Im September 2023 klingelte bei Melanie von Orlow das Telefon. Ein Anruf aus Schöneberg sorgte für große Aufregung beim Berliner Hymenopterendienst. Melanie von Orlow leitet diesen Dienst, der sich um den Schutz von Bienen, Wespen und Hornissen kümmert. Er ist Teil der Projektfamilie der „Berliner Strategie zur Förderung von Bienen und anderen Bestäubern“. Ihr geht es um Beratung und Aufklärung der Berliner Bevölkerung und den Artenschutz. Und zu den besonders streng geschützten Tieren gehören nahezu alle Bienen- und Hornissenarten.

Im September 2023 also hatte eine Kellnerin aus einem Schöneberger Restaurant eine ihr fremde Hornisse gesehen und geistesgegenwärtig eingefangen. Über den Imkerverein Tempelhof kam der Kontakt zum Nabu zustande, dem Naturschutzbund Deutschland, wo der Hymenopterendienst angesiedelt ist. Nachdem sich der Verdacht bestätigt hatte, dass es sich um eine Asiatische Hornisse handelt, rückten Melanie von Orlow und drei Kollegen gemeinsam mit der Feuerwehr aus, um das Nest samt Hornissen zu beseitigen.

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15.11.2023

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Die Asiatische Hornisse kann Bienen gefährlich werden, da sie die Bienenstände anfliegen und angreifen. Ausgerechnet im Spätsommer, einer für die Bienen schwierigen Phase im Jahr, wo bereits viele Tiere geschwächt sind, bedeuten diese neuen Prädatoren eine Belastung. Orlow bezeichnet die Asiatischen Hornissen als „große bunte Allesfresser“, die auf die Bienenpopulation Druck ausüben. Während die heimische Hornisse in einem großen räumlichen Abstand ihre Nester baut, hat die Asiatische Hornisse „kein Problem mit der Nachbarschaft“. Ihre Nester liegen eng beisammen, weshalb die Hornissendichte hoch ist und damit für den einzelnen Bienenstock gefährlicher wird.

Ihre Vorliebe gilt der heimischen Honigbiene. Sie dient als Nahrung für die Larven der Asiatischen Hornisse. Es steht außerdem zu befürchten, dass sie auch einheimische Insekten dezimieren wird. Orlow mahnt zu Wachsamkeit, man müssen „den Bestand der Asiatischen Hornisse im Auge behalten“. Vor allem ist die europäische Imkerei bedroht.

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Lars-Christian Huhmann vom Berliner Imkerverband macht sich um die heimischen Bienen Sorgen. Er hofft, dass das Schöneberger Hornissennest im vergangenen September vor dem Ausflug der Jungköniginnen beseitigt werden konnte. Er erzählt, dass die Asiatische Hornisse hierzulande keine Feinde hat, da die Beutegreifer – damit sind Vögel und Eidechsen gemeint – sie gar nicht als Beute erkennen. Die Asiatische Hornisse ist dunkler und hat rote Beine. Außerdem leben in einem Nest der Asiatischen Hornisse bis zu 1500 Tiere, bei den heimischen Hornissen sind es nur rund 350, darunter 20 bis 50 Königinnen, die sich fortpflanzen können. Bei den Asiatischen Hornissen können sich pro Volk mehrere Hundert Königinnen fortpflanzen. Hornissen brauchen tierisches Eiweiß für die Aufzucht der Larven. Das kriegen sie durch das Fressen der Bienen.

Die Entfernung des Hornissennests in Schöneberg war gefährlich. Über einen Drehwagen der Berliner Feuerwehr wurden Orlow und Kollegen zum Nest in die Höhe gebracht. Sie mussten sich durch Kleidung schützen, da die Hornissen sehr verärgert auf die Annäherung an ihr Nest reagiert haben. 1000 Hornissen haben sie beseitigt. Ein Mitarbeiter wurde durch einen Schutzanzug gestochen. Die Stiche sind aber nicht gefährlicher als die der einheimischen Hornisse. Melanie von Orlow macht sich keine Illusion, dass es nicht längst weitere Hornissennester gibt. In anderen Gegenden, in Frankreich und am Rhein, sind die Asiatischen Hornissen schon sehr verbreitet. Noch aber liegen in Berlin keine Hinweise auf ein weiteres Vorkommen von Asiatischen Hornissen vor.

Dennoch und gerade deshalb ruft der Nabu die Bevölkerung auf, die Ausbreitung dieser Art zu verfolgen und zu melden. Dafür gibt es sogar eine eigene App. Wichtig ist, so Melanie von Orlow, möglichst gleich ein Foto, besser sogar ein Video mit dem Handy zu machen. Sie und ihr Team könnten so schnell verifizieren, ob es sich wirklich um eine Asiatische Hornisse handelt.

Am 4. Mai veranstaltet der Nabu Berlin und das Team um Melanie von Orlow eine Informationsveranstaltung zur Asiatischen Hornisse. Imker und alle Naturinteressierten Berlins sind eingeladen, sich über die Ausbreitung der Asiatischen Hornisse zu informieren. Für Melanie von Orlow sind die Berliner Imker wichtige Partner, die am besten wissen, wie es um ihre Bienen steht. Und sie schlagen schnell Alarm, wenn eine Asiatische Hornisse in der Nähe ist.

Entwarnung gibt Melanie von Orlow aber auch: „Bei der hier beschriebenen, nach Europa eingeschleppten Hornisse Vespa velutina handelt es sich nicht um die Riesenhornisse, die Vespa mandarinia, die seit 2020 in den USA als ‚Honigbienenkillerin‘ und gelegentlich bei allergischen Reaktionen auch für den Menschen gefährliche Art Schlagzeilen macht. Die Riesenhornisse Vespa mandarinia kommt in Deutschland nicht vor!“

Die Asiatische Hornisse (Vespa velutina), eine ursprünglich aus Südostasien stammende kleinere Verwandte der Europäischen Hornisse (Vespa crabro) wurde erst 2004 vom Menschen nach Europa eingeschleppt, breitet sich seitdem jedoch zügig hier aus.

QOSHE - Nach Sichtungen in Deutschland: Wer sollte sich vor der asiatischen Hornisse fürchten? - Ida Luise Krenzlin
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Nach Sichtungen in Deutschland: Wer sollte sich vor der asiatischen Hornisse fürchten?

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24.04.2024

Im September 2023 klingelte bei Melanie von Orlow das Telefon. Ein Anruf aus Schöneberg sorgte für große Aufregung beim Berliner Hymenopterendienst. Melanie von Orlow leitet diesen Dienst, der sich um den Schutz von Bienen, Wespen und Hornissen kümmert. Er ist Teil der Projektfamilie der „Berliner Strategie zur Förderung von Bienen und anderen Bestäubern“. Ihr geht es um Beratung und Aufklärung der Berliner Bevölkerung und den Artenschutz. Und zu den besonders streng geschützten Tieren gehören nahezu alle Bienen- und Hornissenarten.

Im September 2023 also hatte eine Kellnerin aus einem Schöneberger Restaurant eine ihr fremde Hornisse gesehen und geistesgegenwärtig eingefangen. Über den Imkerverein Tempelhof kam der Kontakt zum Nabu zustande, dem Naturschutzbund Deutschland, wo der Hymenopterendienst angesiedelt ist. Nachdem sich der Verdacht bestätigt hatte, dass es sich um eine Asiatische Hornisse handelt, rückten Melanie von Orlow und drei Kollegen gemeinsam mit der Feuerwehr aus, um das Nest samt Hornissen zu beseitigen.

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15.11.2023

Der lange Kälteeinbruch sorgt für ernsthafte Probleme bei Berliner Bienen und Obstbäumen

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Die Asiatische Hornisse kann Bienen gefährlich werden, da sie die Bienenstände........

© Berliner Zeitung


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