Die Linke und die FDP bekamen bei der bislang letzten Europawahl 2019 genau 5,5 und 5,4 Prozent der Stimmen. Die Partei namens Die Partei bekam in Deutschland damals immerhin 2,4 Prozent und zog mit zwei Abgeordneten, den beiden Satirikern und Kabarettisten Martin Sonneborn und Nico Semsrott, ins Europaparlament ein. Sie benötigten 0,7 Prozent der Stimmen.

In vielen aktuellen Umfragen vor der Europawahl im Juni werden die Werte für Die Partei nicht genannt, sondern unter Sonstige zusammengefasst, wohl aber die von FDP und Linke, obwohl die auch nicht höher als drei Prozent liegen. Bei der Europawahl gibt es keine Fünf-Prozent-Hürde wie etwa bei der Bundestagswahl, und so können auch Vertreter von Kleinstparteien einziehen. Im Jahr 2019 waren das neun Abgeordnete in Deutschland, etwa Patrick Breyer von den Piraten, Martin Buschmann von der Tierschutzpartei, Helmut Geuking von der Familienpartei, Damian Boeselager von Volt und Klaus Buchner von der ÖDP.

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Einige Kleinstparteien fühlen sich in der öffentlichen Wahrnehmung diskriminiert und haben nun einen Offenen Brief an die Meinungsforschungsinstitute geschrieben. Unter der Überschrift „Die Gruppe der ‚Sonstigen‘ steht auf“, fordern sie, dass nicht nur die größeren Parteien in Umfragen einzeln aufgelistet werden. In dem Brief heißt es: „Am 9. Juni reichen etwa 0,7 Prozent der Wahl-Stimmen für einen Sitz im Europaparlament. Dennoch schlüsseln Umfrageinstitute derzeit die Parteien erst ab drei Prozent einzeln auf. Das widerspricht der Chancengleichheit der Parteien, denn es fasst die Meinungen von Millionen Wählern unter einem grauen ‚Sonstigen‘-Balken zusammen.“

Der Brief kommt von der Piratenpartei, der Tierschutzpartei, der Ökologisch-Demokratischen Partei (ÖDP), von Volt und der Partei der Humanisten (PdH). Sie fordern, dass die Umfrageinstitute die Meinungsvielfalt künftig besser abbilden sollen.

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31.03.2024

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Derzeit sieht es in den Umfrageergebnissen meist so aus: Bei Forsa haben die „Sonstigen“ neun Prozent und damit mehr als das Bündnis Sahra Wagenknecht, die Freien Wähler, die Linke und die FDP. Das Besondere daran: Zwar wird meist erst ab drei Prozent ausdifferenziert, das gilt aber nicht bei Parteien, die sonst größer sind: Die Linke steht nur bei zwei Prozent – und wird trotzdem einzeln gelistet.

Vielfältiger sieht es tatsächlich beim Umfrageinstitut Insa aus, dort ist auch die Tierschutzpartei mit zwei Prozent aufgeführt – das wären fast drei Sitze. Bei einem Prozent steht Die Partei, Volt bei 0,5 Prozent, genau wie die Familienpartei und die Piraten.

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Die Institute verteidigen, dass sie meist erst ab drei Prozent ausdifferenzieren. „Wir fragen die Leute, was sie wählen würden und geben dabei keine Antworten vor“, sagte ein Forsa-Sprecher der Berliner Zeitung. „Es werden also auch die Werte für die kleineren Parteien erfasst. Aber die werden nicht angegeben, weil die statistische Fehlertoleranz bei plus minus drei Prozentpunkten liegen kann.“ Bei den Wahlen der vergangenen Jahre lag die mittlere Abweichung von Forsa bei 1,78 Prozentpunkten. Dabei war die höchste Abweichung bei einer Partei 9,2 und die kleinste 0,2 Prozentpunkte.

Die Kleinstparteien weisen in ihrem Offenen Brief darauf hin, dass 500 Millionen Europäer zur Wahl aufgerufen sind und dass derzeit mehr als 200 Parteien im Europäischen Parlament vertreten seien, darunter 13 Parteien aus Deutschland. Die 0,7 Prozent sind so etwas wie die „faktische Sperrklausel“. In dem Brief heißt es weiter, dass 2019 die neun Abgeordneten kleiner Parteien aus Deutschland mit mehr als drei Millionen Wählerstimmen gewählt wurden.

„Unsere Demokratie wird immer vielfältiger – dies müssen wir aber auch zeigen, um sie zu schützen. Wir Demokraten wollen dann aber auch sichtbarer sein, daher brauchen wir einen transparenten Umgang auch bei den Wahlprognosen“, sagte Manuela Ripa von der ÖDP, die für Klaus Buchner im Europaparlament nachrückte. Die bessere Darstellung der Kleinparteien – „abseits des politischen Mainstreams“ – würde die Wettbewerbsgleichheit erhöhen und vielleicht auch die Wahlbeteiligung.

QOSHE - „Abseits des politischen Mainstreams“: Kleinstparteien fühlen sich diskriminiert - Jens Blankennagel
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„Abseits des politischen Mainstreams“: Kleinstparteien fühlen sich diskriminiert

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03.04.2024

Die Linke und die FDP bekamen bei der bislang letzten Europawahl 2019 genau 5,5 und 5,4 Prozent der Stimmen. Die Partei namens Die Partei bekam in Deutschland damals immerhin 2,4 Prozent und zog mit zwei Abgeordneten, den beiden Satirikern und Kabarettisten Martin Sonneborn und Nico Semsrott, ins Europaparlament ein. Sie benötigten 0,7 Prozent der Stimmen.

In vielen aktuellen Umfragen vor der Europawahl im Juni werden die Werte für Die Partei nicht genannt, sondern unter Sonstige zusammengefasst, wohl aber die von FDP und Linke, obwohl die auch nicht höher als drei Prozent liegen. Bei der Europawahl gibt es keine Fünf-Prozent-Hürde wie etwa bei der Bundestagswahl, und so können auch Vertreter von Kleinstparteien einziehen. Im Jahr 2019 waren das neun Abgeordnete in Deutschland, etwa Patrick Breyer von den Piraten, Martin Buschmann von der Tierschutzpartei, Helmut Geuking von der Familienpartei, Damian Boeselager von Volt und Klaus Buchner von der ÖDP.

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