausflurs zu rauchen – ungestört von Polizei und anderen. „Bis die Leute in dem Haus den Geruch bemerkt hatten, war der Joint längst niedergebrannt“, sagt er.

Der Prater Biergarten in Berlin-Prenzlauer Berg sieht für den Konsum keinen Regelungsbedarf, der über die gesetzlichen Bestimmungen hinausgeht. „Die Konsumverbote von Cannabis sind eindeutig im Gesetz geregelt. Wir setzen darauf, dass sie eingehalten werden und natürlich auf gegenseitige Rücksichtnahme“, sagt Dagmar Hallig vom Pratergarten.

Die Z-Bar in Mitte ist eine Raucherbar, und dort wäre der Konsum grundsätzlich erlaubt. Um andere Gäste nicht zu stören, werden Kiffer dort allerdings freundlich vor die Tür gebeten. Die Begründung: Der Geruch von Cannabis werde von jenen Gästen, die nicht kiffen, meist eher unangenehm wahrgenommen. „Deshalb ist und bleibt der Konsum in der Z-Bar untersagt“, teilen die Betreiber mit. Sie sagen auch, dass sich das Konsumverhalten der Gäste seit der Legalisierung nicht wahrnehmbar geändert habe.

Anders ist es im Privatclub in Berlin-Kreuzberg. Der Veranstaltungsort für Konzerte und Partys hat für seine Gäste einen Raucherraum. Vor der Legalisierung war es verboten, dort Cannabis zu konsumieren. Mit der Legalisierung hat sich der Eigentümer dazu entschlossen, es zu tolerieren. Wenn der Konsum allerdings überhandnimmt und sich Gäste gestört fühlen, soll die Entscheidung noch einmal überdacht werden.

QOSHE - Cannabiskonsum ist legal, aber wie gehen Kneipen und Gaststätten damit um? - Ferdinand Hübner
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Cannabiskonsum ist legal, aber wie gehen Kneipen und Gaststätten damit um?

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26.04.2024

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© Berliner Zeitung


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