Elon Musk mag keine Gewerkschaften, deshalb hat die Betriebsratswahl in der Tesla-Gigafactory Grünheide eine besondere Bedeutung. Die Wahl in der Fabrik in Ostbrandenburg hat am Montagmorgen begonnen und läuft bis Mittwoch. Betriebsräte müssen grundsätzlich nichts mit Gewerkschaften zu tun haben, können aber. Insgesamt treten bei Tesla in Grünheide neun Listen gegeneinander an: Insgesamt sind es 234 Kandidatinnen und Kandidaten, davon 106 von der Gewerkschaft.

Ganz offensichtlich ist die Nachfrage groß, es wird sogar von Schlangen vor den Wahllokalen berichtet. Die Werksleitung soll jedenfalls die 30-minütige Pause auf 90 Minuten verlängert haben, damit die Mitarbeiter wählen gehen können. „Das ist nach den zahlreichen Störmanövern ein gutes Signal – mehr davon“, sagte IG-Metall-Bezirksleiter Dirk Schulze.

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Bei Tesla kann es durchaus Auswirkungen haben, wenn der Chef etwas nicht mag, das zeigt ein Beispiel aus den USA: Obwohl Elon Musk Gewerkschaften klar ablehnt, haben dort im Vorjahr einige Mitarbeiter in einer Fabrik eine eigene Gewerkschaft gegründet, kurz danach hatten sie ihre Kündigung im Briefkasten.

Auch im viel gewerkschaftsfreundlicheren Deutschland haben es die Mitglieder nicht immer leicht bei Tesla. „Lange Zeit war es für viele von ihnen schwierig, sich öffentlich zur IG Metall zu bekennen“, sagte Markus Sievers von der Gewerkschaft. Es gab klare Nachteile, aber Details nennt er nicht. Wer sich aber im Umfeld der Fabrik umhört, erfährt, dass Mitarbeitern gesagt wurde, dass sie als Gewerkschaftler keine Karriere machen können bei Tesla. Anderen soll auch gekündigt worden sein – allerdings mit einer anderen Begründung.

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Die meisten verschwiegen deshalb ihre Mitgliedschaft, doch im vergangenen Herbst gab es dann eine gemeinsame Aktion, bei der sich mehr als 1000 der inzwischen 12.500 Mitarbeiter mit Aufklebern auf ihrer Arbeitskleidung zu ihrem Engagement bekannt haben. Auf dem Aufkleber stand: „Gemeinsam für sichere und gerechte Arbeit bei Tesla.“ Markus Sievers sagt: „Damit haben wir erfolgreich das Klima der Angst durchbrochen.“

Wie stark die Gewerkschaft im neuen Betriebsrat wird, ist völlig unklar: Einerseits ist die Gewerkschaft sehr präsent, etwa am Bahnhof Fangschleuse, auf dem viele Mitarbeiter mit dem Zug ankommen, hat die Gewerkschaft ein kleines Bahngebäude gemietet und überall Werbung aufgehängt, und sie tritt mit der längsten Liste an. Aber es gibt auch kräftigen Gegenwind: An den Arbeitsjacken vieler Mitarbeiter ist auch der Anstecker zu sehen: „Giga Ja, Gewerkschaft Nein.“

Die Betriebsratswahl ist hart umkämpft, es gab sogar eine gerichtliche Auseinandersetzung wegen des Termins, in einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts heißt es: „In der Tesla-Gigafactory in Grünheide wurde am 28. Februar 2022 erstmalig ein Betriebsrat gewählt, der bei damals rund 2300 Beschäftigten aus 19 Betriebsratsmitgliedern bestand.“

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Der aktuelle Betriebsrat wird als Management-nah eingestuft. Er wurde zu einem Zeitpunkt gewählt, als die übergroße Mehrheit der Mitarbeiter an den Produktionsbändern noch gar nicht an Bord war. Auch die Betriebsratschefin Michaela Schmitz arbeitet in der Verwaltung. Anfang Januar 2024 war die Zahl der Beschäftigten auf etwa 12.500 angestiegen. Wenn aber die Zahl um die Hälfte steigt oder mindestens um 50 Leute, muss neu gewählt werden. So sieht es das Gesetz vor.

Das ist nun der Fall. Der neue Betriebsrat soll dann 39 Sitze haben, das heißt: Wenn eine Liste 20 Sitze bekäme, könnte sie den Betriebsratschef stellen.

Die Gewerkschaft fordert von Tesla vor allem nicht mehr ganz so schnelle Taktzeiten an den Bändern, dadurch auch mehr Unfallschutz, aber auch planbare, sichere Urlaubszeiten. Sie fordert auch etwas, das viele Politiker von Tesla fordern: Tariflohn. Dagegen sträubt sich Tesla bislang. Das wurde auch klar, als Elon Musk vergangene Woche nach dem Brandanschlag auf die Stromversorgung der Tesla-Fabrik nach Grünheide gekommen war. Dort sprach er zu den Mitarbeitern, danach redete Werksleiter André Thierig und kündigte statt des Tariflohns jährliche Lohnanpassungen und Bonuszahlungen an, und der Betriebsrat verwies darauf, dass es auch ohne Tarifvertrag Gehaltserhöhungen von bis zu 18 Prozent gegeben habe.

Nach Angaben der Gewerkschaft liegen die Löhne bei Tesla allerdings etwa ein Fünftel unter dem Tarif der Branche, so gewähre der VW-Haustarifvertrag den Arbeitern bei diesem Autokonzern 22 Prozent mehr Gehalt.

Die Gewerkschaft befürwortet übrigens die Erweiterung des Werkes; zwei Drittel der Teilnehmer einer Bürgerbefragung in Grünheide lehnten sie ab. Dagegen sind auch die etwa fast 100 Teilnehmer, die jenen Wald besetzen, der für Erweiterung des Tesla-Werks gefällt werden soll. Die Erlaubnis für die Besetzung endete am Freitag; die Polizei verfügte, dass die Besetzer bis zum Donnerstag dieser Woche geduldet werden. Es gibt dafür allerdings elf Auflagen, die wichtigste: Die Besetzer sollen ihre Baumhäuser abbauen, sonst können sie geräumt werden. Ein Anwalt hat gegen die Auflagen Widerspruch eingelegt. Die Baumhäuser im Camp wurden nicht abgebaut, sondern noch neue gebaut.

QOSHE - Bei Tesla in Grünheide darf länger gewählt werden - Jens Blankennagel
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Bei Tesla in Grünheide darf länger gewählt werden

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18.03.2024

Elon Musk mag keine Gewerkschaften, deshalb hat die Betriebsratswahl in der Tesla-Gigafactory Grünheide eine besondere Bedeutung. Die Wahl in der Fabrik in Ostbrandenburg hat am Montagmorgen begonnen und läuft bis Mittwoch. Betriebsräte müssen grundsätzlich nichts mit Gewerkschaften zu tun haben, können aber. Insgesamt treten bei Tesla in Grünheide neun Listen gegeneinander an: Insgesamt sind es 234 Kandidatinnen und Kandidaten, davon 106 von der Gewerkschaft.

Ganz offensichtlich ist die Nachfrage groß, es wird sogar von Schlangen vor den Wahllokalen berichtet. Die Werksleitung soll jedenfalls die 30-minütige Pause auf 90 Minuten verlängert haben, damit die Mitarbeiter wählen gehen können. „Das ist nach den zahlreichen Störmanövern ein gutes Signal – mehr davon“, sagte IG-Metall-Bezirksleiter Dirk Schulze.

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Auch im viel gewerkschaftsfreundlicheren........

© Berliner Zeitung


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