Die Welt der Kunst ist eine friedliche, gerichtet auf das Schöne und Gute, auf Völkerverständigung, Interesse, Neugier, Zusammenarbeit. Und auf Toleranz und Respekt des künstlerischen Wettstreits, so wie im Sport. Dass Diktatoren wie Hitler, Mussolini, Franco, Salazar oder wie sie alle hießen, einst den Boden ihrer Länderpavillons betraten, um sich mit nationaler Kunst zu schmücken, gehört zu den Flecken der Geschichte dieser 1895 erstmals ausgerichteten Biennale di Venezia. In Kürze, am 20. April öffnen sich Venedigs Pavillons und internationale Ausstellungen zum 60. Mal.

Und wohl niemand unter den Eingeladenen wird Tränen vergießen, dass der Aggressor Russland dem Festival der Kunst der Welt fernbleibt. Seit dem Angriffskrieg auf die Ukraine 2022 schon zum zweiten Mal. Für russische Künstler und Kuratoren dürfte es schmerzlich sein. Vielleicht auch peinlich. Dabei hat die zentrale italienische Biennale-Leitung Russland überhaupt nicht ausgeschlossen, bis dato nicht. Doch Putins Kultur-Natschalniks passt die westliche Abneigung gegen den Aggressor gut in die Propaganda: Russland gegen den Rest der Welt.

Der russische Pavillon war nach dem Ende des Kalten Krieges immer ein spannendes Podium der jungen, sich von der ideologischen Sowjetlast befreiten Kunst insbesondere aus Moskau und St. Petersburg. Noch 2021 wurde der Bau modernisiert und sogar erweitert; die Fassaden tragen seither vornehmes Schilfgrün. Gerade wurde bekannt, dass Russland Haus und Garten in den Giardini an Bolivien – wie betont wird kostenlos – überlässt. Das südamerikanische Land war noch nie Teilnehmer der ältesten Kunstbiennale der Welt am Canale Grande und das Kuratoren-Amt übernimmt auch gleich Boliviens Ministerin für Kulturen, Dekolonisierung und Depatriarchalisierung, Esperanza Guevera, höchstselbst.

Hinter der großmütigen Geste von Putins Handlanger Lawrow gegenüber dem ärmlichen Newcomer im globalen Kunstzirkus vermuten Beobachter des überraschenden Geschehens ein ausgeklügeltes geopolitisches Kalkül. Das kriegsführende Russland ist scharf auf Boliviens große Lithium-Vorkommen. Und brüstet sich nebenbei auch noch als Wohltäter des benachteiligten Globalen Südens.

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Venedig-Biennale: Warum Russland Bolivien seinen Pavillon überlässt

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27.03.2024

Die Welt der Kunst ist eine friedliche, gerichtet auf das Schöne und Gute, auf Völkerverständigung, Interesse, Neugier, Zusammenarbeit. Und auf Toleranz und Respekt des künstlerischen Wettstreits, so wie im Sport. Dass Diktatoren wie Hitler, Mussolini, Franco, Salazar oder wie sie alle hießen, einst den Boden ihrer Länderpavillons betraten, um sich mit nationaler Kunst zu schmücken, gehört zu den Flecken der Geschichte dieser 1895 erstmals ausgerichteten Biennale di Venezia. In Kürze, am 20. April öffnen sich Venedigs Pavillons und internationale Ausstellungen zum 60. Mal.

Und wohl........

© Berliner Zeitung


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