In der neuen Ausgabe des „ZDF Magazin Royale“ hat Moderator Jan Böhmermann die Ereignisse um den rechtsextremistischen Terroranschlag in Hanau vom 19. Februar 2020, bei dem neun Menschen mit Migrationshintergrund ermordet wurden, untersucht und dabei vermeintliche Versäumnisse seitens der Polizei, des Staatsschutzes und des Innenministeriums aufgedeckt.

Der Täter des Anschlags, Tobias R., soll bereits vor seinem Angriff der Polizei bekannt und dennoch legal im Besitz einer Waffe gewesen sein. Böhmermann und sein Team schildern, dass der Täter einen Sicherheitsmann der Universität Bayreuth angegriffen habe und von den Beamten als psychisch instabil eingestuft worden sei. Darüber hinaus soll Tobias R. auf seiner eigenen Website rassistische Manifeste verbreitet haben, in denen er sich für die Vernichtung bestimmter Völker aussprach.

Die Webadresse soll außerdem seinen Namen getragen und der Verdächtige diese Adresse vor seinem Angriff an mehrere Wände in Hanau gesprüht haben. Es wird behauptet, dass selbst der Generalbundesanwalt auf eine E-Mail mit rassistischen Ideen von Tobias R. reagiert, jedoch keine Maßnahmen gegen den späteren Täter ergriffen habe. „Die Anschläge von Hanau hätten verhindert werden können“, so Böhmermanns Fazit.

Im Rahmen der Sendung wurden mutmaßliche Versäumnisse der Hanauer Polizei in der Nacht des Anschlags enthüllt. Es wird behauptet, dass ein späteres Opfer, das dem Täter zwischen seinen Gewalttaten gefolgt war, mehrmals versucht habe, über den Notruf die Polizei zu kontaktieren. Laut den Recherchen des „ZDF Magazin Royale“ habe jedoch niemand die Anrufe in der Polizeiwache entgegengenommen.

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Berichten zufolge soll in Hanau in manchen Nächten nur eine Person für den Notrufdienst zuständig gewesen sein, da sich der damalige Polizeipräsident im Jahr 2013 als einziger hessischer Bezirk gegen eine Zentralisierung der Notrufzentralen gewehrt habe. Trotz der schwerwiegenden Konsequenzen dieser Entscheidung soll der Beamte nach dem Anschlag in Hanau zum Landespolizeipräsidenten befördert worden sein. Weiterhin hätten in der Tatnacht Beamte des LKA die Polizeiwache kontaktiert, um Daten aus dem Polizeisystem abzufragen. Die Beamten hätten dadurch den von nur einer Person besetzten Notruf in Hanau blockiert.

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Seerpil Temiz Unvar, Mutter eines der Opfer des Terroranschlags und Gründerin der gleichnamigen Bildungsinitiative Ferhat Unvar, äußerte sich über Instagram bestürzt über die neuesten Enthüllungen durch Böhmermann und seine Redaktion. Die Versäumnisse der Polizei kritisiert sie dabei scharf. „Muss es erst zu einem Verlust von Menschenleben kommen, bevor Maßnahmen ergriffen werden?“ Das Versagen und die Versäumnisse der einzelnen Institutionen in der Tatnacht dürften nicht zur Normalität werden, damit sich Hanau nicht wiederhole, so die Mutter von Unvar.

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Große Folgen habe das Versagen bei der Polizei laut ZDF Magazin Royale intern nicht nach sich gezogen. Lediglich zwei Polizisten, die den Einsatz aus dem Hubschrauber begleiteten, mussten Konsequenzen tragen. Der laut Böhmermann genannte Grund der Polizei dafür wirkt allerdings geradezu grotesk. In der Sendung wurden Tonaufnahmen der Polizei eingespielt, die zeigen, dass sich die beiden Polizisten im Hubschrauber über ihre fehlende Involvierung in den Einsatz und die chaotischen Zustände am Boden geärgert haben sollen. Wegen der Beschwerden soll gegen sie ein Disziplinarverfahren eingeleitet worden sein. Andere Konsequenzen habe es für die hessische Polizei nicht gegeben, was Böhmermann sich mit einem Schreiben der Polizeipressestelle bestätigen ließ.

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Böhmermann verurteilt Polizei: „Anschläge von Hanau hätten verhindert werden können“

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28.04.2024

In der neuen Ausgabe des „ZDF Magazin Royale“ hat Moderator Jan Böhmermann die Ereignisse um den rechtsextremistischen Terroranschlag in Hanau vom 19. Februar 2020, bei dem neun Menschen mit Migrationshintergrund ermordet wurden, untersucht und dabei vermeintliche Versäumnisse seitens der Polizei, des Staatsschutzes und des Innenministeriums aufgedeckt.

Der Täter des Anschlags, Tobias R., soll bereits vor seinem Angriff der Polizei bekannt und dennoch legal im Besitz einer Waffe gewesen sein. Böhmermann und sein Team schildern, dass der Täter einen Sicherheitsmann der Universität Bayreuth angegriffen habe und von den Beamten als psychisch instabil eingestuft worden sei. Darüber hinaus soll Tobias R. auf seiner eigenen Website rassistische Manifeste verbreitet haben, in denen er sich für die Vernichtung bestimmter Völker aussprach.

Die Webadresse soll außerdem seinen Namen getragen und der Verdächtige diese Adresse vor seinem Angriff an mehrere Wände in Hanau gesprüht........

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